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DUBE, A. (1997)

Vergleichende Verhaltensbeobachtungen an paarweise gehaltenen Schimpansen (Pan troglodytes) und einer Schimpansengruppe unter besonderer Berücksichtigung von Verhaltensabweichungen.

Diplomarbeit

108 Seiten

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Fachbereich Biologie, Institut für Zoologie
Betreuer: Prof. Dr. habil. R. Gattermann
Zoo Halle, Zoo Wuppertal, Zoo Frankfurt, Zoo Krefeld

Voller Text

Zusammenfassung:

In dieser Arbeit wurden sechs paarweise gehaltene (Zoologische Gärten Halle, Wuppertal und Frankfurt) und vier in einer Gruppe lebende Schimpansen (Zoologischer Garten Krefeld) beobachtet und untersucht, welche Verhaltensmuster die Tiere zeigten, welches Verhältnis sie zueinander hatten, wie fortbewegungsfreudig sie waren und wie sie die Gehege nutzten. Der Schwerpunkt der Beobachtungen lag dabei auf Verhaltensabweichungen.

Die Datenaufnahme erfolgte nach den Methoden focal sampling und continuous recording. Dabei wurden die Verhaltensabläufe auf einem Diktiergerät aufgezeichnet und später in das Beobachtungsprogramm THE OBSERVER eingegeben. Für die Auswertung wurden die tageszeitlichen Verläufe der Verhaltensweisen, die Gesamtmittelwerte sowie die Ortspräferenzen für jedes Tier ermittelt. Außerdem wurden die Verhaltensweisen in sechs Kategorien - stationäres Verhalten, Fortbewegung, Nahrungsaufnahme, Beschäftigung mit dem eigenen Körper, Beschäftigung mit Objekten und Sozialkontakte - zusammengefaßt, um die Schimpansen besser vergleichen zu können.

  • Für die Kategorien ‘Fortbewegung’ und ‘stationäres Verhalten’ ergaben sich zwischen Paarhaltungen und Gruppentieren keine signifikanten Unterschiede.
  • Nahrungsaufnahme und Beschäftigung mit Objekten konnten aufgrund der unterschiedlichen Haltungsbedingungen in jedem Zoo nur bedingt verglichen werden.
  • Als Verhaltensabweichungen in der Kategorie ‘Beschäftigung mit dem eigenen Körper’ wurden in den Paarhaltungen quantitativ und qualitativ abweichende Mundbewegungen und Autogrooming, stereotype Bewegungen des gesamten Körpers, der Lippen, des Kopfes und der Finger sowie sexuelle Ersatzhandlungen beschrieben. Bei drei Paartieren und vielen der Gruppentiere trat außerdem Koprophagie auf. Insgesamt beschäftigten sich die Tiere in den Paarhaltungen signifikant mehr mit dem eigenen Körper als die Gruppentiere. Mögliche Ursachen für diese Deviationen könnten der Mangel an Manipulationsobjekten und ein Überschuß an Zeit durch das ‘bequeme’ Leben im Zoo, die Aufzucht unter Erfahrungsentzug, die fehlende Vielfalt sozialer Kontakte durch zu wenige Sozialpartner sowie auch das enge Zusammenleben ohne Rückzugsmöglichkeiten sein.
  • Die paarweise gehaltenen Schimpansen hatten signifikant weniger Sozialkontakte als die Gruppentiere, welchen mehr Interaktionspartner zur Verfügung standen. Wurden nur die Kontakte der Gruppenfokustiere untereinander betrachtet, verbrachten diese durchschnittlich gleich viel Zeit miteinander wie die Paare, und wurden nur die Interaktionen zwischen dem Männchen und dem Durchschnitt der Weibchen berücksichtigt, lag dieser Wert unter dem der Paare. Vermutlich kompensierten die zu zweit gehaltenen Individuen den Mangel an Sozialpartnern durch verstärktes Interagieren mit dem einzigen zur Verfügung stehenden Partner. Nur eines der drei Paare hatte ein sehr distanziertes Verhältnis zueinander.
  • Bei zwei der Schimpansenpaare wurden keine Kopulationen registriert, in diesen Haltungen wurde ebenfalls nur schwaches agonistisches Verhalten beobachtet.

Als Ursachen für die Abweichungen im Sozialverhalten wurden vor allem die fehlenden sozialen und sexuellen Erfahrungen, die mit der Handaufzucht verbundene mögliche Orientierung auf den Menschen sowie mangelnde Sympathie der Tiere füreinander und das geschwisterähnliche Aufwachsen diskutiert.

 

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx