Krokodile und Gaviale

Gangesgavial

Gangesgavial (Gavialis gangeticus) in der Ferme aux Crocodiles, Pierrelatte Gangesgavial (Gavialis gangeticus) in der Ferme aux Crocodiles, Pierrelatte
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Krokodile (CROCODYLIA)
Familie: Gaviale (Gavialidae)

D CR 650

Gangesgavial

Gavialis gangeticus • The Gharial, or Indian Gavial • Le gavial du Gange

Kuba-, Philippinen- und Siamkrokodil sowie Gangesgavial waren "Zootiere des Jahres 2021"

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Gangesgavial (Gavialis gangeticus) im Zoo Berlin © Peter Griesbach / Zoo Berlin

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Historische Verbreitung (rot) und gegenwärtige Reliktpopulationen (dunkelblau) des Gangesgavials (Gavialis gangeticus)

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Kopfansicht und -aufsicht des Ganges-Gavials (Gavialis gangeticus). Zeichnung Gerhard Richter, Berlin, für CITES ID-Manual

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Steneosaurus bollensis aus dem Unteren Jura. Urwelt-Museum Hauff in Holzmaden. Foto Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gangesgavial (Gavialis gangeticus) in der Ferme aux Crocodiles, Pierrelatte © Oeter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gangesgaviale (Gavialis gangeticus) in der Ferme aux Crocodiles, Pierrelatte © Oeter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gangesgavial (Gavialis gangeticus) im National Zoo, Washington DC © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Adulter Gangesgavial (Gavialis gangeticus) bei einer Fischmahlzeit im Krokodýlí Zoo Protivín. Quelle: Facebook-Seite des Zoos

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Junge Gangesgaviale (Gavialis gangeticus) im Krokodýlí Zoo Protivín. Quelle: Facebook-Seite des Zoos

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Gangesgavial (Gavialis gangeticus) im Zoo-Aquarium Berlin © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gangesgaviale (Gavialis gangeticus) in der Ferme aux Crocodiles, Pierrelatte © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gangesgaviale (Gavialis gangeticus) in der Ferme aux Crocodiles, Pierrelatte © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Gangesgaviale (Gavialis gangeticus) im Aquatis Lausanne © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Der auf Fischnahrung spezialisierte Gangesgavial gilt gegenwärtig als der einzige Vertreter seiner Familie. Er ist im Freiland extrem gefährdet und auch in Zoos nur selten zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Gangesgavial gehört mit zu den größten Krokodilen. Männchen können eine Länge von bis zu 7.2 m erreichen. Meistens werden die Tiere aber nur etwa 4-4.5 m lang. Die Anpassung an das Wasserleben ist stärker als bei allen anderen Krokodilen: Die Beine sind recht schwach, der Schwanz dagegen ein kräftiges Ruder. Die Schnauze ist extrem lang und schmal, ähnlich wie beim Sundagavial. Oben sind 5 (im Zwischenkiefer) und 23-24 (im Oberkiefer), unten 25-26 gleichförmige Zähne in jeder Kieferhälfte vorhanden. Auf dem Hinterkopf hat es ein  Paar Höcker. Die paarigen Nackenhöcker sind nicht von den Rückenschuppen getrennt. Die Rückenschuppen sind in 21-22 Querreihen angeordnet. Die Schuppen der beiden mittleren Längsreihern unterscheiden sich nicht von den Nackenhöckern. Beidseits hat es je 2-3 weitere Längsreihen. Die beiden mittleren Reihen der Schwanzschuppen sind gekielt, die Kielreihen verlaufen bis zum Ende parallel. Die seitlichen Schuppenkämme vereinigen sich auf der Höhe der 19.-21. Schuppe zu einem einzigen Schuppenkamm. Die Oberseite ist bei Erwachsenen grau-schwarz, bei Jungen dunkel-oliv mit schwarzen Tupfen und Querbändern. Die Unterseite ist hell ohne dunkle Flecken [3; 7; 9].

Verbreitung

Südasien: Indien, Nepal. Ausgestorben in Pakistan, Bhutan, Myanmar und möglicherweise Bangladesch [2; 7; 11].

Lebensraum und Lebensweise

Der Gangesgavial besiedelt größere, stellenweise tiefe Flüsse mit gutem Fischbesatz und hohen Sandbänken, die zum Sichsonnen und für den Nestbau verwendet werden. Die Nahrung besteht primär aus Fischen, große Exemplare sollen aber auch andere Beute schlagen. Jungtiere ernähren sich von kleinen Fischen, Fröschen, Insekten, Schnecken und Muscheln. Während der Trockenzeit graben die Weibchen Nesthöhlen in den Sand, in welche sie ihre 30-50 (6-95) Eier ablegen. Die Jungen schlüpfen nach 2.5-3 Monaten zu Beginn der Regenzeit. Im Gegensatz zu anderen Krokodilen trägt das Weibchen die Jungen nicht im Maul zum Wasser, scheint sich aber nach der Geburt um sie zu kümmer [6; 7; 9].

Gefährdung und Schutz

Von den 1940er Jahren bis 1976 schrumpfte der Gesamtbestand von 5'000 bis 10'000 auf weniger als 200. 2017 wurde der Wildbestand auf 650 (300-900) erwachsene Exemplare geschätzt, die sich auf 14 Subpopulationen verteilen, hauptsächlich im Chambal River (Uttar Pradesh, Rajahstan). Im restlichen Verbreitungsgebiet ist die Art ausgestorben. Sie wird deshalb nach einer Beurteilung aus dem Jahr 2007, letztmals überprüft 2017 als vom Aussterben bedroht eingestuft [2].

Der internationale Handel ist nach CITES Anhang I eingeschränkt.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Der Zoo Berlin unterstützt das Gharial Ecology Project im Nationalen Chambal-Schutzgebiet in Indien in dessen Rahmen Eier aus Nestern im Reservat entnommen und die Jungtiere in menschlicher Obhut ausgebrütet und aufgezogen werden. Wenn sie eine Größe von mehr als einem Meter erreicht haben, werden sie in das Schutzgebiet entlassen. Der Zoo Berlin fördert insbesondere die Besenderung der jungen Gaviale kurz vor ihrer Auswilderung.
  • 2021 wurde im Rahmen der von der ZGAP koordinierten Aktion "Zootier des Jahres" im Bardia-Nationalpark ein Projekt zur Bestandserfassung, Erforschung der Lebensbedingungen und Schulung von Parkwächtern initiiert und finanziert. In den Folgejahren engagierte sich namentlich der Zoo Heidelberg für die Fortführung des Projekts.

Bedeutung für den Menschen

Nach BREHM ist der Gangesgavial "in den Augen der Bewohner Malabars ein heiliges, Wischnu, dem Schöpfer und Beherrscher des Wassers, geweihtes Thier" [1]. Der internationale Handel aus den Ursprungsländern ist unbedeutend. Seit Bestehen von CITES bis 2015 wurden nur rund 100 lebende Tiere aus Indien oder Nepal, 120-160 Eier aus Nepal (nach Japan) und ein totes Exemplar exportiert [4].

Haltung

Es wird empfohlen, einem verträglichen Paar durchschnittlich großer Adulttiere mindestens einen Landteil von 20 m² und einen Wasserteil von 40 m² anzubieten (N.B. Diese Werte können eventuell unter den gesetzlichen bzw. behördlichen Mindestanforderungen liegen!). Die Wassertiefe soll von 0.5-2 m variieren. Für jedes zusätzliche Tier sollen 2 m² Land- und 8 m² Wasserfläche mehr zur Verfügung stehen. Die Temperatur soll zwischen 25-32°C liegen (für Jungtiere etwas höher) und es sind punktuell wärmere Bereiche zu schaffen, zu denen die Tiere ungehindert Zugang haben. Es wird Einzel- oder Paarhaltung empfohlen. Für die Zucht sollte der Landteil möglichst groß, schräg ansteigend und mit ausreichend feinem Sand als Substrat bedeckt sein, um dem Weibchen den Bau eines Grubennests zu ermöglichen. Wegen der Größe der Tiere wird von ihrer Haltung in Privathand abgeraten, Zoos sollen also nur züchten, wenn die Nachzucht für den Eigenbedarf bestimmt ist oder in einer anderen Einrichtung adäquat untergebracht werden kann [5; 6].

Gangesgaviale gehören zu den "Gefahrtieren", deren Haltung in manchen deutschen Bundesländern unter sicherheitspolizeilichen Aspekten eingeschränkt oder geregelt ist. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und der Verband Deutscher Verein für Aquarien- und Terrarienkunde (DVA) haben zu dieser Thematik einen Leitfaden herausgegeben [12].

Höchstalter im Zoo: Der älteste bekannte Gavial in Menschenobhut wurde 1955 in die USA eingeführt. Er lebte dort in verschiedenen Zoos und war im Sommer 2014 nach einer Haltungsdauer von über 59 Jahre immer noch in exzellenter Kondition [10].

Haltung in europäischen Zoos: Gangesgaviale werden in weniger als 10 europäischen Zoos gehalten. Für Details siehe Zootierliste. Die Welterstzucht außerhalb der Ursprungsländer gelang im Jahr 2017 dem Krokodýlí Zoo im tschechischen Protivín. Es gibt im Rahmen der EAZA seit 2019 ein Zuchtbuch, das am Prager Zoo geführt wird. Bei sämtlichen darin erfassten Tieren handelt es sich um Nachzuchten, wobei die Hälfte davon aus einem einzigen Gelege stammt [11].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll eine Anlage für ein Paar einen Landteil beinhalten, dessen Fläche mindestens 4x so lang und 3x so breit sein soll wie die Kopf-Rumpflänge der Tiere. Der Wasserteil soll das 5x4-fache und der Wasserstand 30% der Kopf-Rumpflänge betragen. Für jedes weitere Tier kommen beim Wasserteil 20% und beim Landteil 10% zur Basisfläche dazu.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege mit einem Land- und einem Wasserteil vor, die je das 4x2-fache der Kopf-Rumpflänge messen. Für jedes weitere Tier kommen je 50% der Basisflächen dazu. Die Wassertiefe muss 50% der Kopf-Rumpflänge betragen. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist die Art nicht erwähnt.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Art war 1789 vom Göttinger Professor Johann Friedrich GMELIN in der von ihm bearbeiteten 13. Auflage von LINNÉS "Systema Naturae" als "Lacerta gangetica" beschrieben worden. Der heutige Name Gavialis gangeticus geht auf den britischen Zoologen John Edward GRAY (1831) zurück [8].

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. LANG, J, CHOWFIN, S. & ROSS, J.P. 2019. Gavialis gangeticus (errata version published in 2019). The IUCN Red List of Threatened Species 2019: e.T8966A149227430. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2019-1.RLTS.T8966A149227430.en. Accessed on 06 October 2022.
  3. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009)
  6. JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009A)
  7. STEVENSON, C. & WHITAKER, R. (2010)
  8. THE REPTILE DATA BASE
  9. WEBB, G. & MANOLIS, C. (1989)
  10. WEIGL, R. (2014)
  11. EAZA REPTILE TAG (2022): REGIONAL COLLECTION PLAN
  12. DGHT/DVA (Hrsg. 2014)

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Gelesen 18268 mal Letzte Änderung am Dienstag, 22 August 2023 14:16
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