Antilopen

Dünengazelle

Dünengazelle (Gazella leptoceros) im Palm Desert Living Desert Zoo and Gardens Dünengazelle (Gazella leptoceros) im Palm Desert Living Desert Zoo and Gardens
© Klaus Rudloff, Berlin

BRÜberordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Gazellenartige (Antilopinae)
Tribus: Gazellen (Antilopini)

D EN 650

EEPDünengazelle

Gazella leptoceros • The Rhim Gazelle • La gazelle leptocère

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Dünengazelle (Gazella leptoceros) im Zoo Dvůr Králové © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Approximative Verbreitung der Dünengazelle (Gazella leptoceros). Rot: Unsichere Vorkommen.

 

 

 

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Dünengazellenbock (Gazella leptoceros) im Eingewöhnungsgehege, Zoo Landau © Jens-Ove Heckel, Zoo Landau

 

 

 

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Dünengazelle (Gazella leptoceros), Ricke im Zoo Dvůr Králové © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Dünengazellen (Gazella leptoceros) im Zoo Dvůr Králové © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Dünengazellen (Gazella leptoceros) im Eingewöhnungsgehege, Zoo Landau © Jens-Ove Heckel, Zoo Landau

 

 

 

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Dünengazellenbock (Gazella leptoceros) im Zoo Landau © Jens-Ove Heckel, Zoo Landau

 

 

 

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Dünengazelle (Gazella leptoceros) im Palm Desert Living Desert Zoo and Gardens © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Briefmarken mit Dünengazellen-Motiven (Gazella leptoceros), Libyen.

 

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Die Dünengazelle ist eine hochbedrohte Art mit etwas unklarem taxonomischem Status, von der es in Europa gegenwärtig (2019) nur eine einzige Haltung gibt, die aber immerhin in Nordamerika im Rahmen eines Erhaltungszuchtprogramms gefördert wird.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Dünengazelle ist mit einer Kopf-Rumpflänge von 100-110 cm, einer Schulterhöhe von 65-72 cm und einem Gewicht von 20-30 kg eine mittelgroße Gazelle mit sehr blasser, gelblich-beiger Oberseite, die von dem weißen Bauch durch einen leicht dunkleren Flankenstreifen getrennt ist. Auch die Gesichtszeichnung ist sehr blass. Die Ohren sind lang und sehr schmal. Beide Geschlechter tragen Hörner mit 20-25 deutlichen Ringen. Beim Bock sind sie 35-40 cm lang und damit deutlich länger – und auch dicker - als bei der Geiß. Der 15-20 cm lange Schwanz ist schwarz [7; 9].

Verbreitung

Nordafrika, Sahara westlich des Nils : Ägypten, Algerien, Lybien, Mali, Niger, Sudan, Tunesien. Das Areal ist stark fragmentiert [5].

Lebensraum und Lebensweise

Wie ihr Name sagt, besiedelt die Dünengazelle sandiges Gelände, Sanddünen oder Depressionen zwischen den Dünen. Ihr Lebensraum ist also weitgehend komplementär zu dem der Dorkasgazelle, die steinige Ebenen bevorzugt. Über die soziale Organisation im Freiland ist wenig bekannt. Oft werden Gruppen von einem Bock und 2-3 Ricken angetroffen. Die Nahrung besteht aus Wüstengräsern, Sukkulenten und Laub von Sträuchern. Gefressen wird meistens frühmorgens, wenn noch Tau auf der Vegetation liegt, so kommen die Tiere weitgehend ohne zu trinken aus [5; 7; 9].

Nach einer Tragzeit von 156-169 Tagen wird meistens ein einzelnes Kitz mit einem Geburtsgewicht von 1-1.8 kg gesetzt, das etwa 3 Monate lang gesäugt wird. Weibchen werden mit 5 (6-9) Monaten geschlechtsreif, Böcke mit 18 Monaten [4; 6; 7; 9].

Gefährdung und Schutz

Die Bestände der Dünengazelle nehmen ab. Es wird vermutet, dass es in der Natur nur noch 250 erwachsene Dünengazellen gibt. Aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 wird die Art  als stark gefährdet taxiert (Rote Liste: ENDANGERED), für die wohl eher zutreffende Klassierung als "unmittelbar vom Aussterben bedroht" fehlen präzise Daten [5].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang I eingeschränkt. Zudem ist die Einfuhr lebender Tiere aus den Ursprungsländern wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen.

Die Art ist ferner nach Anhang I des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten geschützt und unterliegt in diesem Rahmen einem "CMS Sahelo-Saharan Antelopes Action Plan".

Bedeutung für den Menschen

Die Dünengazelle ist - oder eher war - ein beliebtes Jagdwild der loklen Bevölkerung und arabischer Jagdtouristen, die den Tieren oft mit Motorfahrzeugen und Beizvögeln nachstellten [6].

1999 wurden zwei als Wildfänge deklarierte Tiere von Belgien nach Tschechien ausgeführt. Im Zeitraum von 1977-2017 wurden weltweit bei der Ausfuhr 165 Nachzuchttiere registriert. Davon 96 von den Vereinigten Arabischen Emiraten und 62 von den USA. Die wichtigsten Einfuhrländer waren die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Katar [3].

Haltung

Eine Gemeinschaftshaltung z.B. mit Dromedaren ist möglich. Böcke sind untereinander und bisweilen auch gegenüber anderen Mitbewohnern des Geheges unverträglich.

Seit 1992 gibt es ein Internationales Zuchtbuch (ISB), das in The Living Desert in Kaliforniern geführt wird. Dieses umfasste im Dezember 2016 100 lebende Individuen in 13 Einrichtungen [IZY 52].

Als Altersrekord gibt WEIGL für ein im San Diego Wild Animal Park geborenes und später in Palm Desert gehaltenes Weibchen 14 Jahre und 7 Monate an [8].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art war in Europa stets selten. Tiere der Nominatform (Gazella l. leptoceros) werden gegenwärtig (2020) nur im Dierenpark Planckendael in Belgien gehalten. Die Ausgangstiere wurden ursprünglich aus den USA eingeführt. Dort betreibt der Amerikanische Zoo- und Aquarienverband ein Erhaltungszuchtprogramm, das 2013 total 57 (21.36) Individuen in 7 Zoos umfasste. Die europäische Erstzucht gelang 1965 im Zoo Hannover. Von 2013-18 wurde die Art im Zoo Landau gehalten. Für Details siehe Zootierliste [2].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 200 m² zur Verfügung stehen. Für jedes weitere Tier kommen 20 m² zur Basisfläche dazu. Zudem wird ein Stall von etwa 3 m²/Tier vorgegeben.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 10 Tieren ein Gehege mit Trenn- oder Absperrmöglichkeit vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 40 m² zur Basisfläche dazu. Ferner ist ein Stall mit einer Fläche von 4 m²/Tier erforderlich.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-5 Tiere ein Außengehege von 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Zudem ist ein beheizter Stall mit einem Mindestausmaß von 4 m² pro Tier mit einer Mindesttemperatur von 10°C vorgeschrieben. Die Haltung hat in Gruppen mit einem erwachsenen Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs zu erfolgen.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Dünengazelle wurde erstmals 1842 vom französischen Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges CUVIER, im erst nach seinem Tod erschienen vierten Band seines Werks "Histoire naturelle des mammifères" als "Antilope leptoceros" beschrieben. Später kam sie in die 1816 vom französischen Zoologen Henri Marie Ducrotay de BLAINVILLE für die Dorkasgazelle aufgestellte Gattung Gazella. Von manchen Autoren werden zwei Unterarten differenziert, für die aber eine molekulargenetische Bestätigung noch aussteht: die Nominatform findet sich in Trockensavannen mit Schirmakazien (Acacia tortilis raddiana) sowie in der Umgebung von Oasen und in Depressionen zwischen den Dünen, die Unterart loderi in den Sanddünen der Ergs.

Das Verhältnis zu verwandten Arten ist ebenfalls nicht geklärt: Die Dünengazelle wurde schon gemeinsam mit der Kropfgazelle in eine Untergattung Trachelocele gestellt. Eine andere Analyse kam zum Schluss, dass sie eine Schwesterart der Cuviergazelle (Gazella cuvieri) sei, und schließlich wurde auch vorgeschlagen, sie und die Sandgazelle (Gazella marica) als Unterarten von Gazella cuvieri einzustufen. Bis sich die Taxonomen geeinigt haben, ist das Taxon wohl ausgestorben ... [1; 4; 5; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. BEUDELS, R.C. et al. (2005)
  2. BRO-JØRGENSEN, J. & MALLON, D. P. (eds. 2016)
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. GROVES, C.P. & GRUBB, P. (2011)
  5. IUCN SSC Antelope Specialist Group (2016). Gazella leptoceros. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T8972A50186909. http://www.iucnredlist.org/details/8972/0. Downloaded on 14 June 2018.
  6. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  7. ULTIMATE UNGULATE
  8. WEIGL, R. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Gelesen 17433 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 30 August 2023 15:57
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx