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PRINZ, J. (2009)

Untersuchungen zum Spielverhalten des Gehaubten Kapuziners (Cebus apella) in artifizieller Haltung.

Dissertation

161 Seiten, Abbildungen, Tabellen

Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Betreuer: Prof. Dr. Günther Hartl) und
Zoologischer Garten Schwerin (Direktor: Dipl.-Biol. Michael Schneider)

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Zusammenfassung

In einer Langzeituntersuchung (2005 – 2008 / Pilotstudie) wurde das Spielverhalten Gehaubter Kapuzineraffen (Cebus apella) an einer über eine Zeitspanne von mehr als zehn Jahren homogen gewachsenen, kopfstarken (30 Tiere) und sozial stabilen Focusgruppe im Zoo Schwerin im Rahmen der vorliegenden Schrift systematisch untersucht.

Cebus apella zeigt Spielverhalten im Sinne der wissenschaftlichen Definition. Bereits vorliegende Daten zum Spiel von Cebus apella in Laborhaltung weichen zum Teil signifikant von den im Rahmen vorliegender Untersuchung ermittelten Werten ab. Auf der Grundlage von Beobachtungen an der Focusgruppe im Zoo Schwerin wurde das bisher lückenhaft dokumentierte Spiel von Cebus apella durch Aufzeigen des Spielrepertoires, Kategorisierung der Spielelemente (27 Spielkategorien und 52 Varianten) und deren statistische Verifikation neu definiert und in drei Teilbereiche gegliedert: Solitärspiel, Sozialspiel und Objektspiel. Es muss zwischen Auftreten und Ausprägung des Spiels unterschieden werden. Das Auftreten von Spiel ist bei Gehaubten Kapuzineraffen abhängig von verschiedenen Faktoren: Der Anwesenheit eines dominanten männlichen Gruppenoberhauptes, einer stabilen Sozialstruktur und klaren Rangverhältnissen. Sozialspiel ist zudem abhängig vom Vorhandensein juveniler resp. subadulter Tiere. Darüber hinaus ist die Ausprägung von Spiel abhängig vom beweglichen Gehegeinventar, von der Strukturierung des artifiziellen Lebensraumes sowie von einer ausreichenden verfügbaren Raumgröße. Es besteht eine statistisch nachweisbare Abhängigkeit der Spieldauer von mehreren Faktoren (Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sozialgruppe, Zusammensetzung der Spielgruppe, Alter des spielenden Tieres und Spielkategorie).

Zudem ist die Spielbeteiligung abhängig vom Alter des spielenden Tieres und steigt in folgender Reihenfolge: adult, juvenil, subadult. Juvenile und subadulte Kapuzineraffen zeigen zwar ein ähnliches Spielrepertoire wie adulte Gruppenmitglieder, die Häufigkeit der Ausführung unterscheidet sich jedoch. Junge Tiere sind häufiger am Sozialspiel beteiligt als adulte Tiere, was möglicherweise von hoher Bedeutung für die Entwicklung der Bewegungsfähigkeit, der intraspezifischen Kommunikation (Mimik) sowie der Festigung sozialer Bindungen ist. Jungtiere beteiligen sich hingegen selten an Aktionen, welche ein großes Maß an Koordinationsfähigkeit verlangen. Die Ergebnisse legen nahe, dass das Spiel juveniler Kapuziner vor einem gefahrenpräventiven Hintergrund ausgeführt wird.Dem Spiel des Gehaubten Kapuzineraffen kann ein potentieller Selektionswert in einem vorhandenen Zukunftsbezug zugeschrieben werden.

Die Ergebnisse vorliegender Studie stützen die Annahme, dass „Spiel“ die Stabilität sozialer Bindungen fördert und legen nahe, dass umgekehrt Spielverhalten als Indikator für funktionierende Gruppenmechanismen angesehen werden kann. Darüber hinaus zeigen die Resultate, dass die Trainingshypothese des Spiels für Cebus apella angenommen werden kann. Auf der Grundlage der Erkenntnisse können Empfehlungen zur Optimierung der Haltungsbedingungen von Cebus apella in artifizieller Haltung ausgesprochen werden, und zwar hinsichtlich Sozialstruktur, Raumangebot, Gehegeinventar und -strukturierung, Behavioural Enrichment sowie genereller Substitution originärer Lebensraumstrukturen.

Die dokumentierten Ergebnisse zum Spielverhalten von Cebus apella stellen einen essentiellen Beitrag zur Erweiterung unserer Kenntnisse zur Artmonografie und zum Verhalten dieser Neuweltaffenspezies dar. Darüber hinaus liefern sie eine Basis für optimierte tiergartenbiologische Konzeptionen und bieten Ansatz für wünschenswerte weitere Erhebungen und Forschungen zur Einsicht in öko-ethologische und sozio-biologische Zusammenhänge.

Summary

Play behaviour of tufted capuchin monkeys (Cebus apella) was systematically analyzed in a long term study at Schwerin Zoo (2005-2008, pilot study), namely in a homogeneous grown, multitudinous (30 animals) and socially consistent focal group. Cebus apella shows play behaviour in terms of scientific definition.

Available information about play behaviour in Cebus apella in laboratory rearing significantly differs from the data detected in this study. Based on focal group observations, play behaviour in Cebus apella was redefined and subdivided into three components: solitary play, social play and object play by identifying the play repertoire, classification of play elements in categories (27 elements, 52 types), and statistical verification. There are differences between appearance and characteristics of play. The results show appearance of play in tufted capuchins depending on various parameters: presence of a dominant male, strong social structure, and definite rank. Moreover social play depends on the presence of juvenile/subadult conspecifics. Characteristics of play depend on the availability of movable objects, structure of the a rtificial environment, and adequate space. A correlation of play duration and factors a s group affiliation, composition of play group, and age of the playing monkey is verified.

General play involvement is affected by age and increases in following order: a dult, juvenile, subadult. Juvenile and subadult capuchins show similar play repertoire as adult conspecifics, albeit the frequency of demonstration differs. Young capuchins are involved in social play more frequently compared to adults, possibly because it is potentially essential for development of motivity, intraspecific communication (facial ex pression), and social bonds. Young capuchins rarely participate in actions that require the ability of coordination to a great extend. Furthermore the results suggest a demonstration of play in juvenile Cebus apella particularly against the background of risk prevention. Play behaviour of tufted capuchin monkeys can be ascribed a potential selection benefit in the existence of future reference. The results confirm the assumption that play enhance stability of social bonds and suggest play as indicator of functioning group mechanisms. Furthermore the results affirm the “training theory of play” in reference to Cebus monkeys.

Based on these results recommendations for optimizing rearing conditions of Cebus apella in artificial rearing (concerning social structure , space, enclosure inventory, enclosure structure, behavioural enrichment, and substitution of wildlife habitat) can be published.
The documented results represent an essential contribution of our understanding of species monograph and behaviour of Cebus apella . Furthermore the results establish a basis for optimizing concepts of zoobiology and provide an approach for further research.

 

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx