S

STEUER, P. (2007)

Untersuchungen zu Verdauungsstrategien von Breitmaulnashörnern (Ceratotherum simum) und Spitzmaulnashörnern (Diceros bicornis).

Diplomarbeit

112 Seiten

Math.-Nat. Fakultät, Universität zu Köln
Leitung: Prof. Dr. G. Nogge
Zoo Köln

Zusammenfassung:

Pflanzenfresser zeigen häufig eine Spezialisierung auf eine bestimmte Gruppe von Futterpflanzen wie Laub oder Gras. Damit einhergehend sind vor allem bei Wiederkäuern einige Anpassungen in der Anatomie des Verdauungstraktes und in der Verdauungsphysiologie bei spezialisierten Gras- oder Laubfressern beschrieben. In der vorliegenden Studie wurden eine Gras fressende und eine Laub fressende Nashornart (Breitmaul- bzw. Spitzmaulnashorn) bezüglich einiger wichtiger verdauungsphysiologischer Parameter (Futteraufnahme, Veraulichkeit, Mittlere Retentionszeit (MRT) des Futters, Selektivitätskoeffizient =MRTPartikelphase/MRTflüssige Phase, Partikelgrösse im Kot) verglichen.

Der Vergleich wurde zwischen 4 Spitzmaulnashörnern und 5 Breitmaulnashörnern in 4 verschiedenen Zoos angestellt. An die Tiere wurde Grasheu einer Charge (NDF-Gehalt ca. 63 %) ad libitum gefüttert. Nach einer Anfütterungsperiode von 14 Tagen wurde eine Sammelphase von 7 Tagen durchgeführt, in der die Futter- und Kotmengen (Komplettsammlung und externer Marker TiO2) in der Regel auf Einzeltierbasis bestimmt wurden. Als Marker für die Quantifizierung der Retentionszeiten wurden für die Partikelfraktion Chromgebeizte Fasern (1-2 mm) und für die flüssige Fraktion Co-EDTA in Einmaldosis an die Tiere verfüttert. Die Bestimmung der Kotpartikelgrösse erfolgte über Nassiebung und anschliessende Berechnung des Modulus of Fineness (MOF).

Für die Futteraufnahmen zeigten sich in dieser Studie für die Spitzmaulnashörner Werte von 15.4 ± 2.5 kg TS/Tag und bei den Breitmaulnashörnern von durchschnittlich 21.7 ± 4.3 kgTS/Tag. Umgerechnet auf das metabolische Körpergewicht der Tiere ergeben sich daraus 73 ± 10 [g TS/kg LM0.75] für die Spitzmaulnahörner und 68 ± 13 [g TS/kg LM0.75] bei den Breitmaulnashörnern (nicht signifikant). Die ERmittlung der scheinbaren Verdaulichkeiten der organischen Substanz bei den Nashörnern dieser Studie ergab Werte von 51 ± 8% für die Spitzmaulnashörner und 55 ± 10% für die Breitmaulnashörner (nicht signifikant). Bei den mittleren Retentionszeiten der Partikelphase haben sich Zeiten von 39 ± 4 Stunden bei den Spitzmaulnashörnern und 43 ± 5 Stunden bei den Breitmaulnashörnern ergeben (p=0.176), für die Flüssigkeitsphase waren es 34 ± 4 Stunden für die Spitzmaulnashörner und 28 ± 4 Stunden für die Breitmaulnashörner (p=0.108). Für das Spitzmaulnashorn wurde ein Selektivitäts-Koeffizient von 1.2 ± 0.1 ermittelt, für das Breitmaulnashorn 1.6 ± 0.2. Die statistische Auswertung ergab einen signifikanten Unterschied (p=0.013). Bei den Siebanalysen des Kots der Tiere hat sich ergeben, dass bei gleichem Futter die Breitmaulnashörner im Mittel grössere Partikel in ihrem Kot aufweisen (MOF 7.02 ± 0.13) als Spitzmaulnashörner (MOF 6.61 ± 0.29). Auch hier wurde ein signifikanter Unterschied ermittelt (p=0.046).
Gras und Laub unterscheiden sich in Zusammensetzung und Fermentationsverhalten. Daraus ergaben sich die beschriebenen Unterschiede zwischen Laub und Gras fressenden Wiederkäuern. Auf dieser Basis wurde erwartet, dass beim Laubfresser Spitzmaulnashorn eine höhere Futteraufnahme (bezogen auf das metabolische Körpergewicht), eine niedrigere Verdaulichkeit, eine kürzere Retetionszeit des Futter, eine niedrigerer Selektivitätskoeffizient und grössere Kotpartikel als beim Grasfresser Breitmaulnasnorn gefunden werden.

Insgesamt zeigen sich weniger grosse Unterschiede zwischen den beiden Spezies. Für die Futteraufnahme, die Verdaulichkeit der oganischen Substanz und die MRTPartikelphase sind die Unterschiede in der erwarteten Richtung, wohingegen sich für die MRTFlüssige Phase entgegen der ERwartung ein höherer Wert für das Spitzmaulnashorn ergibt. Der signifikante Unterschied der Kotpartikelgrössen wiederspricht ebenfalls der Erwartung, lässt sich aber vermutlich vor allem auf einen allometrischen Effekt zurückführen. Bei einer Korrektur um das Körpergewicht der Tiere wurde der Unterschied fast komplett reduziert.

Spitzmaulnashörner haben signifikant kleinere Selektivitäts-Koeffizienten. Evolutive Begründungen könnten zum einen ein kleineres Verhältnis von unlöslichen zu leichter löslichen Zellwandbestandteilen (Pektine bei Laub im Vergleich zu Gras) und zum anderen die schlechtere Verdaulichkeit der unlöslichen Zellwandfraktionen bei Laub sein. Dadurch würde eine Verlängerung der MRTFlüssige Phase und eine Verkürzung der MRT Partikelphase beim Spitzmaulnashorn im Vergleich zum Breitmaulnashorn einen verduungsphysiologischen Vorteil für das Spitzmaulnashorn darstellen.

 

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx