Gibbons und Menschenaffen

Kappengibbon

Kappengibbon-Weibchen (Hylobates pileatus) im Zoo Zürich Kappengibbon-Weibchen (Hylobates pileatus) im Zoo Zürich
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Altwelt- oder Schmalnasenaffen (Catarrhini)
Familie: Gibbons (Hylobatidae)

D EN 650

EEPKappengibbon

Hylobates pileatus • The Pileated Gibbon • Le gibbon à bonnet

Der Gibbon war das Zootier des Jahres 2019

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Kappengibbon-Weibchen (Hylobates pileatus), Zoo Zürich © Karsten Blum, Zoo Zürich

 

 

 

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Approximative Verbreitung des Kappengibbons (Hylobates pileatus)

 

 

 

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Kappengibbon-Weibchen (Hylobates pileatus) im Safari Fréjus © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Kappengibbon-Männchen (Hylobates pileatus) im Khao Kheow Open Zoo, Chonburi, Thailand © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Kappengibbon-Mämmchen (Hylobates pileatus) im Zoo Schwerin © Elias Neideck

 

 

 

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Kappengibbon (Hylobates pileatus) im Zoo Zürich © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Junger Kappengibbon (Hylobates pileatus) im Zoo Schwerin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Kappengibbon (Hylobates pileatus) im Zoo Zürich © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Kappengibbon (Hylobates pileatus) im Zoo Schwerin © Zoo Schwerin, Facebook-Mitteilung vom 27.05.2019

 

 

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Anlage für Kappengibbons (Hylobates pileatus) im Zoo Schwerin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der in seiner Heimat stark gefährdete Kappengibbon ist, wie alle Gibbons, eine für das Publikum sehr attraktive Tierart, die sich bestens als Botschafter für die Erhaltung der zunehmend bedrohten Wälder Südostasiens und ihrer vielfach gefährdeten tierischen Bewohner eignet. Seine Haltung wird durch ein internationales Zuchtbuch und ein Zuchtprogramm gefördert, sodass seine Präsenz in europäischen Zoos auf längere Zeit gesichert sein dürfte, auch wenn der Bestand nicht sehr groß ist.

Körperbau und Körperfunktionen

Wie alle Gibbons hat der Kappengibbon keinen Schwanz und seine Arme sind viel länger als die Beine. Auch die Hände sind lang und ihr Daumen wurzelt nahe dem Handgelenk. Diese Besonderheiten ermöglichen den Tieren das Schwinghangeln (Brachiation) von Ast zu Ast. Als Kopf-Rumpflänge werden 45-64 cm und als Gewicht 4-8 kg (Mittel für Weibchen 5.4, für Männchen 5.5 kg) angegeben. Das haarlose Gesicht ist dunkel pigmentiert. Es besteht ein Geschlechtsdichromatismus, der so ausgeprägt ist, dass Männchen und Weibchen anfänglich für verschiedene Arten gehalten wurden. Erwachsene Männchen sind schwarz, mit Ausnahme eines weißlichen Gesichtsrings oder Augenbrauenbands, ein paar langer, gräulicher Fransen an den Schläfen, der Oberseiten der Hände und Füße sowie eines Haarbuschs im Genitalbereich, die weiß sind. Weibchen sind silbrig-grau oder gelbbraun ausgenommen die Kappe, Wangen, Brust und eventuell Innenseiten der Gliedmaßen, die schwarz sind, sowie einem weißen Gesichtsring. Jungtiere haben ein rosafarbenes Gesicht und ein hellgraues Fell, das bei Weibchen innerhalb von 4, bei Männchen innerhalb von 6.5 Jahren die Erwachsenenfärbung annimmt [1; 8].

Verbreitung

Südostasien: Kambodscha, Laos, Thailand, Vietnam [3].

Lebensraum und Lebensweise

Kappengibbons kommen in feuchten immergrünen und in teilweise laubabwerfenden Wäldern vor. Die Höhenverbreitung reicht vom Tiefland bis auf etwa 1'500 m. Sie sind tagaktive Baumtiere und leben zusammen mit ihrem Nachwuchs in dauerhafter Einehe. Sie ernähren sich zu rund 70% von Früchten, zu 15% von Blüten, ferner von anderen Pflanzenteilen und in geringem Umfang von Insekten. Um ihren Nahrungsbedarf zu decken, benötigt eine Familiengruppe, die meist 4 Individuen umfasst, ein Streifgebiet von etwa 15-50 ha, das akustisch markiert und größtenteils als Territorium gegen Artgenossen verteidigt wird. Nach einer Tragzeit von 193-225 Tagen wird ein einzelnes Junges geboren, das 1-2 Jahre gesäugt wird und mit 2-4 Jahren selbständig wird. Weibchen werden mit etwa 7.5 Jahren geschlechtsreif [1; 3; 8].

Gefährdung und Schutz

Wegen des zunehmenden Lebensraumverlusts und damit verbundenen Bestandsrückgangs - von 1970-2015 über 50% - wird der Kappengibbon seit 2008 als stark gefährdete Tierart geführt (Rote Liste: ENDANGERED). Eine 2015 durchgeführte und 2020 veröffentlichte Überprüfung kam zum gleichen Ergebnis. Dabei wurde der Bestand auf 47'000 erwachsene Tiere geschätzt [3].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Bedeutung für den Menschen

Der Kappengibon wird gebietsweise zur Gewinnung von Fleisch für den Eigenbedarf gejagt. Gibbons werden in ihren Herkunftsgebieten solange sie jung sind vielfach als ‚Heimtiere‘ gehalten. So hat eine Auffangstation in Kambodscha in den letzten Jahren etwa 40 Kappengibbons als Geschenke oder aufgrund von Konfiskationen erhalten [3].

Von 1977-2017 wurden aus den Ursprungsländern nebst wenig Wissenschaftsmaterial nur aus Kambodscha 7 und aus Thailamd 6 lebende Wildfänge ausgeführt. Im selben Zeitraum wurden 30 Nachzuchttiere über internationale Grenzen verschoben, von denen mehr als die Hälfte aus der Zucht des Zoo Zürich stammten [5].

Haltung

Im Breslauer Zoo wurden die Kappengibbons mit Panzernashörnern vergesellschaftet.

Seit 1990 existiert ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das am Zoo Zürich geführt wird. Das Programm umfasste im Dezember 2016 insgesamt 129 lebende Tiere in 33 Institutionen, ferner eine größere Anzahl in einem Schutzzentrum in Kambodscha [IZY 52].

WEIGL gibt als Höchstalter 38 Jahre an für ein Wildfang-Männchen, das nach einer Haltungsdauer von 36 Jahren und 1 Monat in Privathand bzw. im Phoenix Zoo immer noch am Leben war [7].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in gegen 20 Zoos gehalten, von denen sich ein paar wenige im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Seit 1989 gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das seit 2023 vom Twycross Zoo als "New Style"-EEP koordiniert wird. Der Aufbau des Zuchtprogramms wurde dadurch erschwert, dass die europäische Zoopopulation klein ist, dass ein Männchenüberschuss (23.18.6 im März 2019) besteht, und dass sich nur ein Teil der Tiere bisher erfolgreich fortgepflanzt haben. Der Bestand lag 2019 bei 47 Tieren, wovon 6 Naturentnahmen, in 15 Institutionen. Bis 2022 stieg der Bestand auf 53 Individuen in 18 Einrichtungen. Angestrebt wird eine Bestandszunahme auf 80 [9; 10].

Wie Kappengibbons gehalten werden (Beispiel):

Forschung im Zoo: Kappengibbons sind gelegentlich Gegenstand von Forschungsarbeiten. So wurde z. B. eine Studie über Glucocorticoid Werte im Kot im Vergleich zu Aufzucht, Verhalten und Umweltfaktoren in der europäischen Kappengibbon- Population durchgeführt [6].

Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung einer Gibbonfamilie ein Außengehege von 50 m² bei einer Höhe von 4 m und einer Länge von mindestens 9 m sowie ein Innengehege von 30 m² bei 3.50 m Höhe gefordert, das "länger als breit" sein soll. Dies ist eine Erhöhung des Raumangebots auf beinahe das Dreifache gegenüber dem Gutachten’96, für die es keine Begründung gibt. Die Tierschutzsachverständigen der Zoos schlugen im Differenzprotokoll vor, dass für eine Familiengruppe bis zu 4 Tieren ein Außengehege von 25 m² bei 3.50 m Höhe und für jedes weitere Tier 8 m² mehr Fläche angeboten werden sollte. Das Innengehege sollte die gleichen Dimensionen aufweisen, falls ein Zugang zum Außengehege über längere Zeit nicht möglich ist.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 3 Gibbons ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 25 m² bei 3 m Höhe und für jedes weitere Tier 8 m² Fläche zusätzlich vor.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise erfolgen und es ist für ein Paar mit Jungen ein Außengehege mit einer Grundfläche von 80 m² bei 5 m Höhe sowie ein Innengehege von 30 m² bei 3.50 m Höhe erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Kappengibbon wurde 1816 von John Edward GRAY vom British Museum in London unter Verwendung seines heute noch gültigen Namens erstmals wissenschaftlich beschrieben. Er galt dann lange als Unterart von Hylobates lar. Neuerdings wurde er wieder zu einer eigenen Art aufgewertet, obwohl im thailändischen Khao Yai-Nationalpark, wo die Areale der beiden Formen zusammentreffen, eine Hybridzonen besteht, was dem biologischen Artkonzept widerspricht. Es werden keine Unterarten anerkannt [2; 3; 4; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. ANIMAL DIVERSITY WEB
  2. BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
  3. BROCKELMAN, W, GEISSMANN, T., TIMMINS, T. & TRÆHOLT, C. (2020). Hylobates pileatus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T10552A17966665. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T10552A17966665.en. Downloaded on 29 April 2021.
  4. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  5. CITES TRADE DATA BASE
  6. PIROVINO, M. (2011)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. LEFAUX, B. et al. (eds., 2020) EAZA Regional Collection Plan for  Gibbon species - February 2020. Amsterdam.
  10. EAZA Gibbon TAG Update 28.09.2022, Albufeira.

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Gelesen 15149 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 30 August 2023 15:43
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