Afrotheria

Schliefer - Allgemeines

Kap-Klippschliefer (Procavia c. capensis) im Marakele-Nationalpark, Südafrika Kap-Klippschliefer (Procavia c. capensis) im Marakele-Nationalpark, Südafrika
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Klasse: Säugetiere (MAMMALIA)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (EUTHERIA)
Überordnung: AFROTHERIA
Taxon ohne Rang: PAENUNGULATA
Ordnung:

Schliefer

Hyracoidea • The Hyraxes or Dassies • Les hyracoïdes ou damans

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"Gerippe des Klippschliefers“ aus Brehms Thierleben (1882-1887) (= Procavia capensis)

 

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Kap-Klippschliefer (Procavia capensis) im Zoopark Erfurt © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Buschschliefer (Heterohyrax brucei) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Wildlebender Buschschliefer (Heterohyrax brucei) bei Seronera, Serengeti-Nationalpark © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Baumschliefer (Dendrohrax arboreus) im Zoo Pilsen © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Kap-Klippschliefer (Procavia c. capensis) im natürlichen Lebensraum im Marakele-Nationalpark, Südafrika © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Wildlebende Klippschliefer gewöhnen sich an den Menschen und werden leicht zahm. Hier Kap-Klippschliefer (Procavia c. capensis) auf dem Tafelberg bei Kapstadt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Kap-Klippschliefer (Procavia c. capensis) in der Natur nachempfundenem Lebensraum im Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Schliefer sind sozial lebende, überwiegend Pflanzen fressende, kleine, etwas plumpe Säugetiere, die eher an ein Murmeltier oder ein kurzohriges Kaninchen erinnern als an ein Mitglied der Huftierverwandtschaft.

Artenspektrum und innere Systematik

Nach heutigem Kenntnisstand umfasste die Ordnung der Schliefer vor 45-25 Millionen Jahren 21 Gattungen, die mehreren Familien oder Unterfamilien zugeordnet werden. Die Arten wiesen erhebliche morphologische Unterschiede auf. Megalohyrax z.B. glich in Größe und Gestalt eher einem Tapir als einem heutigen Schliefer. Überlebt hat von dieser Formenfülle eine einzige Familie (Procaviidae) mit drei Gattungen und fünf Arten [7]. Von diesen gilt eine als potenziell gefährdet [2]. Manche Autoren sind allerdings der Ansicht, dass es sich beim Klippschliefer nicht um eine einzige Art handelt, sondern um einen aus mehreren Arten bestehenden Komplex. Insgesamt werden die fünf Schlieferarten gegenwärtig in 57 Unterarten unterteilt. Es sind jedoch genetische, morphologische, ethologische und bioakustische Forschungsarbeiten nötig, um deren Status zu verifizieren [1; 4; 7; 10].

Körperbau und Körperfunktionen

Schliefer sind etwa so groß wie mittlere Hauskaninchen. Sie erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 40-50 cm und ein Gewicht von 2.5 bis 3.5 kg. Sie haben eine kurze Schnauze, eine gespaltene Oberlippe, mittelgroße Augen und kurze, abgerundete Ohren. Die beiden oberen Schneidezähne sind lang, dreikantig und leicht gebogen, die unteren viel kleiner und etwas nach vorne gerichtet. Wie die Stoßzähne der Elefanten sind sie wurzellos und ständig nachwachsend. Die Füße haben nackte, gut haftende Sohlen, die Vorderfüße vier Zehen, bei einer Gattung zusätzlich eine fünfte, verkümmerte. Die Hinterfüße weisen drei Zehen auf, deren innere mit einer gespaltenen Putzkralle versehen ist. Alle übrigen Zehen haben hufartige Nägel. Auf dem Rücken befindet sich eine kahle Drüsenstelle, die meist von längeren und anders als das übrige Fell gefärbten Haaren überdeckt wird. Der Schwanz ist rudimentär und äußerlich nicht sichtbar. Der Magen ist zweikammerig, der Darm lang mit einem Blinddarm, der das doppelte Fassungsvermögen des Magens hat, und zwei zusätzlichen 7-12 cm langen Blindfortsätzen im Dickdarm. Die Weibchen weisen 1-3 Paar Zitzen auf, ihre Gebärmutter ist zweihörnig (Uterus bicornis). Die Hoden liegen im Körperinneren [1; 4; 8].

Schliefer sind tagaktive, in Gruppen lebende Felsenkletter, bei denen sich die adulten Männchen territorial verhalten, oder überwiegend nachtaktive, paarweise lebende Baumbewohner. Sie ernähren sich hauptsächlich von Pflanzenmaterial wie Blättern, Knospen Blüten, Zweigen, Früchten und Rinde sowie, im Falle der Klippschliefer, Gräsern, nehmen aber auch Insekten und sonstiges Kleingetier. Je nach Art besteht ein Wurf aus 1-3 Jungtieren. Diese sind Nestflüchter [1; 3; 4; 10].

Verbreitung

Afrika, Arabische Halbinsel und Teile des Nahen Ostens.

Haltung im Zoo

Schliefer lassen sich mit zahlreichen anderen Tierarten vergesellschaften, so mit Meerkatzen, Dscheladas, verschiedenen Mangusten, Borstenhörnchen, Stachelschweinen, Klippspringern, Steinböcken, diversen Vögeln wie Siedelweber, Tocks, Enten, ferner Leopard- oder Spornschildkröten [11]. Die Tiere haben ein extrem gutes Kletter- und Sprungvermögen, was bei oben offenen Anlagen unbedingt zu berücksichtigen ist [3].

Schliefer sind in Europa nicht allzu häufig, aber das Interesse an ihrer Haltung hat in den letzten Jahren zugenommen. Insgesamt gibt es gegenwärtig (2022) rund 70 Haltungen. Dazu kommen Haltungen in Israel und in der EAZA angeschlossenen Institutionen im arabischen Raum sowie Singapur [9].

Taxonomie und Nomenklatur

1945 fasste der amerikanische Zoologe und Palaeontologe G.G. SIMPSON auf der Grundlage morphologischer Merkmale die Schliefer mit den Seekühen und Rüsseltieren zur Überordnung Paenungulata („Fast-Huftiere“) zusammen [5]. 1997 wurde aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen die neue, morphologisch sehr heterogene Überordnung Afrotheria geschaffen, die neben den Paenungulaten auch die Röhrenzähner (Tubulidentata), die Tenrekartigen (Afrosoricida) und die Rüsselspringer (Macroscelidea) umfasst. Da die enge phylogenetische Verwandtschaft der Elefanten, Seekühe und Schliefer durch genetische Untersuchungen weitgehend bestätigt worden ist, wird "Paenungulata" heute als "Taxon ohne Rang" innerhalb der Afrotheria angesehen [6; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. HAHN, H. (1959)
  2. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2016-2. Downloaded on 17 January 2017.
  3. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  4. RAHM, U. & THENIUS, E. (1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN.$
  5. SIMPSON, G. G. (1945)
  6. SPRINGER, M. S., CLEVEN, G. C. et al. (1997)
  7. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  8. ZISWILER, V. (1976)
  9. ZOOTIERLISTE
  10. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  11. SVÁBIK, K. (rev. 2020)

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