Krokodile und Gaviale

Panzerkrokodil

Panzerkrokodil (Mecistops cataphractus) in der Ferme aux Crocodiles, Pierrelatte Panzerkrokodil (Mecistops cataphractus) in der Ferme aux Crocodiles, Pierrelatte
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Ordnung: Krokodile (CROCODYLIA)
Familie: Eigentliche Krokodile (Crocodylidae)

D CR 650

Panzerkrokodil

Mecistops cataphractus s. l. • The Slender-snouted Crocodile • Le faux-gavial d'Afrique

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Panzerkrokodil (Mecistops cataphractus) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Approximative Verbreitung des Panzerkrokodils (Mecistops cataphractus), in einem Teil der eingezeichneten Gebiete ist die Art heute möglicherweise ausgestorben

 

 

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Kopfansicht und -aufsicht des Panzerkrokodils (Mecistops cataphractus). Zeichnung Gerhard Richter, Berlin, für CITES ID-Manual

 

 

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Panzerkrokodil in Randers Regnskog © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Das Panzerkrokodil ist eine selten in Zoos gehaltene, mittelgroße Krokodilart, die durch eine etwas an den Sundagavial erinnernde, schmale, langgezogene Schnauze charakterisiert ist und deshalb auf Französisch als "Faux-gavial d'Afrique" bezeichnet wird.

Körperbau und Körperfunktionen

Panzerkrokodile können eine Länge von bis zu 4 m erreichen, wobei im Freiland Tiere von mehr als 3 m bereits selten sind. Die mittlere Größe adulter Tiere liegt in der Regel bei 2.5 m. Die Schnauze ist sehr lang und schmal, glatt und ohne Leisten oder Beulen. Oben sind meist 4 (im Zwischenkiefer) und 13-14 (im Oberkiefer), unten 15-16 Zähne in jeder Kieferhälfte vorhanden. Der 5. Oberkieferzahn ist am stärksten entwickelt, auf seiner Höhe ist der Oberkiefer etwas verbreitert. Auf dem Hinterkopf eine stark verbreiterte Schuppe, daneben je einer kleinere auf jeder Seite. 4 in einem Quadrat angeordnete Nackenhöcker mit starken Längskielen. Die Rückenschilder sind in 18-19 Quer- und meist 6 Längsreihen angeordnet. Die beiden mittleren Reihen der Schwanzschuppen sind gekielt, die Kielreihen verlaufen bis zum Ende parallel. Die seitlichen Schuppenkämme vereinigen sich auf der Höhe der 17.-19. Schuppe zu einem einzigen stark gezackten Schuppenkamm. Die Hinterpfoten sind sehr groß und weisen gut entwickelte Schwimmhäute auf. Oberseits sind alte Tieren dunkel-olive gefärbt, die Jungen sind heller und haben dunkle Flecken. Seitlich auf dem Unterkiefer 4-5 dunkle Flecken bei Jung- und Alttieren [2; 6; 7].

Verbreitung

West- und Zentralafrika [8; 11; 12]:

  • M. cataphractus: Elfenbeinküste, Gambia, Ghana, Liberia, Sierra Leone, Togo; Vorkommen zweifelhaft in Guinea, Nigeria, Togo; möglicherweise ausgestorben in Benin, Burkina Faso, Mali, Senegal; ausgestorben in Tschad; eingeführt in den USA (Florida).
  • M. leptorhynchus: Angola (Cabinda, aber möglicherweise ausgestorben), Äquatorial-Guinea (möglicherweise ausgestorben in Rio Muni, eingeführt auf Bioko), Burundi, Gabun, Kamerun, Kongo Dem., Kongo Rep., Zentralafrikanische Republik; möglicherweise ausgestorben in Sambia, Tansania .

Lebensraum und Lebensweise

Das Panzerkrokodil scheint Flüsse, Stauseen und Süßwasserlagunen mit dichter Ufervegation zu bevorzugen, kommt aber in Savannengebieten auch in Gewässern mit bescheidener Ufervegetation vor. Es ist hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv. Seine Beute sind vor allem Fische, bei Jungtieren auch Wirbellose. Zu Beginn der Regenzeit baut das Weibchen in Ufernähe einen Bruthügel, in den es im Mittel 16 relativ große Eier ablegt. Das Panzerkrokodil gibt oft Lautäußerungen von sich, was möglicherweise der Partnersuche und der Revierabgrenzung dient [6; 7].

Gefährdung und Schutz

Nach einer Beurteilung aus dem Jahr 2013 gelten die Panzerkrokodile als unmittelbar vom Aussterben bedroht. Es besteht kein Zusammenhang mehr zwischen der west- und der zentralafrikanischen Population und es gibt mittlerweile 10 getrennte Subpopulationen. Der Gesamtbestand an adulten Tieren liegt irgendwo zwischen 1'000 und 20'000 und ist abnehmend [8].

Bedeutung für den Menschen

BREHM stellt aufgrund eines Reiseberichts des in Liberia als Missionar tätigen amerikanischen Arztes und Naturforschers Thomas Staughton SAVAGE fest:  "Der Name 'Khinh', welcher dem Panzerkrokodile von den Negern beigelegt wurde, ist derselbe, den sie auch dem Hunde geben. Es ist furchtsam und ungefährlich, wird daher auch sehr oft von den Eingeborenen gefangen, um eine beliebte Speise zu liefern" [1].

Von 1976-2015 wurde aus den Ursprungsländern Exporte im Umfang von 12'222 Häuten gemeldet, die hauptsächlich vor 1990 stattfanden. Die Ausfuhr von lebenden Tieren aus Afrika beschränkt sich im selben Zeitraum auf 53 Stück, 39 davon Nachzuchttiere aus dem St. Lucia Crocodile Center in Südafrika [3].

Haltung

Es wird empfohlen, einem verträglichen Paar durchschnittlich großer Adulttiere mindestens einen Landteil von 12m² und einen Wasserteil von 24 m² anzubieten (N.B. Diese Werte können eventuell unter den gesetzlichen bzw. behördlichen Mindestanforderungen liegen!). Die Wassertiefe soll von 0.5-2 m variieren. Für jedes zusätzliche Tier sollen 2 m² Land- und 5 m² Wasserfläche mehr zur Verfügung stehen. Die Temperatur soll zwischen 22-30°C liegen (für Jungtiere etwas höher) und es sind punktuell wärmere Bereiche zu schaffen, zu denen die Tiere ungehindert Zugang haben. Es wird Einzel- oder Paarhaltung empfohlen, eventuell Haltung in kleineren Gruppen. Das Gehege ist so zu konzipieren, dass es weitgehend gefahrlos gereinigt und gewartet werden kann [4; 5]

Krokodile gehören zu den "Gefahrtieren", deren Haltung in manchen deutschen Bundesländern unter sicherheitspolizeilichen Aspekten eingeschränkt oder geregelt ist. Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und der Verband Deutscher Verein für Aquarien- und Terrarienkunde (DVA) haben zu dieser Thematik einen Leitfaden herausgegeben [7].

Höchstalter im Zoo: Die ältesten bekannten Panzerkrokodile in Menschenobhut gelangten 1929 in den Rotterdamer Zoo. Das Weibchen starb im Juli 2014 nach einer Haltungsdauer von über 85 Jahren. Das Männchen war zu diesem Zeitpunkt noch bei guter Gesundheit [10].

Haltung in europäischen Zoos: Panzerkrokodile ausschließlich der westafrikanischen Form werden in etwa 15 europäischen Zoos gehalten. Vor 2015 gab es widerholt Nachzucht in Emmen, in den letzten Jahren auch in drei französischen Einrichtungen. Für Details siehe Zootierliste

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Reptiliengutachten 1997 des BMELF soll eine Anlage für ein Paar einen Landteil beinhalten, dessen Fläche mindestens 4x so lang und 3x so breit sein soll wie die Kopf-Rumpflänge der Tiere. Der Wasserteil soll das 5x4-fache und der Wasserstand 30% der Kopf-Rumpflänge betragen. Für jedes weitere Tier kommen beim Wasserteil 20% und beim Landteil 10% zur Basisfläche dazu. Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2017) schreibt für 1-2 Tiere ein Gehege mit einem Land- und einem Wasserteil vor, die je das 4x2-fache der Kopf-Rumpflänge messen. Für jedes weitere Tier kommen je 50% der Basisflächen dazu. Die Wassertiefe muss 50% der Kopf-Rumpflänge betragen. In der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2017) ist die Art nicht erwähnt.

Taxonomie und Nomenklatur

Das Panzerkrokodil wurde 1807 vom französischen Naturforscher und Direktor der Ménagerie von Paris, Georges CUVIER, als "Crocodilus cataphractus" beschrieben. Die Gattungsbezeichnung "Mecistops" wurde 1844 vom britischen Zoologen John Edward GRAY verwendet, danach aber wieder verworfen. Aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen wurde die Art 2003 in eine eigene Gattung gestellt und dazu der Name "Mecistops" wieder ausgegraben. Die Existenz zweier unterschiedlicher Formen ist schon seit längerer Zeit bekannt. In den 1970er Jahre wurde die zentralafrikanische Form aufgrund von Exterieurmerkmalen als "Crocodylus cataphractus congicus" beschrieben. Die Unterschiede reichten aber nach Ansicht späterer Autoren nicht aus, um ein eigenes Taxon zu begründen. 2014 wurde die  zentralafrikanische Form nun auch aufgrund molekulargenetischer Kriterien unter dem 1835 von dem englischen Zoologen Edward Turner BENNETT vergebenen Epitheton leptorhynchus als eigene Art beschrieben [9; 11; 12].

Literatur und Internetquellen

  1. BREHM, A. E. (1882-1887)
  2. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009)
  5. JENSCH, B., BAUR, M., BRANDSTÄTTER, F., FRIZ, T., KÖLPIN, T., SCHMIDT, F., SOMMERLAD, R. & VOIGT, K.-H. (2009A)
  6. NIETZKE, G. (1969)
  7. DGHT/DVA (Hrsg. 2014)
  8. SHIRLEY, M.H. 2014. Mecistops cataphractus. The IUCN Red List of Threatened Species 2014: e.T5660A3044332. http://www.iucnredlist.org/details/5660/0. Downloaded on 26 June 2017.
  9. THE REPTILE DATA BASE
  10. WEIGL, R. (2014)
  11. MIDTGAARD, R. - REPFOCUS
  12. SHIRLEY, M. H., CARR, A. N., NESTLER, J. H., VLIET, K. A. & BROCHU, C. A. (2018)

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx