Antilopen

Weißschwanzgnu

Weißschwanzgnu (Connochaetes gnou) aus umgesiedelter Population im Midmar-Naturschutzgebiet, Kwazulu-Natal Weißschwanzgnu (Connochaetes gnou) aus umgesiedelter Population im Midmar-Naturschutzgebiet, Kwazulu-Natal
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Kuhantilopen (Alcelaphinae)

D LC 650

Weißschwanzgnu

Connochaetes gnou • The Black Wildebeest • Le gnou à queue blanche

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Weißschwanzgnus (Connochaetes gnou) im Zoo Pretoria © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Weißschwanzgnus (Connochaetes gnou)

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Weißschwanzgnus (Connochaetes gnou) im Zoo Dvůr Králové © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Schlafendes Weißschwanzgnu (Connochaetes gnou) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Weißschwanzgnus (Connochaetes gnou) im Zoo Dvůr Králové © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Weißschwanzgnus (Connochaetes gnou) im Zoo von Pretoria © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißschwanzgnus (Connochaetes gnou) im Zoo Zürich © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißschwanzgnus (Connochaetes gnou) in der Akklimatisationsstation der Nationalparkbehörde von Kwazulu-Natal © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gemeinschaftshaltung von Weißschwanzgnus (Connochaetes gnou) und Hartmannzebras (Equus zebra hartmannae) , früher im Zoo Zürich © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Weißschwanzgnus (Connochaetes gnou) aus: W. Cornwallis-Harris (1840)

 

 

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Weißschwanzgnu (Connochaetes gnou) aus Brehms Thierleben, 1883

 

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Briefmarke mit Weißschwanzgnu-Motiv, Südafrika

 

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Briefmarke mit Weißschwanzgnu-Motiv, Südafrika

 

Weitere Bilder auf BioLib.cz

Durch seine groteske Gestalt erregt das Weißschwanzgnu die Aufmerksamkeit des Publikums, zudem ist es eine Tierart, die am Rand der Ausrottung stand, durch Schutz und vernünftiges Management gerettet werden konnte und heute ein wirtschaftlich relevantes Element für Tourismus und Wildfarmen im südlichen Afrika darstellt. Er bietet also ausgiebig Stoff, um im Zooschulunterricht Natur- und Artenschutzstrategien zu diskutieren. Es wird allerdings in europäischen Zoos nicht häufig gehalten und ist im deutschsprachigen Raum gar nicht mehr zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einer Kopf-Rumpflänge von 170-220 cm und einer Schulterhöhe von 106-121 cm ist das Weißschwanzgnu die kleinere der beiden Gnu-Arten. Der Größenunterschied zwischen den Geschlechtern ist minim, Bullen sind aber mit einem Gewicht von 126-161 kg kräftiger gebaut als die Kühe, die nur 110-130 kg wiegen. Der Pferdeschweif wird mit Haaren etwa 80-100 cm lang. Beide Geschlechter haben nach vorne gebogene Hörner, lange, borstige Haare auf dem Nasenrücken, einen Kehlbart, eine Stehmähne und ein dunkelbraunes Fell, das bei älteren Bullen fast schwarz ist. Schweif und Stehmähne haben weiße Haare [6; 4; 9].

Die von BREHM [1] verwendete Bezeichnung "absonderlich" für die Gestalt des Weißschwanzgnus trifft den Nagel auf den Kopf: "Wohl die auffälligsten aller Antilopen sind die Gnus (Catoblepas), höchst absonderliche Wiederkäuer, Mittelglieder, falls man so sagen darf, zwischen Antilope, Rind und Pferd, wahre Zerrbilder der edlen und zierlichen Gestalten ihrer Familie. Man bleibt im Zweifel, welches Geschöpf man eigentlich vor sich hat, wenn man ein Gnu zum erstenmale ansieht. Das Thier erscheint als ein Pferd mit gespaltenen Hufen und einem Stierkopfe, und es beweist durch sein Betragen, daß sein ganzes Wesen mit dieser Zwittergestalt bestens im Einklange steht. Unmöglich kann man das Gnu ein schönes Thier nennen, so zierlich auch der Bau mancher einzelnen Theile sein mag...."

Verbreitung

Südliches Afrika : Südafrika im Nord- und Ostkap, dem Oranje-Freistaat und dem Süden des ehemaligen Transvaals, wiedereingeführt in Lesotho und Swasiland, eingeführt in Botswana und Namibia sowie in Regionen Südafrikas außerhalb des natürlichen Areals [7].

Lebensraum und Lebensweise

Das Weißschwanzgnu besiedelt die offenen Grasflächen des Highvelds und die mit kleinen Büschen bestandene Namakaroo in Höhenlagen von 1'350-2'150 m. Es ist ein selektiver Kurzgrasäser, das vorwiegend Gräser der Gattungen Sporobolus, Themeda und Cynodon nutzt. Wird das Gras knapp, wird Laub von Karoo-Büschen gefressen. Meistens 11-32 Kühe bilden eine hierarchisch organisierte Herde, die in guten Weidegründen ein Streifgebiet von etwa 100 ha benötigt. Die Bullen sind ganzjährig territorial und stehen 180-1'000 m auseinander. Überzählige Bullen finden sich zu Junggesellenverbänden zusammen.

Die Brunft fällt hauptsächlich auf die Monate März-April. Nach einer Tragzeit von 252 (239-262) Tagen kommt jeweils ein einzelnes Kalb zu Welt. Die Geburt findet in der Herde statt. Das Neugeborene kann schon nach wenigen Minuten stehen. Innerhalb der Herde bilden die Kälber Kindergärten. Mit einem Monat beginnen sie zu grasen, werden aber noch gesäugt bis sie 6-9 Monate alt sind. Jungbullen werden mit 2-3 Jahren geschlechtsreif und können sich mit 4 Jahren ein Territorium erobern. Die meisten Kühe sind 16 Monate alt, wenn sie erstmals erfolgreich gedeckt werden [4; 5; 6; 9].

Gefährdung und Schutz

"De jagt van de wilde beest" war ein Lieblingssport der Buren [2]. Als Folge dieser nicht nachhaltigen Jagd und der Umwandlung der Highveld-Grassteppe in Landwirtschaftsland waren die zuvor Hunderttausende von Individuen zählenden Wanderherden zu Ende des 19. Jahrhunderts verschwunden. Übrig geblieben waren schätzungsweise 550 Tiere, die auf zwei Farmen gehegt wurden [4]. Im Schutz von Provinzreservaten des Oranje-Freistaats (hauptsächlich Tussen-die-Riviere, Verwoerd Dam, Willem Pretorius, Soetdoring), des Transvaals (Suikerbosrand, S.A. Lombard), der Kapprovinz (Oviston), des Golden Gate Nationalparks und privater Farmen vermehrte sich der Bestand bis Mitte der 1980er Jahre auf gut 8'000 Tiere [3]. 2003 konnte die Art dann aus der "VULNERABLE"-Kategorie der Roten Liste entlassen werden und galt nicht mehr als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN). Der Bestand umfasst mittlerweile über 18'000 Tiere, davon 11'000 im natürlichen Artareal, und nimmt zu [7].

Der internationale Handel ist nicht durch CITES geregelt. Die Einfuhr lebender Tiere aus den Ursprungsländern ist wegen der restriktiven Veterinärbestimmungen der EU so gut wie ausgeschlossen.

Bedeutung für den Menschen

Weißschwanzgnus werden für Phototourismus, Trophäen- oder Fleischjagd genutzt und sind in Südafrika eine wesentliche Komponente des nationalen Lebendwildhandels. In Namibia werden rund 7'000 Weißschwanzgnus für diese Zwecke auf eingezäuntem Farmland gehalten [7].

Haltung

Weißschwanzgnus werden gelegentlich auf "Afrika"-Anlagen gemeinsam mit Breitmaulnashörnern, Hartmann- oder Steppenzebras und mit anderen Antilopen gehalten. Bullen können mitunter aggressiv sein und es besteht das Risiko, dass sie andere Tiere forkeln.

Das Höchstalter wird von WEIGL mit 21 Jahren und 8 Monaten für ein im Oklahoma Zoo gehaltenes weibliches Tier angegeben [8].

Haltung in europäischen Zoos: Im deutschsprachigen Raum hatten alle Zoos die Haltung von Weißschwanzgnus aufgegeben, als letzter der Zoo Berlin im Jahr 2002, erst 2020 schaffte der Serengetipark Hodenhagen die Art wieder an. Im übrigen Europa ist die Art in gegen 30 Zoos vertreten. Für Details siehe Zootierliste. Die deutsche Erstzucht gelang dem Zoo Hannover im Jahr 1894; im selben Jahr wurde die Art erstmals auch in London nachgezogen. Innerhalb eines Jahrzehnts hat der durch die EAZA erfasste Bestand um rund 25% abgenommen [10].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen. Für jedes weitere Tier kommen 30 m² zur Basisfläche dazu. Zudem wird ein Stall von 4-5 m²/Tier vorgegeben. Die Stalltemperatur soll mindestens 10ºC betragen. Dazu ist festzustellen, dass die mittlere Mindesttemperatur in Bloemfontein, also mitten im Artareal des Weißschwanzgnus, von Mitte April bis Ende Oktober unter 10ºC, von Mitte Mai bis Ende August sogar unter dem Gefrierpunkt liegt.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege mit Trenn- oder Absperrmöglichkeit vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisfläche dazu. Ferner ist ein Stall mit einer Fläche von 8 m²/Tier erforderlich.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für 1-5 Tiere ein Außengehege von 800 m² erforderlich, für jedes weitere 80 m² mehr. Zudem ist ein beheizter Stall mit einem Mindestausmaß von 5 m² pro Tier mit einer Mindesttemperatur von 10°C vorgeschrieben. Die Haltung hat in Gruppen mit einem erwachsenen Männchen, mehreren Weibchen und deren Nachwuchs zu erfolgen.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Weißschwanzgnu wurde 1780 von dem Braunschweiger Naturkundeprofessor Eberhardt August Wilhelm von ZIMMERMANN unter dem Namen "Antilope gnou" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Connochaetes wurde 1812 von Martin Hinrich Carl LICHTENSTEIN, dem ersten Direktor des Berliner Zoologischen Gartens, vergeben. Es gibt keine Unterarten [9].

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. CORNWALLIS HARRIS, W. (1840)
  3. EAST, R. (1989)
  4. MILLS, G & HES, L. (1999)
  5. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  6. SMITHERS, R. H. N. (1983)
  7. VRAHIMIS, S.et al. (2017). Connochaetes gnou. The IUCN Red List of Threatened Species 2017: e.T5228A50184962. http://www.iucnredlist.org/details/5228/0. Downloaded on 13 June 2018.
  8. WEIGL, R. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  10. HOFMAN, S. et al. (eds., 2022). Regional Collection Plan for the EAZA Antelope and Giraffid Taxon Advisory Group –First edition. EAZA Executive Office, Amsterdam.

SAF-07-05-08 weissschwanzgnu maria moroka
Weißschwanzgnu (Connochaetes gnou) im natürlichen Lebensraum. Maria-Moroka-Naturschutzgebiet, Oranje-Freistaat, Südafrika © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gelesen 16308 mal Letzte Änderung am Dienstag, 28 Februar 2023 09:43
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