H

HEUBECK, J. (2010)

Die „Hellabrunner Mischung“ im Vergleich mit MS 222 als Tauchbadnarkoseverfahren bei verschiedenen Amphibien.

Hellabrunn mixture in comparison with MS 222 as immersion bath anaesthesia in different amphibians

Vet. med. Diss., LMU München

119 Seiten, 9 Tabellen, 48 Grafiken, 12 Fotos

Tierpark Hellabrunn, München, Zoologischer Direktor: Prof. Dr. H. Wiesner, und Chirurgische und Gynäkologische Kleintierklinik im Zentrum für Klinische Tiermedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München, Vorstand: Prof. Dr. U. Matis

Voller Text

Zusammenfassung

In der vorliegenden Studie wurde die sogenannte „Hellabrunner Mischung“ (HM) - eine Kombination aus Ketamin- und Xylazinhydrochlorid - auf ihre Eignung zur Anwendung als Tauchbadnarkose bei Amphibien untersucht (1ml dieser Lösung enthält etwa 100mg Ketamin und 125mg Xylazin).

Die Wirksamkeit der HM wurde bei Zwergkrallenfröschen (Hymenochirus böttgeri), Bananenfröschen (Afrixalus fornasini) und Grünlichen Wassermolchen (Notophthalmus viridescens) überprüft und anschließend mit dem seit langem zur Tauchbadnarkose bei Amphibien verwendeten Narkosemittel MS 222 (Tricain) verglichen.

Zur Ermittlung einer geeigneten Dosierung der HM wurden in Vorversuchen bei allen drei Amphibienarten die Parameter Wirkungseintritt, Erlöschen des Umkehr-/Schmerzreflexes, Anflutungszeit, Rückkehr des Schmerzempfindens, Aufwachzeit und die erreichte Narkosetiefe bei verschiedenen Konzentrationen der HM im Narkosebad bestimmt und bewertet. Die dadurch speziell für jede Versuchstierart als optimal erkannte Dosis wurde in den Hauptversuchen bei 20 Tieren pro Amphibienart mit einer Standarddosis von MS 222 verglichen. Dabei wurde die Hälfte der Amphibien zunächst mit der HM betäubt, die andere mit MS 222. Nach einer vierzehntägigen Ruhephase wurden diese Gruppen mit dem jeweils anderen Narkosemittel behandelt, sodass alle Tiere je einmal mit der HM und einmal mit MS 222 untersucht werden konnten. Die Temperatur des Narkosebades wurde dabei den jeweiligen Haltungsansprüchen der Amphibien angepasst und betrug für die Zwergkrallenfrösche (23°C ±1°C), die Bananenfrösche (26°C ±1°C) und die Grünlichen Wassermolche (20°C ±1°C).

Als ideale Dosierungen der HM für Zwergkrallenfrösche wurden 1,2ml HM/l Wasser und für Grünliche Wassermolche 2,0ml HM/l ermittelt. Bei den Bananenfröschen war eine vollständige Narkose mittels der HM auch bei sehr hohen Dosierungen nicht möglich. Bei diesen Tieren besteht lediglich die Möglichkeit einer Injektionsnarkose mit der HM. Bei den anderen beiden Amphibienarten ließ sich in den Hauptversuchen bei allen Tieren mit den jeweiligen Konzentrationen eine Anflutungszeit von maximal 15 Minuten erreichen (12-15 Minuten). Die Aufwachzeit dauerte zwischen 54 und 67 Minuten. Mit Ausnahme der Bananenfrösche konnte bei allen Tieren ein operationsfähiges Narkosestadium hervorgerufen werden. Die Analgesie hielt bei diesen Tieren mit 9 bis19 Minuten im Vergleich zur Narkose mit MS 222 deutlich länger an. Eine Tauchbadnarkose mit MS 222 war bei allen drei Arten erfolgreich. Mit einer MS 222 Dosierung von 0,25g/l Wasser bei den Zwergkrallenfröschen, 1,5g/l Wasser bei den Bananenfröschen und 0,5g/l Wasser bei den Grünlichen Wassermolchen verliefen Anflutungs- und Aufwachphase deutlich schneller. Im Vergleich zur HM blieb der Schmerzreflex wesentlich kürzere Zeit ausgeschaltet. Während sich diese Zeiten unter MS 222 bei den Zwergkrallenfröschen und den Grünlichen Wassermolchen mit einer Induktionszeit von 5 bis 6 Minuten, einer Schmerzausschaltung von 3 bis 8 Minuten und einer Aufwachdauer von 12 bis 19 Minuten einheitlich und ohne großen Abweichungen darstellten, zeigten die Bananenfrösche sehr große Schwankungen im Hinblick auf Analgesie und Wiedererwachen. So dauerte es hier bei einigen Tieren nur 11, bei anderen bis zu 47 Minuten bis zum Wiedererlangen des Schmerzempfindens und zwischen 25 und 58 Minuten bis zum vollständigen Erwachen. Mit MS 222 konnte bei allen Versuchstieren eine ausreichende OP-Toleranz erreicht werden.

Sowohl bei der HM als auch bei MS 222 traten während der Einschlaf- und Aufwachphase keinerlei Komplikationen auf. Ziel dieser Arbeit war es zu untersuchen, ob die HM eine mögliche Alternative zu den herkömmlichen Tauchbadanästhetika darstellt. Die Ergebnisse zeigen, dass speziesabhängig mit der „Hellabrunner Mischung“ eine effektive und dennoch besonders schonende Möglichkeit der Tauchbadnarkose bei Amphibien zur Verfügung steht. Bei den Arten, bei denen mit einem Bad keine ausreichende Wirkung erzielt werden kann, sollte der Versuch einer Injektionsnarkose mit HM in Betracht gezogen werden.

Summary

In this study the so called „Hellabrunner Mischung“ (Hellabrunn mixture) (HM) - a combination of ketamine- and xylazinehydrochloride - was examined to find out, whether it is suitable to be applied in immersion bath anesthesia for amphibians. 1ml of this solution contains approximately 100mg ketamine and 125mg xylazine.

The effectiveness of this combination was tested on african dwarf frogs (Hymenochirus böttgeri), Fornasini's spiny reed frogs (Afrixalus fornasini) and eastern newts (Notophthalmus viridescens) and compared with the long-serving anaesthetic MS 222 (tricaine) afterwards.

To establish a suitable dose of HM in the anaesthetic immersion bath the parameters onset of action, fading of the pain reflex, the ability of the animals to erect when being put on their backs, induction time, recurrence of pain perception, recovery time and the achieved depth of anaesthesia were measured and evaluated for all the three species. The best working dosage for each species was then used in the main trial on 20 animals per species and compared to a standard dose of MS 222. This was done by first anaesthetizing half of the group of each species with HM and the other half with MS 222. After a washout period of 14 days animals were treated with the second anaesthetic agent (crossover design) so that every animal was finally examined once under the influence of HM and once under the influence of MS 222. The temperature of the immersion bath was always adapted to the physiological habitat of the amphibians (23°C ±1°C for the African dwarf frogs, 26°C ±1°C for the fornasini’s spiny reed frogs, and 20°C ±1°C for the eastern newts).

For the African dwarf frogs a dosage of 1.2 mL HM per liter of water was found to be ideally suited for this species as well as a dosage of 2.0 mL HM per liter for the eastern newts. In the case of the fornasini’s spiny reed frogs a general anaesthesia with HM was not possible, even under a very high dosage. For these amphibians the only remaining possibility to induce anaesthesia with HM was by intramuscular injection. In the case of the other two amphibian species it was possible to attain an induction time of at most 15 minutes (12 – 15 minutes) with the particular dose.

The recovery time lay between 54 and 67 minutes. With all the African dwarf frogs and all the eastern newt s it was possible to obtain a suitable condition for surgery. The analgesia following HM went on for 9-19 minutes, which is perspicuously longer than with MS 222. An immersion bath anaesthesia was possible for all three species. With MS 222 dosages of 0.25 g/l of water for the African dwarf frogs, 1.5 g/l for the fornasini’s spiny reed frogs, and 0.5 g/l for the eastern newts the phases of induction and recovery as well as the duration of elimination of pain perception were notably shorter compared to HM. While these periods were uniform and without significant aberrances for the african dwarf frogsand the eastern newts with an induction time of 5-6 minutes, an analgesia time of 3-8 minutes and a recovery period of 2-19 minutes, the fornasini’s spiny reed frogs showed great discrepancies in terms of analgesia and recovery time. For some of the animals of this species it took 11 minutes to regain their pain perception, while it took others up to 47 minutes.
The differences in time until full recovery and awakening were between 25 and 58 minutes. With MS 222 it was possible to gain a sufficient tolerance for surgery for all test animals. With both HM and MS 222 there were no complications during induction or recovery. The intention of this thesis was to determine whether HM would be a possible alternative to conventional immersion bath anaesthetics.

The results show that depending on the species the “Hellabrunner Mischung” is a very effective as well as sensitive alternative to conventional immersion bath anaesthesia for amphibians. For those species in which it is impossible to evoke sufficient effect by an immersion bath with HM intramuscular injection of HM should be considered.

 

heubeck-biblio

Gelesen 5604 mal Letzte Änderung am Dienstag, 26 Juni 2018 06:55
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx