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DUBE, A. (2013)

Visual and tactile communication of a captive hamadryas baboon group (Papio hamadryas hamadryas) with special regard to their intentionality.

Dr. rer. nat. Dissertation

148 Seiten

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Naturwissenschaftliche Fakultät I, Biowissenschaften
Betreuer: Prof. Dr. Michael Tomasello, Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie Leipzig
Zoo Leipzig

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Zusammenfassung:

Diese Arbeit hatte zum Ziel, die visuelle und taktile Kommunikation einer zoolebenden Mantelpaviangruppe (Papio hamadryas hamadryas) zu untersuchen. Der Schwerpunkt lag dabei auf dem Grad der Intentionalität der Signale, welcher sich durch Flexibilität im Gebrauch der Signale und der Beachtung des Zustandes des Empfängers auszeichnet.

26 verschiedene visuelle und taktile Signale (und fünf idiosynkratische Signale) wurden analysiert. Einige von ihnen wie eyebrow raising/Augenbrauen hochziehen und relaxed open mouth/entspannter offener Mund sind generell sehr häufig in der Gruppe der Cercopithecinae.

Zwei Signale, poking/leichtes Anstupsen and eyebrow raising/Augenbrauen hochziehen, wurden bei allen Fokustieren gesehen. Es gab eine große Anzahl von Signalen mit einem breiten Spektrum an Nutzern durch alle Alters- und Geschlechtsklassen hindurch (z. B. lipsmacking/Lippenschmatzen und stiff threat/Bodenschlag). Andere schienen auf spezielle Gruppen beschränkt zu sein (z. B. rolling on ground/Rollen auf dem Boden, jumping in the air/in die Luft springen oder jumping on back/über ein Tier springen auf Tiere bis zum subadulten Alter; displaying/imponieren auf männliche Paviane).
Fast die Hälfte (44,4 %) aller beobachteten Signale waren reine visuelle Signale.

Kein Pavian zeigte alle der 26 unterschiedlichen Signale. Im Mittel benutzte ein Fokustier mit 14 davon etwa die Hälfte aller unterschiedlichen Signale (53,8 %). Die höchste Anzahl (18 Signale bzw. 69,2 %) wurde in den subadulten Pavianen registriert. Tendenziell setzten Männchen mehr unterschiedliche Signale ein als Weibchen.

Im Mittel zeigte ein Fokustier 0,36 Signale in der Minute. Die Altersgruppe der Subadulten wies die höchste Anzahl von Signalen pro Minute auf. Männchen verwendeten mehr Signale pro Minute als Weibchen. Die höchste individuelle Signalfrequenz wurde beim dominanten Männchen (Haremsführer) festgestellt.

Die Frequenzen für einige der Signale (Anzahl pro Stunde, Median über die 14 Fokustiere) lauteten wie folgt: eyebrow raising/Augenbrauen hochziehen 3,9; enlisting/Hilfe suchen 0,9; lowering body/Körper absenken 0,4; relaxed open mouth/entspannter offener Mund 1,8; head shaking/Kopf schütteln 0,2; threat mouth/Drohmund 0,6; chasing/verfolgen 0,4; stiff threat/Bodenschlag 1,6; lipsmacking/Lippenschmatzen 0,6; presenting/Präsentieren 1,6; poking/leichtes Anstupsen 2,7; mounting/aufreiten 0,4; und pulling on/ziehen an 0,1.

19 Signale wurden in gleichzeitigen Kombinationen verwendet, das am häufigsten kombinierte Signal war eyebrow raising/Augenbrauen hochziehen. 27 verschiedene Kombinationen (sowie zehn idiosynkratische Kombinationen) wurden registriert (25 doppelte und zwei dreifache), am häufigsten kam eyebrow raising + stiff threat/Augenbrauen hochziehen + Bodenschlag vor. Sehr gebräuchlich war es, ein „visuelles Signal“ mit einem „visuellen Signal, welches möglicherweise ein Geräusch erzeugt“ zu kombinieren. Ein Fokustier verwendete im Durchschnitt 1,65 Kombinationen in der Stunde. Es war der Trend erkennbar, dass Weibchen weniger Kombinationen pro Stunde aufwiesen als Männchen.

Es gab mehr kommunikative Ereignisse ohne Blickkontakt zwischen Sender und Empfänger als mit.

Die Analyse des Abstandes zwischen den Partnern ergab, dass über 80 % der registrierten Kommunikation stattfand, wenn Sender und Empfänger weniger als einen halben Meter voneinander entfernt waren. Rund 13 % ereigneten sich in einem Abstand von einem halben und einem Meter.

„Visuelle Signale“ wurden signifikant häufiger gegeben, wenn sich der Empfänger in einem aufmerksamen Zustand befand als in einem unaufmerksamen. Das bedeutet, dass ein „visuelles Signal“ anscheinend die Aufmerksamkeit des Empfängers erfordert und dass der Sender den Aufmerksamkeitsstatus des Empfängers berücksichtigt, wenn er kommunizieren will. Die Daten zeigen weiterhin, dass ein „visuelles Signal, welches möglicherweise ein Geräusch erzeugt“ und ein „visuelles Signal, welches oft mit Berührung verbunden ist“ ebenfalls die Aufmerksamkeit des Empfängers erfordern und häufiger verwendet werden, wenn der Empfänger aufmerksam ist. Dagegen zeigte sich kein Unterschied für „taktile Signale“, so dass vermutet wird, dass die Aufmerksamkeit des Empfängers für taktile Signale nicht notwendig ist.

Generell gab es mehr Ereignisse, in denen der Empfänger eine Reaktion auf ein gegebenes Signal zeigte, als ohne jegliche Reaktion. Über drei Viertel aller analysierten Einzelsignale lösten eine Antwort aus.

Zehn Signale wurden in mehr als einem Kontext registriert, fünf Signale wurden in mehr als zwei Kontexten verwendet. Als besonders flexibel erwiesen sich poking/leichtes Anstupsen und presenting/präsentieren. Die Paviane nutzen auch verschiedene Signale für einen Kontext (z. B. für Spiel).

Es sollte berücksichtigt werden, dass in der vorliegenden Studie nur eine kleine Anzahl von Fokustieren pro Altersgruppe beobachtet wurde und daher ein Einfluss durch individuelle Unterschiede nicht ausgeschlossen werden kann. Zudem stellen einige Ergebnisse nur Trends dar. Dennoch können die folgenden Aussagen getroffen werden.

Die beobachtete Mantelpaviangruppe zeigte sowohl Flexibilität im Signalgebrauch als auch hinsichtlich der Beachtung des Aufmerksamkeitsstatus’ des Empfängers. Einige Signale wurden nur bei jungen Pavianen registriert und andere nur bei älteren, und einige waren typisch für ein Geschlecht. Eine Anzahl von Signalen wurden für mehr als einen Kontext verwendet und für jeden Kontext wurden mehrere verschiedene Signale eingesetzt (die Kontextanalyse war in dieser Studie allerdings sehr grob).
Es kann festgestellt werden, dass Mantelpaviane eine große Anzahl visueller und taktiler Signale freiwillig und absichtlich verwenden. Sie benötigen diese, um Gruppenmitglieder zu manipulieren und ihren Platz in der Hierarchie zu erobern bzw. zu festigen. Die Daten deuten darauf hin, dass nicht nur Menschenaffen sondern auch Tieraffen zur intentionalen Kommunikation fähig sind.

Abstract

The goal of this dissertation was to investigate the visual and tactile communication of a group of captive hamadryas baboons (Papio hamadryas hamadryas) and the intentionality of the signals expressed by flexibility of signal use and audience effects.

26 different visual and tactile signals (and five idiosyncratic signals) were analysed. Some of them such as eyebrow raising and relaxed open mouth are very frequently observed in the Cercopithecinae.

Two signals, poking and eyebrow raising, were observed in all focal animals. Furthermore, many signals were used by a broad range of baboons across all age and sex classes (e.g. lipsmacking or stiff threat). Other signals seemed to be restricted to specific groups (e.g. rolling on ground, jumping in the air as well as jumping on back to animals up to subadults, and displaying to males).
Nearly half (44.4%) of all observed signals were purely visual signals.

No baboon showed all of the 26 different signals. On average, a focal animal with 14 used approximately half of the different signals (53.8%). The highest number (18 signals/69.2%) was registered in the subadult baboons. Males tended to perform more different signals than females.

On average, a focal animal showed 0.36 signals per minute. The age class of subadults performed the highest number of signals per minute. Males used more signals per minute than females. The highest individual signal frequency was found in the harem leader.

The frequencies (median for 14 focal animals, in times per hour) for particular signals were as follows: eyebrow raising 3.9, poking 2.7, relaxed open mouth 1.8, presenting 1.6, stiff threat 1.6, enlisting 0.9, lipsmacking 0.6, threat mouth 0.6, chasing 0.4, lowering body 0.4, mounting 0.4, head shaking 0.2 and pulling on 0.1.

19 signals were used in simultaneous combinations. The most frequently combined signal was eyebrow raising. 27 different combinations (and ten idiosyncratic combinations) were recorded (25 double and two triple), the most common was eyebrow raising + stiff threat. The most frequently combined signal types were “visual signal” and “visual signal possibly making some noise”. On average, a focal animal performed 1.65 combinations per hour. Females tended to use fewer combinations per hour than males.

There were more communicative events without gaze contact between sender and recipient than events with gaze contact.

The analysis of the distance between sender and recipient showed that over 80% of all observed communicative events took place when sender and recipient were positioned within less than half a meter from each other. Roughly 13% of events occurred when the individuals were positioned between 0.5 to 1 meter from each other.

“Visual signals” were given significantly more frequently when the recipient was in an attentive state than when in an inattentive state. This suggests that a “visual signal” demanded the attention of the recipient and that the sender when communicating took into account the recipient’s attentional state. The data further suggest that “visual signal possibly making some noise” and “visual signal often combined with touching” demanded the recipient’s attention as well, since were used more often towards an attentive recipient. There was, however, no preference for an attentive recipient when “tactile signals” were used. Therefore, it can be assumed that the attention of the recipient is not essential for perceiving tactile signals.

In general, in the majority of events, the recipients showed a reaction to the given signal. About three quarters of all analysed single signals elicited a response.

Ten signals were observed in more than one context, five signals in more than two contexts. Poking and presenting were used especially flexibly (five and four contexts). Moreover, the baboons used different signals for one context (e.g. for play).

It is important to note that the number of focal animals in each age and sex group was limited in the present study. The influence of individual differences hence cannot be ruled out. Moreover, some results reported throughout this study were merely tendencies. Nevertheless, the following conclusions can be drawn.

The captive hamadryas baboons in this study showed flexibility in signal usage as well as sensitivity to the attentional state of the recipient. Some signals were age- and/or sex-specific. Several signals were used in more than one context, and for every context there were several signals.
It can be stated that hamadryas baboons have many visual and tactile signals being used voluntarily and intentionally. They need these signals to manipulate group members and to achieve or maintain their place in the hierarchy.
Finally, these data suggest that not only apes but also monkeys are able to communicate intentionally.

 

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx