Insektenfresser und Fledertiere

Blütenfledermaus

Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) an einer Kalabassenblüte  (Crescentia alata) Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) an einer Kalabassenblüte (Crescentia alata)
Pressefoto Tiergarten Nürnberg

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Fledertiere (CHIROPTERA)
Unterordnung: Fledermäuse (Microchiroptera)
Überfamilie: Hasenmaulartige (Noctilionoidea)
Familie: Blattnasen (Phyllostomidae)
Unterfamilie: Blütenfledermäuse (Glossophaginae)

D LC 650

Blütenfledermaus

Glossophaga soricina • The Pallas's Long-tongued Bat • Le glossophage de Pallas

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Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) mit ausgestreckter Zunge © Betty Wills, Wikimedia Commons, License CC-BY-SA 4.0

 

 

 

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Approximative Verbreitung der Blütenfledermaus (Glossophaga soricina)

 

 

 

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Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) im Tiergarten Nürnberg © Carl-Peter Herbolzheimer / Tiergarten Nürnberg

 

 

 

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Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) im Tiergarten Nürnberg © Der Sushi / Tiergarten Nürnberg

 

 

 

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Blütenfledermaus (Glossophaga soricina) im Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potensky / TG Schönbrunn

 

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Die neuweltlichen Blattnasen sind die einzige Fledermausfamilie, von der mehrere Arten regelmäßig und in größerer Zahl in europäischen Zoos gezeigt werden. Geeignet sind insbesondere Arten, die sich auf den Verzehr von Nektar, Früchten oder Blut spezialisiert haben, wie die harmlose und daher für begehbare Anlagen geeignete Blütenfledermaus, deren Nahrung hauptsächlich aus Nektar und Pollen besteht.

Körperbau und Körperfunktionen

Die Kopf-Rumpflänge der Blüten- (oder Blumen-)fledermaus beträgt 54-55 mm, der Schwanz ist 7-8 mm lang, das mittlere Gewicht liegt bei etwa 9.5 g. Die Zunge ist sehr lang und vorne mit bürstenartigen Papillen versehen [2; 3].

Verbreitung

Mittel- und Südamerika, von Mexiko im Norden bis nach Nordargentinien im Süden: Argentinien, Belize, Bolivien, Brasilien, Costa Rica, El Salvador, Französisch Guyana, Grenada, Guyana, Honduras, Jamaika, Kolumbien, Mexiko (Sonora, Tamaulipas), Nikaragua, Panama, Paraguay, Peru, Surinam, Trinidad und Tobago, Venezuela [1].

Lebensraum und Lebensweise

Die hauptsächlich Nektar fressende Blütenfledermaus sucht ihre Nahrung in Wäldern, auf Landwirtschaftsland und in Gärten und Parks. Sie schläft in natürlichen Höhlen, Tunnels oder Gebäuden, zumeist in großen Kolonien - in einem verlassenen Haus in Brasilien wurden über 2'000 Individuen gezählt - und oft in Gesellschaft von Brillenblattnasen (Carollia perspicillata). Bestimmte Pflanzen haben sich im Laufe der Zeit speziell an die Bestäubung durch Fledermäuse angepasst. Ihre großen Blüten öffnen sich nachts und können von den Tieren leicht angeflogen werden, die im Schwirrflug den süßen Nektar aus den Blüten lecken und diese dabei Bestäuben. Weil Blüten mittels Echoortung nur schwer aufzuspüren sind, orientieren sich die Fledermäuse bei der nächtlichen Nahrungssuche an ultraviolettem Licht, das von den Blüten reflektiert wird und von den an sich farbenblinden Fledermäusen wahrgenommen werden kann. Wenn Nektar knapp ist, werden auch Insekten gefressen. Die Weibchen können pro Jahr 2-3mal ein einzelnes Junges zur Welt bringen [1; 2; 3; 4].

Gefährdung und Schutz

Die Blütenfledermaus wird aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 nicht als gefährdet angesehen, da sie weit verbreitet ist, eine große Gesamtpopulation hat, auch in Schutzgebieten vorkommt und bis zu einem gewissen Grad auch veränderte Lebensräume nutzen kann. (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird weder genutzt noch richtet sie Schäden an [1].

Haltung

Blütenfledermäuse werden gerne freifliegend in für Besucher begehbaren Tropen-oder Nachttierhallen gehalten. Eine Vergesellschaftung mit vielen anderen Tieren ist möglich. Sie sind unter Zoobedingungen recht langlebig. Den Altersrekord hält ein im Henry Doorley Zoo, Omaha, geborenes Weibchen, das dort nach 17 Jahren immer noch am Leben war [5].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 10 Zoos gehalten, die sich überwiegend im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Die im Säugetiergutachten 2014 des BMEL vorgegebenen Zahlen entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage und sind, zumindest wenn es um große Kolonien geht, aus der Sicht der tierhalterischen Praxis überzogen. Grundsätzlich sollte keine Mindestfläche, sondern nur ein Volumen vorgegeben werden. Das Gutachten’96 gab für kleine Fledermäuse keine Gehegedimensionen an. Es empfiehlt sich, die Beurteilung der Haltung von Kleinfledermäusen darauf abzustellen, ob bei der in einer Haltung gegebenen Besatzdichte Probleme auftreten oder nicht.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 20 Tiere eine Grundfläche von 10 m² bei einer Höhe von 2 m vor, für jedes weitere sind 0.2 m² zusätzliche Fläche erforderlich. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 20 Tieren eine Grundfläche von 20 m² und eine Höhe von 2.5 m erforderlich, für jedes weitere Tier ist die Grundfläche um 2 m² zu erhöhen. Letzteres ist unsinnig, nachdem für die ersten 20 nur eine Fläche von 1 m² pro Tier verlangt wird.

 Taxonomie und Nomenklatur

Die Blütenfledermaus wurde 1766 vom Berliner Naturforscher Peter Simon PALLAS, den Katharina die Große als Professor nach Petersburg berufen hatte, als "Vespertilio soricinus" beschrieben. Étienne GEOFFROY SAINT-HILAIRE, der Begründer des ersten bürgerlichen Zoos, der Ménagerie im Jardin des Plantes von Paris, stellte sie als Typusart in die von ihm neugeschaffene Gattung Glossophaga. Die Gattung umfasst vier Arten, von G. soricina werden gegenwärtig fünf Unterarten anerkannt [6; 7].

Literatur und Internetquellen

  1. BARQUEZ, R. et al. (2015). Glossophaga soricina. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T9277A22107768. http://www.iucnredlist.org/details/9277/0. Downloaded on 20 July 2018.
  2. EISENBERG, J. F. (1989)
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. PM TIERGARTEN NÜRNBERG
  5. WEIGL, R. (2005)
  6. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  7. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Gelesen 17412 mal Letzte Änderung am Montag, 20 Februar 2023 15:47
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx