Vipern

Sandotter

Europäische Hornotter (Vipera ammodytes) im Acquario communale, Triest Europäische Hornotter (Vipera ammodytes) im Acquario communale, Triest
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Schuppenkriechtiere (SQUAMATA)
Unterordnung: Schlangen (SERPENTES)
Überfamilie: Nattern- und Vipernartige (Colubroidea oder Xenophidia)
Familie: Vipern (Viperidae)
Unterfamilie: Echte Vipern (Viperinae)

D LC 650

Europäische Hornotter oder Sandotter

Vipera ammodytes • The Nose-horned Viper • La vipère ammodyte ou vipère cornue

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Südtiroler Hornotter (Vipera ammodytes ruffoi) in der Wilhelma Stuttgart © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Approximative Verbreitung der Europäischen Hornotter (Vipera ammodytes). Nicht eingezeichnet ist die Verbreitung von transcaucasiana.

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Hornotter (Vipera ammodytes) im Reptilienzoo Happ, Klagenfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Hornotter (Vipera ammodytes) im Acquario communale Triest © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Hornotter (Vipera ammodytes) im Zoo Frankfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Hornotter (Vipera ammodytes) im Zoo Frankfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Hornotter (Vipera ammodytes) im Reptilienzoo Happ, Klagenfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Südtiroler Hornotter (Vipera ammodytes ruffoi) im Acquario communale Triest © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Hornotter (Vipera ammodytes) im Reptilienzoo Happ, Klagenfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Griechische Hornotter (Vipera ammodytes meridionalis) im Reptilienzoo Scheidegg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Südtiroler Hornotter (Vipera ammodytes ruffoi) in der Wilhelma Stuttgart © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Sandotter (Vipera ammodytes). Bild aus aus Brehms Thierleben (1882-1887)

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Die Sandotter ist für eine europäische Viper relativ groß. Sie ist attraktiv gezeichnet und fällt durch ihr Nasenhorn auf. In europäischen Zoos wird sie recht oft gehalten.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit 90 (-100) cm Länge ist die Sandotter die zweitlängste Giftschlange Europas. Das Hauptmerkmal von Vipera ammodytes bildet das von keinem Knochen gestützte Nasenhorn, das aufrecht steht oder nach vorn bzw. hinten geneigt sein kann und der Schlange einen besonders gefährlichen Ausdruck verleiht. Der Kopf ist dreieckig und vom Hals deutlich abgesetzt. Die Augen haben vertikale Schlitzpupillen. Der Schwanz ist recht kurz. Die Oberseite ist grau, graubraun oder rotbraun mit einem welligen bzw. zichzackförmigen Band. Die Schwanzspitze ist schwefelgelb bis ziegelrot [3; 4; 6; 7].

Verbreitung

Südosteuropa : Von Südost-Österreich (Kärnten und Steiermark) und Nordostitalien (Südtirol-Trentino, Veneto, Friaul-Julisch Venezien) über die Balkanhalbinsel bis Griechenland (einschließlich diverser Inseln, fehlt u.a. auf Kefalonia, Zakynthos, Kreta, Rhodos, Lesbos) und dem Bosporus. Daran anschließend im asiatischen Teil der Türkei, Georgien, Aserbaidschan, Iran und eventuell Syrien und Libanon die Form transcaucasiana [1; 3; 8].

Lebensraum und Lebensweise

Die Sandotter ist überwiegend tagaktiv. Entgegen ihrem Namen bevorzugt sie als Lebensraum steinige Geröllhalden, verfallene Mauern, gestrüppreiche felsige Hügel und Weinberge. In höheren Gebirgslagen hält sie oft ein halbes Jahr Winterruhe. Die Art ist ovovivipar. Im August bringen die Weibchen bis zu (5-) 14 Junge zur Welt, die mit 3-4 Jahren geschlechtsreif werden. Im ersten Lebensjahr ernähren sie sich hauptsächlich von Heuschrecken und Eidechsen, später überwiegend von Mäusen, seltener von bodenlebenden Vögeln, gebietsweise auch von Maulwürfen oder Fröschen [4; 5; 6; 7].

Gefährdung und Schutz

Obwohl die Bestände zurückgehen, ist die Europäische Hornnotter in ihrem großen Verbreitungsgebiet noch immer sehr häufig. Sie wird deshalb aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2008 als nicht gefährdet eingestuft [1].

Der internationale Handel wird durch CITES nicht geregelt. Die Hornotter fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und ist ist eine streng zu schützende Tierart nach Anhang IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG).

Bedeutung für den Menschen

Die Sandotter gilt als die giftigste Schlange Europas. Ihr Gift entält neurotoxische und cytotoxische Kompnenten, die zu Lähmungen bzw. lokalen Nekrosen führen können. Sie ist zwar wenig angriffig, aber Todesfälle sollen auf dem Balkan jedes Jahr vorkommen [4; 6]. BREHM zitiert zur Gefährlichkeit der Sandotter folgenden Kommentar: "Den Winzern, welche gewöhnlich unbeschuht arbeiten, besonders aber den Kindern, wird die Sandotter nicht selten verderblich. Sie besitzt ein weit heftiger wirkendes Gift als die italienische Viper, so daß man den Biß, zur heißen Jahreszeit einem kindlichen oder sonst geschwächten Organismus beigebracht, geradezu für tödtlich erklären kann. Glücklicherweise ist sie sehr träge und verräth sich durch einen unausstehlichen Knoblauchgeruch. Da sie nie zum angreifenden Theile wird, sondern nur zufällig getreten beißt, könnte man sie als unschädlich betrachten ..." [2].

In den Balkanländen werden Sandottern hauptsächlich für die Serumproduktion gefangen [1].

Haltung

Die Sandotter gehört zu den "Gefahrtieren", deren Haltung in manchen deutschen Bundesländern unter sicherheitspolizeilichen Aspekten eingeschränkt oder geregelt ist. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und der Verband Deutscher Verein für Aquarien- und Terrarienkunde (DVA) haben zu dieser Thematik einen Leitfaden herausgegeben [9]. Die Tiere sollten nur von erfahrenen Haltern gepflegt werden. Für ihre Haltung wird ein geräumiges, schwach geheiztes Trockenterrarium empfohlen, in dem tagsüber eine Lufttemperatur von 20-24ºC und eine Bodentemperatur von 22-lokal 26ºC herrschen und das nachts kühler ist. Als Bodensubstrat eignet sich Geröll. Eine Strukturierung mit geschichteten Steinplatten, trockenen Ästen, sowie eine Tränke und ein Schlupfkasten bilden die Einrichtung [6]. In manchen Zoos wird die Art während des Sommerhalbjahrs in Freilandterrarien gezeigt. Zumindest in öffentlich zugänglichen Einrichtungern wird sie nicht häufig nachgezogen. Zuchterfolge konnten u. a. der Zoo Frankfurt, die Wilhelma und der Reptilienzoo Happ in Klagenfurt verzeichnen.

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in etwa 40 Institutionen gezeigt, von denen sich rund die Hälfte im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll ein Terrarium für zwei etwa gleich lange Tiere mindestens 1.25x so lang und 0.75x so breit sein wie die Gesamtlänge eines Tieres. Die Höhe soll die Hälfte der Gesamtlänge betragen. Für jedes weitere Tier ist das Terrarienvolumen unter Beibehaltung der Proportionen um 20% zu erhöhen. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege vor, dessen Grundfläche dem 1.0x0.5-fachen und dessen Höhe der Hälfte der Gesamtlänge eines Tiers entsprechen. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist die Art nicht erwähnt. Es gelten die allgemeinen Bestimmungen für die Haltung von Schlangen.

Taxonomie und Nomenklatur

Carl von LINNÉ nannte die Sandotter 1758 "Coluber Ammodytes". Die französischen Zoologen DUMÉRIL & BIBRON stellten die Art 1854 in die Gattung Vipera. Aus Europa bis zum Bosporus wurden fünf Unterarten beschrieben. Bei einer weiteren Form, der in Kleinasien und am Kaspischen Meer lebenden transcaucasiana gehen die Meinungen darüber auseinader, ob es sich um eine Unterart oder eine eigene Art handelt. ammodytes bedeutet "Sandtaucher" und würde eigentlich besser zur Afrikanischen Hornotter, Cerastes, passen, die sich innert kürzester Zeit im Sand eingraben kann. Da Cerastes über jedem Auge ein Horn hat, bietet auch der deutsche Vulgärname "Hornotter" Anlass zu Verwechslungen [3; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. AGASYAN, A. et al. (2009. Vipera ammodytes. The IUCN Red List of Threatened Species 2009: e.T62255A12584303. http://www.iucnredlist.org/details/62255/0. Downloaded on 15 October 2017.
  2. BREHM, A. E. (1882-1887)
  3. BRODMANN, P. (1987)
  4. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  5. MEHRTENS, J. M. (1993)
  6. NIETZKE, G. (1969)
  7. O'SHEA, M. & HALLIDAY, T. (2002)
  8. THE REPTILE DATA BASE
  9. DGHT/DVA (Hrsg. 2014)

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Gelesen 19230 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 19 Juli 2023 09:55
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