Kapuzinerartige Neuweltaffen

Braunkopf-Klammeraffe

Braunkopfklammeraffe (Ateles fusciceps robustus) im Zoo Landau Braunkopfklammeraffe (Ateles fusciceps robustus) im Zoo Landau
© E.Jenssen, Landau

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Klammerschwanzaffen (Atelidae)
Unterfamilie: Klammer- und Wollaffen (Atelinae)

D EN 650

Braunkopfklammeraffe

Ateles fusciceps • The Brown-headed Spider Monkey • L'atèle à tête brune

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Braunkopfklammeraffen (Ateles fusciceps rufiventris) im Zoo des Sables d'Olonne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung von Braunem (Ateles hybridus - violett), Weißstirn (A. belzebuth), Braunkopf- (A. fusciceps) und Schwarzem (A. paniscus) Klammeraffen

 

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Subadulter Braunkopfklammeraffe (Ateles fusciceps rufiventris) im Zoo Osnabrück© Hanna Rickert / Zoo Osnabrück (Pressefoto)

 

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Braunkopfklammeraffe (Ateles fusciceps rufiventris) im Zoo de Pont Scorff © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Braunkopfklammeraffen (Ateles fusciceps rufiventris) im Zoo de Pont-Scorff © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Braunkopfklammeraffen (Ateles fusciceps rufiventris) im Zoo de Doué-la-Fontaine © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Braunkopfklammeraffen (Ateles fusciceps rufiventris) im Zoo de Doué-la-Fontaine © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Braunkopfklammeraffe (Ateles fusciceps rufiventris) mit Jungtier im Zoo Landau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Braunkopfklammeraffe (Ateles fusciceps rufiventris) mit Jungtier im Tierpark Hellabrunn © Jörg Koch / Tierpark Hellabrunn

 

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Braunkopfklammeraffe (Ateles fusciceps rufiventris) im Zoo Eberswalde © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Braunkopfklammeraffe (Ateles fusciceps rufiventris) im Zoo de Pont Scorff © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gehege für Braunkopfklammeraffen (Ateles fusciceps rufiventris) im Zoo des Sables d'Olonne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Klammeraffen sind wegen ihrer Größe und Gestalt, ihrer Art sich fortzubewegen und ihres Sozialverhaltens Primaten, die zoopädagogische viel hergeben und beim allgemeinen Zoopublikum sehr populär sind. Zudem sind alle Arten in einer höheren Gefährdungskategorie der Roten Liste aufgeführt. Der Braunkopf-Klammeraffe ist somit ein idealer Botschafter für den Schutz seines bedrohten Lebensraums in Südamerika. Von den sechs in Europa gehaltenen Arten ist er mit Abstand am häufigsten zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Klammeraffen sind große Vertreter der Neuweltaffen. Maße und Gewichte der im Mittel etwas größeren und schwereren Männchen und der Weibchen überlappen sich weitgehend. Für den Braunkopf-Klammeraffen werden Kopf-Rumpf-Längen von 30-64 cm, Schwanzlänge von 66-86 cm und mittlere Gewichte von 8.4 bis 8.8 kg angegeben.  Die einzelnen Unterarten unterscheiden sich namentlich in der Fellfärbung. Die in Ekuador beheimatete Nominatform ist dunkelbraun bis schwarzbraun gefärbt und hat einen dunkelbraunen Kopf. Das Fell der bei uns gehaltene Unterart rufiventris (= robustus) aus der Darien-Region Kolumbiens ist dagegen nahezu völlig schwarz. Die nackte Haut Im Gesicht ist etwas schwächer pigmentiert, wodurch um die Augen eine Art Brillenzeichnung entsteht. Wie bei allen Klammeraffen ist der Kopf relativ klein und ist der Schwanz als Greifschwanz mit im hinteren Teil unbehaarter Unterseite und Tastzellen ausgebildet. Die Klitoris der Weibchen ist penisartig verlängert, währenddem Penis und Scrotum der Männchen klein und unauffällig sind [4; 7].

Verbreitung

Tropisches Süd- und Mittelamerika: Ekuador, Kolumbien, marginal in Panama [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Braunkopf-Klammeraffe besiedelt Regenwälder des Tieflands und der Hügelzone, immergrüne Feuchtwälder und Nebelwälder. Die Höhenverbreitung geht gebietsweise bis 2'500 m. ü. M.. Die Tiere sind tagaktive Baumbewohner, die sich meist in der oberen Kronenschicht des Waldes aufhalten und nur selten in den Unterwuchs gehen. Sie bewegen sich häufiger hangelnd vorwärts als laufend. Ihre Nahrung besteht überwiegend aus Früchten, daneben dürften sie wie andere Klammeraffen Blätter, Blüten, Luftwurzeln, Rinde und andere Pflanzenteile sowie gelegentlich Insekten fressen. Sie leben in gemischtgeschlechtlichen Gruppen, in denen die Männer dominant sind. Männliche Tiere werden mit etwa 56 Monaten, weibliche mit 51 Monaten geschlechtsreif. Nach einer Tragzeit von etwa 226-232 Tagen wird jeweils ein einzelnes Junges geboren. Die Jungen werden mit 18-20 Monaten entwöhnt. Im Freiland betragen die Geburtsintervalle etwa 22-36 Monate [2; 3; 4; 7].

Gefährdung und Schutz

In der Annahme. dass während der letzten 45 Jahre der Bestand um über 80 % abgenommen hätte, wurde die Art aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2008 als vom Aussterben bedroht eingestuft, obwohl sie in Schutzgebieten z. T. noch häufig war. Im Rahmen  einer Neubeurteilung im Jahr 2020 wurde die Bestandsabnahme auf "über 50%" korrigiert und die Art in die Kategorie "stark gefährdet" zurückgestuft (Rote Liste: ENDANGERED). Dabei blieb die Nominatform in der höchsten Gefährdungskategorie (CRITICALLY ENDANGERED), währenddem fusciceps als "gefährdet" (VULNERABLE) eingestuft wurde [2].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt.

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • Die ecuadorianische Umweltorganisation Jocotoco besitzt und betreibt im Chocó Tieflandregenwald das knapp 10.000 ha große Canandé-Reservat, in dem rund die Hälfte der noch existierenden Ecuador-Braunkopf-Klammeraffen (A. f. fusciceps) leben. Ziel des Canandé Reservats ist, die beiden staatlichen Schutzzonen El Pambilar und Cotacachi-Cayapas-Nationalpark, um so ein großes, zusammenhängendes Waldgebiet zu schaffen. Seit 2021 arbeitet im Reservat eine deutsch-ecuadorianische Forschungsgruppe an einer Studie zur Population der Braunkopf-Klammeraffen, mit deren Hilfe der Schutz der hochbedrohten Art verbessert werden kann. Der Tierpark Hellabrunn unterstützt diese Bestrebungen seit 2020. [Internetseite TP Hellabrunn]

Bedeutung für den Menschen

In Kolumbien werden Braunkopfklammeraffen intensiv bejagt [2]. Von 1977 bis 2017 wurden keine Ausfuhren lebender Wildfänge registriert. Im selben Zeitraum, effektiv ab 1985, wurden 58 lebende Nachzuchttiere grenzüberschreitend abgegeben [1].

Haltung

Obwohl die Art als stark gefährdet gilt, gibt es kein Internationales Zuchtbuch, sondern nur regionale Erhaltungszuchtprogramme. Die Nominatform gibt es wohl nur in Einrichtungen in den Ursprungsländern (Ekuador), ansonsten halten südamerikanische Zoos die Unterart rufiventris. In Nordamerika betreiben die AZA-Zoos einen Species Survival Plan für rufiventris, der allerdings deutlich weniger Teilnehmer und Tiere umfasst, als es in Europa Halter und Tiere dieser Unterart gibt.

WEIGL gibt mehrere Tiere an, die älter als 42 Jahre geworden waren, eines davon 46 Jahre [6]. Im Rahmen des EEP lag das Höchstalter eines noch lebenden Tiers bei 52.8 Jahren und 10% aller Tiere wurde über 48 Jahre alt [9].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 50 Zoos gehalten, von denen sich etwa sieben im deutschsprachigen Raum befinden. Damit ist sie der häufigste Vertreter der Klammeraffen in europäischen Zoos. Für Details siehe Zootierliste.

Es gibt ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das vom Chester Zoo koordiniert wird. Am 2022 umfasste das Programm 253 Tiere in 41 Institutionen. Diese gehen auf 39 Gründertiere zurück. Viele Gruppen bestehen aus jeweils mehreren Männchen und Weibchen. Die größte Zuchtgruppe im Rahmen des Programms mit 18 Tieren lebte im Zoo Landau [8; 9].

Forschung im Zoo (Beispiel): Im Hinblick auf die Optimierung der Haltungsbedingungen wurde am Parken Zoo in Eskilstuna eine Semesterarbeit zum Thema Verhaltensanreicherung durchgeführt [5]. Ein anderes Thema ist Geburtenkontrolle, weil der europäische Zoobestand mittlerweile die angestrebte Größe von 250 Individuen erreicht hat.

Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung von bis zu 5 erwachsenen Tieren ein Außen- und ein Innengehege von je 30 m² / 105 m³ gefordert und für jedes zusätzliche Adulttier jeweils 3 m² / 10.5 m³ mehr. Dies ist eine Erhöhung des Raumangebots um mehr als das Doppelte gegenüber dem Gutachten’96, das 16 m² / 48 m³ vorsah. Die Tierschutzsachverständigen der Zoos hielten eine Erhöhung des Platzangebots ebenfalls für angebracht schlugen aber im Differenzprotokoll vor, dass für 5 Tiere außen 30 m² / 120 m³ und innen 25 m² / 75 m³ angeboten werden sollten.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 5 Klammeraffen ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 15 m² bei 3 m Höhe und für jedes weitere Tier jeweils 3 m² Fläche zusätzlich vor. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen und es sind für 5 Adulttiere ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 30 m² bei 3 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier sind die Flächen um 3 m² zu erweitern.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Art wurde 1866 von John Edward GRAY vom Britischen Museum in London unter ihrem heute noch gültigen Namen beschrieben. Es gibt zwei Unterarten. In Europa wird nur der oft noch als Ateles fusciceps robustus bezeichnete Kolumbianische Klammeraffe (Ateles fusciceps rufiventris) gehalten. In Panama gibt es ein Gebiet, wo dieser mit Ateles geoffroyi ornatus hybridisiert. Soweit zum Thema "gute Arten" [2; 4; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. CITES TRADE DATA BASE
  2. MOSCOSO, P. et al. (2021). Ateles fusciceps (amended version of 2020 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T135446A191687087. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-1.RLTS.T135446A191687087.en und Datenblätter zu den Unterarten. Downloaded on 27 April 2021.
  3. KREBS, E. (2008)
  4. SCHRÖPEL, M. (2010)
  5. TORSTENSSON, T. (2009)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  8. VERMEER, J. (2018). Minutes of the Joint TAG Meeting - Larger New World Monkeys. Budapest, 03.05.2018.
  9. DAVIS, N. (2019). Colombian Black Spider Monkey - Annual Studbook Report 2019. Chester Zoo.

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