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Spitzhörnchen, Halbaffen und Affen

Affen und Halbaffen - Allgemeines

Schimpanse (Pan troglodytes) im Arche Noah Zoo Grömitz Schimpanse (Pan troglodytes) im Arche Noah Zoo Grömitz
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Klasse: Säugetiere (MAMMALIA)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (EUTHERIA)
Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Klade: Euarchontes
Ordnung:

Affen und Halbaffen

Primates • The Primates • Les primates

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„Geripp des Todtenköpfchen (1) zur Vergleichung mit den Gerippen des Mongoz und des Schlanklori“ aus BREHMs Thierleben (1882-1887) (= Saimiri sp., Eulemur mongoz, Loris tardigradus)

 

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„Geripp des Bärenpavians“ aus BREHMs Thierleben (1882-1887) (= Papio ursinus)

 

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„Geripp des Gorilla; a. männlicher und b. weiblicher Schädel“ aus BREHMs Thierleben (1882-1887) (= Gorilla g. gorilla)

 

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Rotschultertamarin im Zoologisch-Botanischen Garten Pilsen © Wolfgang Dreier, Berlin. Früher eine Unterart des Braunrückentamarins (Saguinus fuscicollis lagonotus), heute als Leontocebus lagonotus eine eigene Art. 1972 unterschieden NAPIER & NAPIER 29 Tamarin-Formen, in 11 verschiedenen Arten in einer Gattung. 2013 waren es immer noch 29 Formen, aber diese wurden auf 21 Arten in 2 Gattungen verteilt. 2015 erhielt eine weitere Unterart Artstatus.

 

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Goodman-Mausmaki (Microcebus lehilahytsara) im Zoo Zürich © Zoo Zürich

 

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Katta (Lemur catta) im Safari de Peaugres © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

106 002 003 001 propithecus diadema andasibe rZingg
Diadem-Sifaka (Propithecus diadem) im Andasibe-Mantadia-Nationalpark, Madagaskar © Robert Zingg, Zürich

 

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Aye-Aye (Daubentonia madagascariensis) ) im Zoo Frankfurt © Klaus Rudloff, Berlin

 

106 004 002 001 loris tardigradus nordicus FRA KR1
Nördlicher Schlanklori (Loris tardigradus nordicus) im Zoo Frankfurt © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Hände verschiedener Halbaffen der Familie Lorisidae Quelle: http://www.loris-conservation.org

 

106 005 006 004 galago senegalensis moskau KR1
Senegal-Galago (Galago senegalensis) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

106 005 001 003 tarsius syrichta FRA KR1
Mindanao-Koboldmaki (Tarsius syrichta) im Zoo Frankfurt © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Lisztäffchen (Saguinus oedipus) im im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gehaubter Kapuziner (Cebus apella) im Parc zoologique de Lisieux © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südliche Grünmeerkatze. Früher Cercopithecus aethiops pygerythrus. Heute, nachdem sowohl Gattung wie auch Art aufgesplittet wurden, Chlorocebus pygerythrus pygerythrus. Lake-Chivero-Naturschutzgebiet, Simbabwe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weibliche Gabun-Vollbartmeerkatze (Cercopithecus solatus) in der Außenstation der Universität Rennes. Diese gefährdete Art wurde erst 1988 beschrieben © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Berberaffe (Macaca sylvanus) im Vogelpark Steinen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißscheitelmangabe (Cercocebus atys lunulatus) im Zoo Barcelona © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Mantelpavian-Mann (Papio hamadryas) im Safaripark Beekse Bergen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Viele asiatische Languren wurden in Europa noch nie gehalten, so z. B. die eigenartige Schwarze Stumpfnase (Rhinopithecus bieti), die nur eine kleine Verbreitung in China hat und stark gefährdet ist. Aufnahme aus dem Zoo Peking © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Auch der Cat Ba-Langur (Trachypithecus poliocephalus) wurde in Europa noch nie gezeigt, aber mehrere Zoos engagieren sich für seinen Schutz in seiner Heimat Vietnam © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Weißhandgibbon (Hylobates lar) auf Klettergerüst im Zoo de Lille © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Halbwüchsiger Borneo-Orang (Pongo p. pygmaeus) im Zoo Taipei © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Westlicher Flachlandgorilla-Mann in naturalistisch gestaltetem, allerdings auch mit Elektrodrähten durchsetztem Gehege im Zoo Melbourne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gut gestaltetes und bepflanztes Schimpansengehege im Zoo von Dallas © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Schimpanse (Pan troglodytes) und Mensch (Homo sapiens) im Zoo von Dallas. Wer vor und wer hinter der Glasscheibe ist, ist eine Frage des Standpunkts © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Schimpansen-Junge "Cesarino" auf dem Arm der Pflegerin im Parco Natura Viva, Bussolengo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Homo neanderthalensis im Neanderthal-Museum, Mettmann © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Die Primaten sind unsere nächsten Verwandten im Tierreich und werden auf Deutsch deshalb oft „Herrentiere“ genannt, womit der Herrschaftsanspruch des Menschen und damit seiner Verwandtschaft über das übrige Tierreich unterstrichen werden soll. Wir ziehen es vor, von „Affen und Halbaffen“ zu reden. Die Primaten gehören zu den beliebtesten Zootieren, stehen aber auch im Fokus von Tierrechtlern und extremen Tierschützern, die z.B. „Menschenrechte für Menschenaffen“ oder Haltungsverbote fordern.

Artenspektrum und innere Systematik

Nach der klassischen Taxonomie der Säugetiere des amerikanischen Palaeontologen und Zoologen George Gaylord SIMPSON wurden die Primaten in Halbaffen (Prosimiae) und Eigentliche Affen (Simiae) unterteilt [9], was in Standardwerken der 1960er- bis 80er-Jahre [1; 2; 3; 6; 8] übernommen wurde und aus tiergärtnerischer Sicht nach wie vor Sinn macht. Damals wurden die Spitzhörnchen als Überfamilie (Tupaioidea) zu den Halbaffen gezählt. Später wurden sie ausgegliedert, die in der Ordnung PRIMATES verbleibenden Arten in die beiden Unterordnungen Feuchtnasen- (Strepsirrhini = Prosimiae ohne Koboldmakis) und Trockennasenprimaten (Haplorhini = Simiae plus Koboldmakis) gegliedert [11; 12] und diese weiter in 5 Infraordnungen mit mittlerweile 15 Familien und 69 Gattungen unterteilt.

Traditionell wurden mit Ausnahme der Krallenäffchen alle Primaten Süd- und Mittelamerikas in einer Familie, den „Kapuzinerartigen Neuweltaffen“ oder „Greifschwanzaffen“ (Cebidae) vereinigt [3; 9; 12]. Nach neuerer Systematik werden die früheren Unterfamilien zu Familien (Pitheciidae, Atelidae, Aotidae, Cebidae) aufgewertet. Dagegen wurden früher Mensch und Menschenaffen als zwei Schwesterfamilien betrachtet, heute werden sie zumeist in eine Familie gestellt [10; 11].

Die innere Systematik der Primaten befindet sich aber in ständiger Revision und das Artenspektrum nimmt, hauptsächlich durch das Aufspalten bekannter Arten als Folge molekulargenetischer Untersuchungen, laufend zu. NAPIER & NAPIER [14] anerkannten 1972 (ohne Spitzhörnchen) 168 Arten, die sie auf 57 Gattungen verteilten. Im Jahr 2005 wurden 367 noch lebende Arten anerkannt [11], in der Roten Liste der IUCN von 2017 waren es bereits 435 und 2022 gar 520, von denen 43 als potenziell gefährdet, 115 als gefährdet, 145 als stark gefährdet und 88 als vom Aussterben bedroht eingestuft wurden. Bei 155 Arten handelte es sich um Halbaffen im klassischen Sinn, 178 Arten waren Neuweltaffen, 160 Arten gehörten zur Meerkatzen-Verwandtschaft und 27 Arten (ohne Homo sapiens) zu den Gibbons und Menschenaffen [4]. Mit Biologie hat diese Aufspalterei wenig zu tun. Bei dem Differenzierungsgrad, den die molekulargenetisch tätigen Primatologen anwenden, müsste es wohl auch mehrere Menschenarten geben, aber daran wagt sich im Zeitalter der Inklusion keiner ...

Körperbau und Körperfunktionen

Die Affen und Halbaffen vereinigen Arten von Maus- bis deutlich über Menschengröße mit Körpergewichten von 30 g bis über 300 kg. Ihre großen Augen sind nach vorne gerichtet und liegen in von einem geschlossenen Knochenring umgebenen Augenhöhlen. Bei allen Arten sind gut entwickelte Schlüsselbeine vorhanden. Es sind Sohlengänger mit fünfstrahligen Extremitäten. Bei mindestens einem Extremitätenpaar ist der erste Strahl opponierbar, Hand und / oder Fuß sind somit greiffähig.  Hand- und Fußflächen sind in der Regel unbehaart. Finger und Zehen sind bei der Mehrzahl der Arten mit Nägeln versehen, bei den übrigen mit Krallen. Die Zahl der Zähne variiert von 18-38. Es ist ein Blinddarm vorhanden. Gebärmutter und Zitzenzahl der Weibchen sind uneinheitlich. Die Männchen verfügen über einen Penis pendulus und ihre Hoden liegen außerhalb der Bauchhöhle in einem Scrotum oder in Cremastersäcken [3; 12].

Bei den Halbaffen ist die Schnauze lang und spitz, die Nasenlöcher befinden sich bei den meisten  Arten in einem nackten, feuchten Rhinarium. Das Großhirn ist, abgesehen vom Hinterhauptlappen, dem Sitz des Sehzentrums, gering entwickelt. Es gibt tag- und nachtaktive Arten [3; 12].

Die Katzenmakis (Cheirogaleidae) und Wieselmakis (Lepilemuridae) sind kleine Lemuren mit einer Kopf-Rumpflänge von 8-30 cm, einer Schwanzlänge von 13-37 cm und einem Körpergewicht von 20-1200 g. Bei den Katzenmakis sind die Beine wenig, bei den Wieselmakis sind sie deutlich länger als die Arme. Der mittellange bis lange Schwanz ist dicht behaart und dient bei einigen Arten als Fettspeicherorgan. Das Fell ist dicht und wollig, meist grau-bräunlich und ohne auffällige Abzeichen. Hände und Füße tragen Nägel, ausgenommen die zweite Zehe, an der sich eine Putzkralle befindet. Die Weibchen der Katzenmakis haben 2, jene der Wieselmakis ein Paar Zitzen. Katzen- und Wieselmakis sind nachtaktiv. Katzenmakis ernähren sich von  Früchten, Blüten, Gummiexsudat, Wirbellosen und kleinen Wirbeltieren. Bei Nahrungsknappheit können sie in einen Torpor verfallen. Wieselmakis ernähren sich hauptsächlich von Blättern, die sie in ihrem riesigen Blinddarm vergären und danach als Coecotrophie nochmals aufnehmen [1; 7; 10].

Die Eigentlichen Makis (Lemuridae), zu denen auch die Halbmakis und die Varis gehören, sind mittelgroße, langschwänzige Halbaffen mit einer Kopf-Rumpflänge von 27-55 cm, einer Schwanzlänge von 35-65 cm und einem Körpergewicht von 800-7000 g. Ihr Gebiss hat 36 Zähne, der erste untere Vorbackenzahn fungiert als Eckzahn. Ihre Beine sind wenig länger als die Arme. Wie die kleineren Lemurenarten haben sie ein weiches, wolliges Fell und verfügen über eine Putzkralle. Die Eigentlichen Makis haben sich unterschiedliche Lebensräume erschlossen und weisen unterschiedliche Sozialstrukturen auf. Sie sind tag- oder dämmerungsaktiv und ernähren sich überwiegen von Pflanzenkost, nehmen aber auch Insekten und sonstige Arthropoden sowie kleine Wirbeltiere. Neben Allesfressern gibt es auch extreme Nahrungsspezialisten. Die Weibchen haben ein oder zwei Paar Zitzen, jedoch nur das vordere ist funktional [1; 7; 10; 12].

Zu den Indriartigen (Indriidae) gehören eher kleine bis sehr große Halbaffenarten. Die Kopf-Rumpflänge variiert von 23 bis 72 cm, das Körpergewicht von 800 g bis 9 kg. Der Kopf ist rundlich mit kurzer und breiter Schnauze. Das Gebiss hat nur 30 Zähne. Bei den meisten Arten ist der Schwanz gleich lang oder etwas länger als Kopf-Rumpf, die großen Indris haben jedoch nur ein 5 cm kurzes Stummelschwänzchen. Die Hinterextremitäten sind etwa ein Drittel länger als die vorderen. Die Finger und Zehen sind sehr lang, die Großzehe ist als kräftiges und bewegliches Greifwerkzeug ausgebildet. Das Fell ist weich und dicht und bei manchen Arten sehr kontrastreich gefärbt. Die Weibchen haben ein Paar Zitzen.  Die Indriartigen sind teils tag-, teils nachtaktive kletternde und  aufrecht springende Tiere, die sich vorwiegend von Blättern, aber auch sonstigem Pflanzenmaterial ernähren. Je nach Art leben sie in kleinen Familienverbänden, paarweise oder einzeln [7; 10; 12].

Die einzige lebende Art der Familie der Fingertiere (Daubentoniidae), das Aye-Aye, hat äußerlich wenig Ähnlichkeit mit den anderen Halbaffen. Da die Tiere im Ober- und Unterkiefer je zwei wurzellose, meißelartige Schneidezähne haben, war man sich  ursprünglich über ihre systematische Stellung nicht im Klaren. Für weitere Informationen sei auf das Tierart-Datenblatt verwiesen [7].

Die Loris (Lorisidae) sind eher kleine, kurzschwänzige Halbaffen. Ihre Kopf-Rumpflänge liegt bei 18-40 cm, bei manchen Arten ist der Schwanz äußerlich nicht sichtbar, im Extremfall ist er 10 cm lang, und das  Körpergewicht variiert von 85-2100 g. Die Augen sind sehr groß und stehen nahe beisammen. Die Ohren sind klein bis mittelgroß und behaart. Das Gebiss besteht aus 36 Zähnen. Vorder- und Hintergliedmaßen sind gleich kurz. Die Fingerkuppen sind breit. Der Daumen ist als Greiforgan den übrigen Fingern gegenüber gestellt. Der 2. und oft auch der 3. Finger sind verkürzt. Die 2. Zehe ist mit einer Putzkralle versehen, ansonsten sind Nägel vorhanden. Das Fell ist plüschartig. Die Weibchen haben 2-3 Paar Zitzen. Die Loris sind nachtaktive, langsame Greifkletterer, die sich von tierischem und pflanzlichem Material ernähren [7; 10; 12].

Die Galagos (Galagidae) sind maus- bis mittelgroße Halbaffen mit einer Kopf-Rumpflänge von 9-40 cm, einer Schwanzlänge von 14-50 cm und einem Körpergewicht von 350-1800 g. Der Kopf ist sehr beweglich und kann um fast 180° gedreht werden. Die Augen sind sehr groß und stehen nahe beisammen. Die Ohren sind groß, dünnhäutig, sehr beweglich und zusammenfaltbar. Das Gebiss besteht aus 36 Zähen. Die Hinterextremitäten sind deutlich länger als die vorderen.  Die Finger und Zehen sind dünn mit breiten Kuppen. Der Schwanz ist oft buschig. Die Weibchen haben je ein Zitzenpaar an Brust und Unterbauch. Die Galagos sind nachaktive, baumlebende Allesfresser, die sich in großen Sprüngen fortbewegen können [7; 10; 12].

Bei den Koboldmakis (Tarsiidae) werden aktuell (2017) 11 Arten anerkannt, die sich aber in Gestalt, Körperfunktionen und Verhalten nur wenig unterscheiden. Es sind kleine, nachtaktive Tiere mit einer Kopf- Rumpflänge von 11-14 cm, einer Schwanzlänge von 20-31 cm und einem Gewicht von etwa 50-150 g. Im Gegensatz zu den anderen Halbaffen haben sie kein feuchtes Rhinarium sowie keinen Penisknochen, weshalb sie in der neueren Systematik als Teilordnung Tarsiiformes zu den Trockennasenaffen gestellt wurden. Der Kopf ist kugelig mit flachem Gesicht, extrem großen, eng beisammen stehenden, nach vorne gerichteten Augen und großen, dünnhäutigen und beweglichen Ohren. Das Gebiss umfasst 34 Zähne. Die Weibchen haben 3 Paar Zitzen. Die Tarsier sind auf Bäumen oder am Boden lebende, nachtaktive Springkletterer, die sich hauptsächlich von Insekten und anderen Wirbellosen ernähren [7; 10; 12].

Bei den Affen ist der Gesichtsschädel meistens verkürzt. Es gibt kein nacktes Rhinarium. Die Ohren liegen seitlich am Kopf. Das Großhirn ist sehr hoch entwickelt und intensiv  gefurcht. Die Weibchen haben ein paar Zitzen im Brustbereich, die Männchen haben keinen Penisknochen. Mit wenigen Ausnahmen sind alle Arten tagaktiv [3; 12].

Die Krallenaffen (Callithrichidae) weisen eine Kopf- Rumpflänge von 12-34 cm, eine Schwanzlänge von 17-42 cm und ein Gewicht von etwa 85-710 g auf, sind also kleine Affen. Ihr Großhirn ist weniger hoch entwickelt als bei den Altweltaffen. Ihre Nasenlöcher sind durch eine breite Nasenscheidenwand getrennt und mehr oder weniger seitwärts gerichtet. Ihr Gebiss umfasst 32 Zähne. Die Beine sind länger als die Arme. Mit Ausnahme der Großzehe, die einen Nagel trägt, sind  Finger und Zehen mit Krallen versehen. Der Daumen ist außer bei einer Art den anderen Fingern parallel zugeordnet, die Großzehe dagegen opponierbar. Der Schwanz ist lang und funktioniert nicht als Greifschwanz. Die Tiere sind tagaktiv, baumlebende Springer und Kletterer. Sie ernähren sich von Pflanzenmaterial und Kleingetier [7; 12].

Die „Kapuzinerartigen Neuweltaffen“ (Pitheciidae, Atelidae, Aotidae, Cebidae) sind mit einer Kopf- Rumpflänge von 22-70 cm, einer Schwanzlänge von 34-82 cm und einem Gewicht von etwa 750 g bis 10.5 kg eher kleine bis gut mittelgroße Affen. Mit Ausnahmen ist ihr Großhirn weniger hoch entwickelt als bei den Altweltaffen. Ihre Nasenlöcher sind durch eine breite Nasenscheidenwand getrennt und mehr oder weniger seitwärts gerichtet. Ihr Gebiss umfasst 36 Zähne. Ihre Gliedmaßen sind lang, ebenso die Finger, die Nägel tragen. Der Daumen ist nur abspreizbar, die Großzehe dagegen opponierbar. Der Schwanz ist bei den meisten Arten lang und oft als kräftiger Greifschwanz mit nackter Greiffläche ausgebildet. Die Tiere sind baumlebend und mehrheitlich tagaktiv. Sie ernähren sich von Pflanzenmaterial oder sind omnivor [3; 12].

Die altweltlichen Meerkatzenverwandten (Cercopithecidae), zu denen, nebst den Meerkatzen, die Mangaben, Makaken und Paviane sowie die Schlank- und Stummelaffen gehören, sind ähnlich vielgestaltig wie die Neuweltaffen, die Taxonomen haben aber bislang davon abgesehen, sie in verschiedene Familien aufzuspalten, sondern unterteilen sie in zwei Unterfamilien (Cercopithecinae und Colobinae) mit je zwei Tribus (Cercopithecini und Papionini bzw. Colobini und Presbytini).  Auf Gattungsniveau wurde allerdings gsplittet, was das Zeug hält. Dass man die früher unter Cercopithecus zusammengefassten Arten jetzt auch unter Allenopithecus, Allochrocebus, Chlorocebus, Erythrocebus und Miopithecus suchen muss, oder dass man die Mangaben und die afrikanischen Stummelaffen in jeweils drei Gattungen aufgespaltet hat, ist für die internationale Veständigung und Literatur-Recherchen nicht gerade von Vorteil. Die Kopf-Rumpflänge der Meerkatzen liegt zwischen 26 und 110 cm, der Schwanz kann fehlen oder über 110 cm lang sein, und das Gewicht variiert von 750 g bis 35 kg. Das Gebiss besteht aus 32 Zähnen. Die oberen Eckzähne sind verlängert. Die Schnauzenpartie sowie die Extremitäten sind bei den einzelnen Arten unterschiedlich proportioniert. Bei einer Unterfamilie ist der Daumen zurückgebildet, ansonsten sind sowohl Daumen, als auch Großzehe opponierbar. Alle Finger und Zehen tragen Nägel. Der Geschlechtsdimorphismus kann geringfügig oder aber sehr ausgeprägt sein. Die Meerkatzenverwandten sind alle tagaktiv. Sie leben teils auf Bäumen, teils auf dem Boden, manche Arten ziehen sich zum Schlafen in Felswände zurück. Sie sind teils praktisch reine Pflanzenfresser, teils sind sie omnivor, wobei manche Arten Vögel und Säugetiere jagen, einschließlich Junge von Huftieren [10; 13].

Die Gibbons (Hylobatidae) sind eine sehr homogene Primatengruppe. Ihre Kopf-Rumpflänge liegt zwischen 42 und 90 cm, ihr Gewicht zwischen 4.4 und 12.7 kg. Ein Schwanz ist nicht vorhanden.  Das Gebiss umfasst 32 Zähne, der Eckzahn ist zum Teil vergrößert. Die Gliedmaßen sind sehr lang und schlank, die Arme länger als die Beine. Der Daumen ist verkürzt, ansonsten sind die Finger sehr lang, bei einer Art sind Zeige- und Mittelfinger verwachsen. Männchen und Weibchen sind in etwa gleich groß, aber bei manchen Arten unterschiedlich gefärbt. Gibbons sind tagaktiv und baumlebend. Sie schwingen sich hangelnd von Ast zu Ast und springen von Baum zu Baum. Die Nahrung besteht aus Pflanzenmaterial und Kleingetier [10; 13].

Die Menschenaffen (Pongidae / Hominidae, ohne Homo sapiens) weisen eine Kopf-Rumpflänge von 70-120 cm und ein Gewicht von 20 bis über 300 kg auf. Die größten Vertreter der Östlichen Gorillas können stehend eine Höhe von 2 m erreichen. Der Geschlechtsdimorphismus ist bei 2 der 3 Gattungen sehr ausgeprägt. Das Gebiss umfasst 32 Zähne, der Eckzahn ist vergrößert. Die Arme sind länger als die Beine. Der Daumen ist verkürzt, ansonsten sind die Finger sehr lang. Daumen und Großzehe sind opponierbar. Menschenaffen sind tagaktiv und teils boden-, teils baumlebend. Sie sind vorwiegend Pflanzenfresser, nehmen aber auch tierisches Protein zu sich, insbesondere die Schimpansen, die auch  meerkatzenartige Affen und kleinere Huftiere jagen [10; 13].

Verbreitung

Abgesehen vom Menschen, der mittlerweile die hintersten Ecken unseres Planeten besiedelt, kommen Primaten in der äthiopischen, der orientalischen und der neotropischen Faunenregion vor sowie marginal (im Atlasgebirge und Gibraltar sowie in Ostasien) in der Paläarktis.

Bedeutung für den Menschen

In manchen Kulturen, etwa im Alten Ägypten oder in Idnien, gelten Affen als heilige Tiere bzw. Verkörperungen von Gottheiten. In vielen Gegenden Afrikas, Asiens und Südamerikas werden Primaten gegessen und daher zur Gewinnung von Fleisch abgeschossen. Die Felle mancher Arten werden zu traditionellen Kopfbedeckungen oder anderen Kleidungsstücken verarbeitet und gelangten bis vor wenigen Jahrzehnten auch regelmäßig in den internationalen Pelzhandel. Lebendfänge werden flokal als Heimtiere gehalten oder gelangen in den nationalen oder internationalen Tierhandel. Abgerichtete Affen werden oder wurden von Schaustellern und Wanderzirkussen gehalten und zur Schau gestellt. Verschiedene Arten haben eine Bedeutung als Versuchstiere in der biomedzinischen Forschung [2].

Haltung im Zoo

Primaten, soweit sie tagaktiv sind, gehören zu den beim Publikum beliebtesten Zootieren und sind dementsprechend häufig in Zoos anzutreffen. Allerdings hat das Spektrum der gehaltenen Arten, insbesondere bei der Meerkatzenverwandtschaft, in den letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen. Neben den üblichen Zoos und Tierparks gibt es einige wenige auf die Haltung von Primaten spezialisierte Einrichtungen, so „de Apenheul“ in Apeldoorn oder „La Vallée des Singes“ im französischen Romagne, die beide um die 30 Arten zeigen, ferner einige  Großgehege für Berberaffen (Macaca sylvanus), wie z.B. „La Montagne des Singes“ bei Kintzheim im Elsass oder der Affenberg Salem am Bodensee. Gegenwärtig (2023) werden in Europa rund 160 Arten gezeigt, davon sind 35 Halbaffen, 51 Südamerikaner, 61 Meerkatzenverwandte und 14 Gibbons oder Menschenaffen [13].

Taxonomie und Nomenklatur

In seinem grundlegenden Werk über die Taxonomie der Säugetiere stellte G. G.  SIMPSON die Spitzhörnchen als Überfamilie Tupaioidea zu den  Halbaffen [9]. Dies wurde z.B. von NAPIER & NAPIER [14] im CITES-Erkennungshandbuch [2], in GRZIMEKs TIERLEBEN [3] oder anderen Standardwerken [1; 8] übernommen. Allerdings hatten bereits Diskussionen über die korrekte Einordnung der Spitzhörnchen begonnen und aufgrund verschiedener Kriterien wurden sie in den 1980er Jahren aus den Primaten ausgegliedert [6]. Dieser Schritt wurde durch jüngere molekulargenetische Untersuchungen bestätigt, und heute werden die  Primaten, Spitzhörnchen (SCANDENTIA) und Pelzflatterer (DERMOPTERA) als vollwertige Ordnungen in der Überordnung bzw. dem „Taxon ohne Rang“ EUARCHONTES zusammengefasst [5].

Literatur und Internetquellen

  1. BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
  2. DOLLINGER, P. (1984). Tupaiidae.In: CITES IDENTIFICATION MANUAL.
  3. FIEDLER, W., HEINEMANN, D.,  KOLAR, K., THENIUS, E. & WENDT, H. (1970). In GRZIMEKs TIERLEBEN
  4. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2022-2. Downloaded on 28 March 2023.
  5. JANEČKA, J. E., MILLER, W., PRINGLE, T. et al. (2007)
  6. MACDONALD, D. W. (1984)
  7. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  8. SCHULTZ, A. H., PETTER, J.-J. & SCHILLING, A. (1972)
  9. SIMPSON, G. G. (1945)
  10. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  11. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  12. ZISWILER, V. (1976)
  13. ZOOTIERLISTE
  14. NAPIER, J. R. & NAPIER, P. H. (1972)

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