Schaf- und Ziegenartige

Moschusochse

Grönland-Moschusochsen (Ovibos moschatus wardi) im Kölner Zoo Grönland-Moschusochsen (Ovibos moschatus wardi) im Kölner Zoo
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERIA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige: (Caprinae)
Tribus: Moschusochsenverwandte (Ovibovini)

D LC 650

EEPMoschusochse

Ovibos moschatus • The Musk Ox • Le boeuf musqué

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Nordamerikanischer Moschusochse (Ovibos m. moschatus), Kuh im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Approximative Verbreitung des Moschusochse (Ovibos moschatus). Dunkelblau: autochthone Verbreitung; rot: eingeführte Populationen

 

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Grönland-Moschusochsen (Ovibos moschatus wardi) im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Alaska-Moschusochse (Ovibos m. moschatus) im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Grönland-Moschusochsenkuh (Ovibos m. wardi) mit Kalb im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Nordamerikanische Moschusochsen (Ovibos m. moschatus) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Nordamerikanischer Moschusochse (Ovibos m. moschatus), schlafende Kuh im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Grönland-Moschusochse (Ovibos m. wardi) in Skånes Djurpark, Höör © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gehege für Moschusochsen im Zoologisch-Botanischen Garten Mülhausen im Elsass © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Moschusochsenkuh (Ovibos moschatus wardi) mit Kalb im Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Moschusochse (Ovibos moschatus wardi) im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Moschusochsenkalb (Ovibos moschatus wardi) im Kölner Zoo © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Moschusochsenkuh (Ovibos moschatus wardi) mit Kalb im Zoo Tallinn © Zoo Tallinn

 

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Moschusochse (Ovibos moschatus wardi) im Tierpark Bern © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

Briefmarke Moschusochse
Briefmarke mit Moschusochsen-Motiv, Tierpark Berlin, DDR 10 Pf.

 

 

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Der Moschusochse ist aus verschiedenen Gründen für die Zoopädagogik interessant: Er ist ein Element der europäischen Fauna, er weist verschiedene morphologische Besonderheiten und spezielle Verhaltensweisen auf und er ist ein Beispiel für eine Tierart, die durch unkontrollierte Nutzung in ihrem Bestand gefährdet wurde und sich durch vernünftiges Management wieder erholen konnte. Als arktische Tierart eignet er sich ganz besonders als Klimabotschafter. Trotz internationalem Zuchtbuch und regionalem Zuchtprogramm wird er aber nicht sehr häufig gezeigt.

Körperbau und Körperfunktionen

Moschusochsen sind massiv gebaute Huftiere mit einer Kopf-Rumpflänge von 220-245 cm, einer Schulterhöhe von 135-145 cm und einer Körpermasse von 265-400 kg bei den Bullen bzw. einer Kopf-Rumpflänge von 180-200 cm, einer Schulterhöhe von 110-125 cm und einem Gewicht von 180-200 kg bei den Kühen. Der Kopf ist groß, die Schnauze breit mit einem kleinen haarlosen Nasenspiegel zwischen den Nüstern. Die Augen sind klein, die Ohren kurz und teilweise im Fell verborgen. Es ist eine Vorausgendrüse vorhanden. Der Widerrist ist bucklig, wie bei einem Bison, aber der Körper kurz, wie bei einem Schaf. Der Schwanz ist mit 7-14 cm sehr kurz und verschwindet im Fell. Beide Geschlechter tragen büffelartige, geschwungene Hörner mit auf der Stirn verbreiterter Basis, die bei alten Bullen eine Länge von etwa 67 cm und von Spitze zu Spitze eine Spannweite von ebenfalls etwa 67 cm haben können [3; 4; 8].

Trotz ihres Namens gehören die Moschusochsen nicht zu den Rindern, sondern in die Verwandtschaft der Schafe und Ziegen, was sich u.a. daran zeigt, dass das Endprodukt ihrer Verdauung nicht Fladen, sondern glänzende, eichelförmige Bohnen sind. Hinsichtlich Körperbau, Vermehrung und Verhalten ist der Moschusochse allerdings recht speziell. So ist die Haut weitgehend ohne Talgdrüsen, weshalb das Fell nicht wasserabweisend ist. Die Grannenhaare an Hals, Brust und Hinterteil können bis 60 cm lang werden. Das Winterfell ist durch eine starke Schicht dichten Wollhaars gekennzeichnet, die sich im Frühjahr löst und in grossen Fetzen an die Oberfläche kommt. Manchmal dauert es bis in den Herbst, bis die letzte Wolle abgestoßen ist [3; 4].

Verbreitung

Arktis: Nordkanada und Grönland. Eingeführt in Ostsibirien, wo die Art vor etwa 2000 Jahren ausstarb, in Alaska und im Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark in Norwegen. Von dort wanderten Tiere nach Schweden ab, wo sie einen kleinen Bestand bildeten. Eine 1929 auf Spitzbergen eingeführte Population hat sich anfänglich gut entwickelt, ist dann aber wieder ausgestorben [2].

Lebensraum und Lebensweise

Moschusochsen besiedeln trockene arktische Tundren des Tieflands und der Hochplateaus. Sie sind ziemlich ortstreu, wandern jedoch gebietsweise zwischen festen Sommer- und Wintereinständen. Die Tiere leben gesellig in kleinen Trupps bestehend aus einem erwachsenen Bullen, 6-8 Kühen und deren Kälber und halbwüchsigen Nachkommen. Die Bullen können auch einzeln oder in Junggesellenverbänden leben. Im Winter finden sich die Tiere zu größeren Herden zusammen. Die Nahrung besteht aus Gräsern, Kräutern, Blättern, Knospen, Trieben, Rinde, Flechten, Pilzen und Moosen [5].

Die Bruft fällt auf Anfang August bis Ende September, ev. Anfang Oktober. Nach einer Tragzeit von 250-275 Tagen wird meist im Mai oder Juni in der Regel ein einzelnes Kalb gesetzt, selten Zwillinge. Die Kälber haben ein Geburtsgewicht von etwa 10.5 (7.5-12.5) kg. Sie stehen schnell auf und saugen nach etwa zwei Stunden erstmals. Mit 8 Monaten werden die Hörner sichtbar. Die Kälber bleibt zwei Jahre bei ihrer Mutter, weshalb die Fortpflanzungsrate sehr tief ist [3; 4; 5].

Bei Gefahr bilden die Moschusochsen einen Kreis oder Halbkreis, wobei die Bullen außen stehen und die Kälber in die Mitte genommen werden. Untereinander kämpfen die Bullen nach Art der Schafböcke. Sie nehmen Anlauf, rennen mit gesenkten Köpfen auf einander los, prallen mit ihren Hornplatten aufeinander und versuchen, den Gegner wegzudrücken [3; 4; 5].

Gefährdung und Schutz

Der Moschusochs ist heute keine gefährdete Tierart mehr (Rote Liste: LEAST CONCERN). Seine Bestände nehmen jedoch ab. 1998 wurden sie auf etwa 157'000 erwachsene Individuen geschätzt, 2019 noch auf 127'000 [2].

Der Internationale Handel ist nicht unter CITES geregelt. Der Moschusochse ist eine streng geschützte Tierart nach Anhang II des Berner Übereinkommens.

Bedeutung für den Menschen

Moschusochsen wurden nach ihrer späten Entdeckung durch die Wissenschaft im Jahr 1869 massiv bejagt, einerseits ihrer Wolle wegen, andererseits weil ihr Fleisch zur Verpflegung von Schiffsbesatzungen sowie Mannschaften und Hunden von Polarexpeditionen herhalten musste. Dadurch verloren sie einen erheblichen Teil ihres Verbreitungsgebiets. Durch Jagdverbote bzw. eine vernünftige Regelung der Jagd konnten sich aber die Bestände stabilisieren [2; 3; 4].

1930 wurden 34 Moschusochsen aus Grönland nach Alaska umgesiedelt als Grundstock für eine Nahrungsquelle für die notleidende indigene Bevölkerung. Heute liegt der Bestand bei gegen 4'000 Tieren. Von 1963-65 wurden insgesamt 27 Moschusochsenkälber aus Nordost-Grönland nach West-Grönland (Kangerlussuaq) umgesiedelt. Bis 1992 war die Population bereits auf 3'000 Tiere angewachsen [3; 6]. Dies sind weitere Beispiele dafür, wie sich aus einer Gründerpopulation von nur wenigen Tieren ein großer, lebensfähiger Bestand entwickeln kann.

Haltung

Auch die Zoologischen Gärten haben während des ersten Viertels des 20. Jahrhunderts zum Rückgang der Art beigetragen: von 1900 bis zum Beginn des 2. Weltkriegs sind mindestens 250 Moschusochsenkälber in Tiergärten gelangt, wobei für jedes gefangene Kalb etwa 5-6 erwachsene Tiere abgeschossen werden mussten. In den Zoos überlebten die Kälber jeweils nicht lange. Als die Zoos realisierten, wie die Moschusochsen gefangen wurden, beschlossen sie, keine mehr zu kaufen. Seit 1985 gibt es ein Internationales Zuchtbuch, das vom Kopenhagener Zoo koordiniert wird. Im Zuchtbuch waren im Dezember 2016 281 lebende Tiere in 51 Institutionen erfasst [IZY 52]. Ende 2019 waren es noch 272 in 50 Institutionen [10].

Das von WEIGL angegebenen Höchstalter im Zoo liegt bei über 27 Jahren und 5 Monaten, erreicht von einem in nordamerikanischen Einrichtungen gehaltenen weiblichen Wildfang [6].

Haltung in europäischen Zoos: Heute halten rund 30 europäische Zoos und Wildparks Moschusochsen, wovon etwa ein Sechstel im deutschsprachigen Raum. Dieser Bestand, der im Rahmen eines vom Zoo Kopenhagen koordinierten Europäischen Zuchtprogramms (EEP) gemanagt wird, geht auf Tiere zurück, die in Zusammenarbeit mit Naturschutzbehörden schonend gefangen wurden [3]. Bei den meisten Moschusochsen in westeuropäischen Zoos handelt es sich heute um Nachzuchttiere der in Grönland vorkommenden Unterart Ovibos moschatus wardi. Zur Blutauffrischung des EEP wurden 1998 in Grönland 4 Jungbullen im Alter von 15 Monaten aus der freien Wildbahn gefangen. 2019 waren noch 8 der 105 in Europa gehaltenen Moschusochsen Wildfänge [10].

Einige ein paar russische und wenige westeuropäische Zoos halten die aus Alaska stammende Nominatform. Tiere mit unklarer Unterart unklar oder Unterart-Bastarde gibt es heute keine mehr. Am 1.1.2013 wurden im Rahmen des EEP 82 Moschusochsen gehalten, davon 50 O. m. wardi. Ziel des EEP war, den Bestand an Grönland-Moschusochsen zu Lasten der anderen zu verdoppeln, dies wurde jedoch in Anbetracht der unklaren taxonomischen Situation wieder aufgegeben. 2019 umfasste das EEP nur noch einen Bestand von 73 Tieren in 19 Institutionen [10].

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL soll für bis zu 5 Tieren ein Gehege von mindestens 400 m² zur Verfügung stehen, für jedes weitere Tier 30 m² zusätzlich. Ein Stall ist nicht erforderlich.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Gehege vor, dessen Grundfläche 500 m² misst. Für jedes weitere Tier kommen 80 m² zur Basisflächen dazu. Es sind natürliche oder künstliche Unterstände anzubieten, in denen alle Tiere gleichzeitig Platz finden, ferner Scheuer- und Abtrennmöglichkeiten.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) sind für bis zu 10 Tiere 500 m² erforderlich, für jedes weitere 50 m² mehr. Es müssen Unterstände zum Schutz gegen Witterungsverhältnisse wie Regen, Wind, Sonneneinstrahlung und Hitze angeboten werden, so dass alle Tiere bei Bedarf darin gleichzeitig Unterschlupf finden können. Die Haltung hat in kleinen Herden mit einem erwachsenen Bullen zu erfolgen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Moschusochse wurde 1780 von dem von dem Braunschweiger Naturkundeprofessor Eberhardt August Wilhelm von ZIMMERMANN unter dem Namen "Bos moschatus" erstmals wissenschaftlich beschrieben und wurde 1816 in die von dem französischen Zoologen Henri Marie Ducrotay de BLAINVILLE aufgestellte Gattung Ovibos überführ. Ovibos ist monotypisch. Von der einen Art werden gegenwärtig zwei Unterarten differenziert, deren Gültigkeit jedoch im Rahmen der neuen Huftier-Taxonomie infrage gestellt wird:

  • Nordamerikanischer Moschusochse (Ovibos m. moschatus)
  • Grönland-Moschusochse (Ovibos m. wardi)
  • Zeitweilig wurde als dritte Unterart der Hudson Bay-Moschusochse (O. m. niphoecus) abgetrennt [1; 4; 8]

Literatur und Internetquellen

  1. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  2. GUNN, A. & FORCHHAMMER, M. 2022. Ovibos moschatus. The IUCN Red List of Threatened Species 2022: e.T29684A22149286. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2022-1.RLTS.T29684A22149286.en. Accessed on 01 March 2023.
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. PEDERSEN, A. (1958)
  5. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  6. THING, H. in SHACKLETON, D.M. (1997)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WOLF, H. (1995)
  10. DAMOIS, P., ROBOVSKÝ, J.,MUELLER, D, PENELLO, M.,ZIMMERMANN,M., VAN DER MEER, R.AND VOORHAM, M. (eds., 2020).

EUR-01 tundra dovrefjell
Moschusochse (Ovibos moschatus) im Dovrefjell-Nationalpark, Norwegen. Foto: Pethr, Wikimedia Commons. CC-BY-SA-2.5,2.0,1.0;

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