Prachtfinken und Finken

Kernbeißer

Kirschkernbeisser (Coccothraustes coccothraustes) im Zoo Augsburg Kirschkernbeisser (Coccothraustes coccothraustes) im Zoo Augsburg
Peter Bretschneider, Zoo Augsburg

Ordnung: Sperlingsvögel (PASSERIFORMES)
Unterordnung: Singvögel (OSCINES)
Familie: Finken (Fringillidae)
Unterfamilie: Stieglitzartige (Carduelinae)
Tribus: Coccothraustini

D LC 650

Kernbeißer

Coccothraustes coccothraustes • The Hawfinch • Le grosbec casse-noyaux

227 048 007 005 coccothraustes moskau KR1
Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

227 048 007 005 coccothraustes map
Approximative Verbreitung des Kerbeißers (Cocccothraustes coccothraustes). Dunkelblau: brütend, gelb: nicht-brütend

 

 

 

227 048 007 005 coccothraustes dortm tSchikora
Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) im Zoo Dortmund © Tim Schikora, Zoo Schwerin

 

 

 

227 048 007 005 coccothraustes stamps
Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) als Motiv auf Briefmarken, Belgien, Schweden

 

 

 

227 048 007 005 coccothraustes stamps2
Kernbeißer (Coccothraustes coccothraustes) als Motiv auf Briefmarken, Polen, Bulgarien

 

 

 

Weitere Bilder auf BioLib.cz

Stimme auf XENO-CANTO

Als größter einheimischer Fink und Nahrungsspezialist ist der nicht-gefährdete Kirschkernbeißer von Interesse für die Zoopädagogik. Er wird aber in europäischen Zoos nicht sehr häufig gezeigt

Körperbau und Körperfunktionen

Der Kernbeißer ist ein großer, plumper Fink. Er erreicht eine Gesamtlänge von 16-18 cm, eine Flügelspannweite von 29-33 cm und ein Gewicht von 40-72 g. Sein Schnabel ist groß und klobig, im Sommer graublau, im Winter gelblich. Das Gefieder ist am Kopf braun, an Nacken und Hals grau und an Zügel und Kinn schwarz. Die Oberseite ist dunkelbraun, die Unterseite braun. Es ist eine weiße Flügelbinde vorhanden. Die Geschlechtsunterschiede sind geringfügig [ 3; 4; 8].

Verbreitung

Paläarktis: In grossen Teilen von Europa (ausser Irland, und Nord/Mittelskandinavien), Nordafrika, Zentral- und Ostasien (bis Japan und Korea (ohne Nord- und Südasien). Die Art kommt als Brutvogel in ca. 65 Ländern oder abhängigen Gebieten vor und als Gastvogel in etwa einem weiteren Dutzend [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Kernbeißer ist ein Charaktervogel der Laubwälder, wobei er Eichen-Hagebuchenwälder bevorzugt. Er kommt aber auch in Mischwäldern, Parkanlagen und - seltener - reinen Nadelwäldern vor. In Mitteleuropa brütet er hauptsächlich in Höhenlagen bis 1'300 m, seltener bis 1'800 m. Sein dicker, hoher Kegelschnabel entwickelt beim Zubeißen gewaltige Kraft und kann sehr harte Samen und Nüsse, wie Kirschkerne, Hagebuchensamen und Bucheckern knacken (Für das Öffnen eines Kirschkerns ist ein Druck von etwa 40 kg nötig). Alfred BREHM zitiert dazu seinen Vater wie folgt: "Er beißt die Kirsche ab, befreit den Kern von dem Fleische, welches er wegwirft, knackt ihn auf, läßt die steinige Schale fallen und verschluckt den eigentlichen Kern. Dies alles geschieht in einer halben, höchstens ganzen Minute und mit so großer Gewalt, daß man das Aufknacken auf dreißig Schritte weit hören kann." [2; 5; 8; 10]

Die Brutzeit fällt auf Mitte April bis Mitte Juni. Es gibt 1-2 Jahresbruten. Das Nest wird meist auf nicht allzu hohen Laubbäumen oder Büschen gebaut. Das Gelege besteht aus 5 (2-7) bläulich-grauen bis bräunlichen, sparsam gefleckten, ca. 24.5x17.5 mm großen Eiern, die allein von der Henne, die während dieser Zeit von ihrem Partner gefüttert wird, ab dem Vollgelege während 11-13 Tagen ausgebrütet werden. Die Jungen werden von beiden Eltern versorgt und verlassen das Nest mit 10-14 Tagen [9].

Gefährdung und Schutz

Der Kernbeißer hat sowohl ein sehr weites Verbreitungsgebiet als auch eine große, auf 10-22 Millionen erwachsene Vögel geschätzte und leicht zunehmende Gesamtpopulation. Er ist deshalb nicht als gefährdet eingestuft worden (Rote Liste: LEAST CONCERN). [1].

Der internationale Handel wird durch CITES nicht geregelt. Die Art fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume. In der Vogelschutzrichtlinie der EU (2009/147/EG) ist die Art nicht erwähnt.

Situation in Mitteleuropa: In Deutschland ist der Kernbeißer eine besonders geschützte Art nach Bundesnaturschutzgesetz, in der Schweiz ist er nach Jagdgesetz geschützt. Sowohl in der Schweiz wie in Deutschland haben die Bestände seit den 1960er-Jahren zugenommen. Die Bestände werden in Deutschland auf 200-365'000, in Österreich auf 20-35'000, in der Schweiz auf 13-17'000, in Luxemburg auf 3'000-4'000 und in Liechtenstein auf 300-50 Brutpaare geschätzt [1; 7; 8].

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird gebietsweise als Sport oder zur Gewinnung von Fleisch geschossen und befindet sich laut IUCN im internationalen Tierhandel [1].

Haltung

Das Höchstalter in menschlicher Obhut wird mit 11 Jahren und 9 Monaten angegeben [4].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 20 Zoos gezeigt, von denen sich etwa ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: In Deutschland gibt das Kleinvogel-Gutachten des BML von 1996 für ein Paar Kernbeißer einen Käfig mit den Mindestmaßen 120x50x50 cm (LxBxH) vor. Für jeweils 1-2 weitere Vögel ist die Grundfläche um 25% zu erweitern. Bei der Haltung in Außenvolieren muss ein Schutzraum mit einer Grundfläche von 1 m² für bis zu 10 Vögel vorhanden sein.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2022) ist für ein Paar ein Käfig mit den Mindestmaßen 120x50x80 cm (LxBxH) erforderlich. Für jeweils 2 weitere Vögel ist die Grundfläche um 25% zu erweitern. Den Tieren sind Volieren mit natürlicher Bepflanzung von Sträuchern, Laubgehölzen und Koniferen einzurichten, was bei den vorgegebenen Käfigmaßen nicht möglich ist. Bei Schwarmhaltung ist auf ausreichende Versteckmöglichkeiten zu achten. Eine Badegelegenheit ist erforderlich. Die Vögel dürfen ganzjährig in Außenvolieren gehalten werden, sofern ihnen ein trockener und zugfreier Schutzraum oder überdachter geschützter Volierenteil zur Verfügung steht.

Gemäß Schweizerischer Tierschutzverordnung (Stand 1.2.2022) ist für bis zu 4 Finken (explizit genannt nur der Kanarienvogel) ein Käfig mit einer Grundfläche von 2'400 cm²und einer Höhe von 50 cm mit Badegelegenheit vorgeschrieben, für jedes weitere Tier ist die Fläche um 500 cm² zu erhöhen

Taxonomie und Nomenklatur

Der Kernbeißer wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Loxia coccothraustes" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Coccothraustes wurde 1760 von dem französischen Zoologen Mathurin Jacques BRISSON eingeführt. Gegenwärtig werden 6 Unterarten anerkannt. In Mitteleuropa kommt die Nominatform vor [3].

Literatur und Internetquellen

  1. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2017). Coccothraustes coccothraustes (amended version of 2016 assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T22720681A111132393. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2017-1.RLTS.T22720681A111132393.en und (2015). Coccothraustes coccothraustes. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T22720681A60288425. Downloaded on 03 February 2020.
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A. et al. (eds., 1992-2013)
  4. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  5. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  6. HEINZEL, H., FITTER, R. & PARSLOW, J. (1977)
  7. KNAUS, P., MÜLLER, C., SATTLER, T., SCHMID, H. & STREBEL, N (2019)
  8. MAUMARY, L. et al. (2007)
  9. PFORR, M. & LIMBRUNNER, A. (1991)
  10. SCHMID, H., R. LUDER, B. NAEF-DAENZER, R. GRAF & N. ZBINDEN (1998)

Zurück zu Übersicht Sperlingsvögel

Weiter zu Gimpel, Dompfaff (Pyrrhula pyrrhula)

Gelesen 19928 mal Letzte Änderung am Dienstag, 15 November 2022 16:59
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx