Unpaarzeher

Unpaarzeher - Allgemeines

Grévyzebra-Hengst (Equus grevyi) im Edinburgh Zoo Grévyzebra-Hengst (Equus grevyi) im Edinburgh Zoo
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Klasse: Säugetiere (MAMMALIA)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (EUTHERIA)
Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung:

Unpaarzeher

Perissodactyla • The Odd-toed Ungulates • Les périssodactyles

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„Geripp des Tapir“ aus BREHMs Thierleben (1882-1887) (= Tapirus sp.)

 

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Halbwüchsiger Flachlandtapir (Tapirus terrestris) im Zoo Las Leyendas, Lima. Das gestreifte Jugendkleid ist noch ansatzweise zu erkennen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weiblicher Flachlandtapir (Tapirus terrestris) beim Baden im Zoo Magdeburg © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Südlicher Breitmaulnashorn-Bulle (Ceratotherium simum simum) im Safari de Peaugres, Frankreich © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Panzernashorn (Rhinoceros unicornis) badend im Guwahati Zoo © Jürg Völlm, Basel

 

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Panzernashorn (Rhinoceros unicornis) aus dem Thierbuch von Conrad GESNER (1583), nach Albrecht DÜRERs Holzschnitt aus dem Jahr 1515. Man beachte das „Dürer-Hörnlein“ auf der Schulter

 

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Vorderfuß eines wildlebenden Panzernashorns (Rhinoceros unicornis) in Assam © Zoo Basel

 

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Przewalski- oder Urwildpferd-Hengst (Equus ferus przewalskii) im Highland Wildlife Park, Kingussie, Schottland © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weidende Kulane (Equus hemionus kulane) im Tiergehege Mundenhof, Freiburg i. Br. © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Somali-Wildeselgruppe (Equus africanus somalicus) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Chapman-Steppenzebras (Equus quagga chapmani) im Zoo von Brünn © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Atypisch gefärbtes Chapman-Steppenzebra (Equus quagga chapmani) im Zoo von Liberec © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Kap-Bergzebra (Equus zebra zebra) im Bergzebra-Nationalpark bei Cradock, Ostkap, Südafrika © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Hartmann-Bergzebra (Equus zebra hartmannae) ruhend in der Tierwelt Herberstein. Gut zu sehen die für Bergzebras typische Wamme © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Die Unpaarzeher sind eine heute ziemlich artenarme Gruppe mittelgroßer bis sehr großer Huftiere mit der Gemeinsamkeit, dass ihre dritte Zehe am stärksten entwickelt ist. Die meisten Arten sind gefährdet und die Zoos haben für sie Erhaltungszuchtprogramme eingerichtet. Aus diese Grund, und weil Pferde, Tapire und Nashörner beim Publikum sehr populär sind, werden sie sehr oft in Zoos gehalten.

Artenspektrum und innere Systematik

Die Unpaarzeher oder  Unpaarhufer werden in drei Familien unterteilt: Bei der einzigen Gattung der  Pferdeartigen (Equidae) unterscheiden WILSON & REEDER [11] 8 Arten, weil sie Quagga und Steppenzebra als getrennte Arten ansehen. Die Rote Liste der IUCN und WILSON & MITTERMEIER [10] betrachten dagegen das Quagga als Unterart des Steppenzebras und kommen somit auf nur 7 Arten, eine Auffassung, der wir hier folgen. Ferner gibt es  2 Haustierformen. Die Nashörner (Rhinocerotidae) haben 4 Gattungen mit 5 Arten, und die Tapire eine Gattung mit 4 Arten. Von den insgesamt 16 Arten gelten 3 als potenziell gefährdet, 3 als gefährdet, 5 als stark gefährdet und 4 als vom Aussterben bedroht [4; 11].

Körperbau und Körperfunktionen

Die Unpaarzeher sind mittelgroße bis sehr große Huftiere. Sie haben einen großen Kopf mit langem Gesichtsteil, einen massiven Rumpf, mittellange bis lange Beine und einen kurzen bis eher langen Schwanz. Es sind Zehenspitzengänger mit ausgeprägter Hufbildung, bei denen der mittlere Strahl am stärksten entwickelt ist und die übrigen mehr oder weniger stark reduziert sind. Das Großhirn ist mittelgroß und reich differenziert, das Riechhirn ist groß. Die Ohrmuscheln sind mittelgroß bis groß, die  Lippen muskulös und beweglich, die Oberlippen bei manchen Arten fingerartig oder rüsselförmig vergrößert. Die Schneidezähne sind meißel- oder kegelförmig, der Eckzahn ist nicht oder wenig größer als die Schneidezähne, zwischen ihm und den Vorbackenzähnen klafft ein großes Diastema. Der Magen ist einhöhlig, der Darm lang mit voluminösem Blinddarm, eine Gallenblase fehlt. Die Hengste oder Bullen haben einen langen, rückziehbaren Penis ohne Knochen, ihre Hoden sind leistenständig oder liegen in einem Scrotum. Die Gebärmutter der Stuten oder Kühe ist zweihörnig (Uterus bicornis), es ist ein Euter mit zwei Zitzen vorhanden. Nach langer Trächtigkeit wird in aller Regel ein einziges Jungtier vom Nestflüchtertyp geboren [12].

Die Tapire erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 180-250 cm, eine Schwanzlänge von 5-10 cm und ein Gewicht von 225 bis über 300 kg. Es sind stämmige Tiere mit einem seitlich zusammengepressten Schädel, relativ kurzen, säulenförmigen Extremitäten, die vorne 4 und hinten 3 Zehen sowie Sohlenpolster haben. Die Rückenlinie ist gewölbt, am Kreuz höher als an der Schulter. Sie haben einen beweglichen, die Unterlippe überragenden Rüssel, der nicht nur als Riech-, sondern auch als Tastorgan dient, kleine Augen und mittelgroße Ohren. Das Gebiss umfasst 42-44 Zähne. Die Haut ist dick und das Fell ist kurz. Südamerikanische Arten haben einen Nackenkamm und eine kurze Bürstenmähne. Tapire sind eher solitäre Wald-, Feuchtsavannen- und Dickichtbewohner, die zumeist stark ans Wassre gebunden sind.  Sie sind hauptsächlich dämmerungsaktiv und ernähren sich von Blättern, Schoßen, Wasserpflanzen und Früchten. Nach einer Tragzeit von rund 390-420 Tagen wird ein Jungtier mit einem mittleren Geburtsgewicht von 5-10 kg geboren. Jungtiere tragen ein längsgestreiftes Jugendkleid. Die Streifen beginnen mit etwa 3 Monaten zu verblassen und sind mit 6 Monaten praktisch ganz verschwunden [1; 5; 10; 12].

Die Nashörner sind große, massige Tiere mit einer Kopf-Rumpflänge von 200-400 cm, einer Schulterhöhe von 100-200 cm, einer Schwanzlänge von 60-76 cm und einem Gewicht von 1000 bis über 3600 kg. Der Kopf ist groß, auf dem Nasenbein befinden sich 1-2 Hörner, die ganz aus Keratin bestehen und Grund für die starke Gefährdung der Nashörner sind, weil sie in manchen Kulturen zwecks Verarbeitung zu Schwertgriffen, Trinkbechern  oder für die traditionelle Medizin sehr gesucht sind.  Die Augen sind klein, die Ohren beweglich und relativ groß. Außer bei einer Art ist die Oberlippe spitz zulaufend. Die säulenförmigen Beine haben vorne und hinten drei Zehen sowie  Sohlenpolster. Die dicke Haut ist, besonders deutlich bei den asiatischen Arten,  durch Falten unterteilt und ist bei vier der fünf Arten praktisch unbehaart. Der Schwanz trägt eine Endquaste. Nashörner sind Gras- oder Laubäser, die je nach Art offene Landschaften, Bambus- und Elefantengrasdschungel oder Wälder bewohnen. Sie sind zumeist tag- oder dämmerungsaktiv, können aber auch nachts unterwegs sein und leben je nach Art solitär, paarweise, in Mutterfamilien oder in kleinen Gruppen. Nach einer Tragzeit von 14-18 Monaten wird ein lauftüchtiges, hornloses Kalb geboren [3; 5; 12].

Die Pferdeartigen sind mittelgroße bis recht große Tiere, die im Falle der Wildformen eine Kopf-Rumpflänge von 195-275 cm, eine Schulterhöhe von 115-160 cm, eine Schwanzlänge von 32-75 cm und ein Gewicht von 175 bis über 4500 kg aufweisen. Die Gesichtspartie ist sehr lang, die Oberlippe weich und beweglich, Nüstern, Augen und Ohren sind relativ groß, die Ohren sehr beweglich. Das Gebiss umfasst 40-42 Zähne. Die Extremitäten sind lang, nur die mittlere Zehe ist funktionstüchtig und mit einem kompakten Rundhuf versehen. Das Fell ist eher kurz, es kann ein längeres Winterfell gebildet werden. Auf dem Hals befindet sich eine Stehmähne. Der Schwanz trägt eine Endquaste oder einen Schweif. Bei Haustierformen ist die Bandbreite der Körpermaße erheblich größer (vom Falabella-Pony bis zum Shire Horse reicht das Stockmaß von 80-180 cm) und bei Hauspferden (nicht aber bei Eseln) ist meist eine Kippmähne vorhanden. Die Pferdeartigen  sind überwiegend tagaktive Grasfresser, die Wüsten, Halbwüsten, Grasländer und Savannen bewohnen. Sie leben in Rudeln oder Herden, wobei die Sozialstruktur je nach Art unterschiedlich ist. Nach einer Tragzeit von 11-14 Monaten wird ein lauftüchtiges Fohlen geboren  [8; 10; 12].

Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet der Pferdeartigen schließt Afrika und Eurasien, marginal auch die Orientalische Faunenregion ein. Nashörner kommen in Afrika und Süd-/Südostasien vor, und Tapire in Südamerika und Südostasien.

Haltung im Zoo

Mit Ausnahme des Java- und Sumatranashorns sowie des Bergtapirs werden alle Unpaarzeher-Arten in europäischen Zoos gezeigt. Das letzte Javanashorn (Rhinoceros sondaicus) in Europa starb 1885 im Londoner Zoo, das letzte Sumatranashorn (Dicerorhinus sumatrensis) 1996 im Zoo von Port Lympne, der letzte Bergtapir (Tapirus pinchaque) 1997 in der Wilhelma Stuttgart [13].

Es gibt kaum einen Streichelzoo oder Kinderbauernhof, der ohne Hausesel und Hauspferde bzw. Ponies auskommt. Von den wilden Formen wird das Steppenzebra mit gegen 300 Haltungen am häufigsten gezeigt und dies in mehreren Unterarten. Gegen 150 Haltungen gibt es vom Flachlandtapir und über 100 vom Urwildpferd, welches zudem in Semi-Reservaten erhalten und zur Landschaftspflege eingesetzt wird. Bei den Nashörnern ist das Breitmaulnashorn mit rund 90 Haltungen am beliebtesten. Am seltensten ist der Mittelamerikanische Tapir, der nur in drei deutschen Zoos gehalten wird. Bei allen anderen Arten liegt die Zahl der Haltungen  zwischen 15 und 60 [13].

Taxonomie und Nomenklatur

Carl von LINNÉ und andere Autoren des 18. Jahrhunderts sahen keine Verwandtschaft zwischen den Pferdeartigen einerseits und den Nashörner und Tapiren andererseits. Es ist das Verdienst des französischen Zoologen Henri Marie Ducrotay de BLAINVILLE, dass er die Zusammenhönge erkannte und die drei Tiergruppen (sowie die Schliefer) als "onguligrades à doigts impairs", also als Unpaarzeher, vereinigte. In seinem grundlegenden Werk über die Taxonomie der Säugetiere verstand der amerikanische Palaeontologe und Zoologe George Gaylord SIMPSON die Unpaarzeher als Überordnung Mesaxonia innerhalb der Kohorte Ferungulata. Die anderen Überordnungen bildeten die Raubtiere, die Vorhuftiere mit dem Erdferkel, die Fast-Huftiere, d.h. Elefanten, Schliefer und Seekühe, und die Paarzeher. Innerhalb der Mesaxonia anerkannte SIMPSON nur eine Ordnung, die Perissodactyla [6]. Molekulargenetische Untersuchungen führten um die Jahrtausendwende zur Trennung der auf dem Südkontinent Gondwana und dem Nordkontinent Laurasia entstandenen Tiere [7].  Die Unpaarzeher wurden den Laurasiatheria zugerechnet und in diesem Rahmen als Schwestertaxon der die Wale und Paarzeher umfassenden Cetartiodactyla verstanden [2].

Literatur und Internetquellen

  1. FRÄDRICH, H. & THENIUS, E. (1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN.
  2. GRAUR, D., GOUY, M. & DURET, L. (1997)
  3. GRZIMEK, B., KLÖS, H.-G., LAMG, E. M.  & THENIUS, E. (1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN.
  4. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2016-3. Downloaded on 18 January 2023.
  5. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  6. SIMPSON, G. G. (1945)
  7. SPRINGER, M. S., CLEVEN, G. C. et al. (1997)
  8. VOLF, J. (1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN.
  9. WENDT, H. & THENIUS, E. (1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN.
  10. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  11. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  12. ZISWILER, V. (1976)
  13. Zootierliste

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Gelesen 12991 mal Letzte Änderung am Freitag, 20 Januar 2023 15:01
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