Hirsche, Hirschferkel und Moschustiere

Südpudu

Südpudu (Pudu puda)im Zoo Wuppertal Südpudu (Pudu puda)im Zoo Wuppertal
© Zoo Wuppertal

Überordnung: LAURASIATHERiA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hirsche (Cervidae)
Unterfamilie: Trughirsche (Capreolinae)
Tribus: Amerikanische Trughirsche (Odocoileini)

D NT 650

EEPSüdpudu

Pudu puda • The Southern, or Chilean, Pudu • Le pudu du sud

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Südpudu-Bock (Pudu puda) in Nordens Ark, Hunnebostrand © Nordens Ark

 

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Approximative Verbreitung des Südpudus (Pudu puda)

 

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Südpudu-Weibchen (Pudu puda) im Edinburgh Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Südpudu (Pudu puda), Bock mit gegabelter rechter Stange im Zoo Wuppertal © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Südpudu (Pudu puda) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Südpudu (Pudu puda) im Zoo Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Südpudu-Weibchen (Pudu puda) im Edinburgh Zoo © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Südpudu-Kitz (Pudu puda) im Zoo Odense © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Südpudu-Kitz (Pudu puda) im Zoo Wuppertal © Zoo Wuppertal

 

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Südpudu (Pudu puda), Kitz im ZooBerlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Südpudu (Pudu puda) im Zoo Wuppertal © Zoo Wuppertal

 

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Südpudu-Bock (Pudu puda) im Zoo von Buenos Aires © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Südpudu (Pudu puda) im Zoo Berlin, Zeichnung von Wilhelm Eigener, 1936

 

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Nordpudu (Pudu mephistophelis) © Helge Zabka, ehemals Tierpark Ueckermünde


 

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Als kleinster Hirsch ist der Pudu von zoopädagogischem Interesse und spricht auch das allgemeine Zoopublikum an, weshalb er sich im Prinzip als Botschftaerart für Natur- und Artenschutz im südlichen Südamerika eignet. Trotzdem - und obwohl seine Haltung durch ein Zuchtgprogramm gefördert wird - ist er in europäischen Zoos nicht sehr häufig anzutreffen.

Körperbau und Körperfunktionen

Pudus sind die kleinsten Hirsche der Welt, der Südpudu ist minim größer als sein nördlicher Vetter. Seine Schulterhöhe beträgt knapp 40 cm, die Kopf – Rumpflänge 60 bis 80 Zentimeter bei einem Gewicht von 6 bis 13 Kilogramm. Die Ricken sind im Mittel etwas kleiner und etwa 1 kg leichter als die Böcke.  Kopf und Hals sind kurz, der Rumpf gedrungen mit rundem Rücken. Die Voraugendrüse ist groß, die Ohren sind kurz. Obere Eckzähne können bei Jungtieren vorhanden sein, fehlen aber bei Erwachsenen. Der 4 cm lange Schwanz verschwindet im Fell. Die Böcke tragen ein Geweih, das aus zwei einfachen ca. 8 cm langen, nur ganz ausnahmsweise verzweigten Stangen besteht. Zwischen den schmalen Klauen befinden sich eine  Interdigitaldrüse. Das Fell erwachsener Tiere ist ungefleckt, im Sommer rötlich, im Winter bräunlich. Die Ohren, der Bauch und die Beine sind heller rotbraun [3; 12].

Verbreitung

Südliches Südamerika: Südwest-Argentinien und Südchile [8].

Lebensraum und Lebensweise

Pudus leben in den Regenwäldern Argenti­niens und Chiles, deren Fläche durch Rodungen zunehemnd abnimmt, einschließlich der Insel Chiloe. Die Höhenverbreitung reicht vom Meeresspiegel bis auf 1'700 m. Vor Feinden verkrie­chen sich die Tiere in dichtes Gesträuch. Wegen ihrer geringen Größe sind sie sehr flink und können sich gut im Unterholz bewegen. Sie sind Selektiväser. Ihre Nahrung besteht aus Blättern, Rinde, Blüten, Früchten und Farnen, und sie können längere Zeit ohne Wasser auskommen. Zur Deckung ihres Nahrungsbedarfs benötigen sie Territorien von 15-25 ha, in denen sie zur Demonstration ihrer Besitzansprüche Latrinen anlegen und die sie gegen Konkurrente aktiv verteidigen. Ihre Fressfeinde sind der Puma, die Nachtkatze (Leopardus guigna), der Andenwolf, der Kampfuchs (bzw. auf Chiloe Pseudalopex fulvipes) und der Magellan-Uhu (Bubo magellanicus) [8; 12].

Puduböcke können bereits mit 4.7 Monaten geschlechtsreif sein. Die meisten paaren sich aber erst im Alter von 2-2.5 Jahren erfolgreich. Puduweibchen können bereits im Alter von 4.5 Monaten trächtig werden. nehmen aber meist erst mit 12-18 Monaten erstmals auf. Nach einer Tragzeit von etwa 7 Monaten wird in der Regel ein Kitz geboren, das bei der Geburt im Mittel etwa 865 g schwer ist und eine Schulterhöhe von rund 15 cm hat. Wie bei vielen anderen Hirschen ist das Jugendkleid gefleckt. Hauptsetzzeit ist in Südamerika von November bis Januar, in Europa von April bis Juni. Die meisten Weibchen gebären während ihres Lebens zwischen einem und vier Kitzen [7].

Gefährdung und Schutz

Die Bestände des Südpudus nehmen kontinuierlich ab (etwa 20% in den letzten drei Generationen / 12Jahre). Dies auf Grund der Verschlechterung der Lebensraumqualität und durch die Jagd. Eine weitere Abnahme in den nächsten drei Generationen ist anzunehmen. Da der Bestand aber noch ziemlich groß ist, vermutlich mehr als 10'000 Individuen, wird die Artaufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 gegenwärtig nur als potenziell gefährdet eingestuft (Rote Liste: NEAR THREATENED) [8].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang I eingeschränkt.

Bedeutung für den Menschen

Die (illegale) Jagd zur Gewinnung von Fleisch ist heute ziemlich bedeutungslos, hingegen werden immer mal wieder Tiere lebend gefangen, um private Haltungen und den Tierhandel zu alimentieren [8].

Von 1977-2017 registrierte Chile die Ausfuhr von wenig Wissenschaftsmaterial sowie von 9 lebenden Wildfängen. Im selben Zeitraum wurde weltweit die Ausfuhr von 118 Nachzuchttieren gemeldet. Davon stammten 62 aus Chile [1].

Haltung im Zoo

Seit 1969 besteht ein Internationales Zuchtbuch, das am Zoo Wuppertal geführt wird. Dieses umfasste im Dezember 2016 133 lebende Individuen in 39 Einrichtungen [IZY 52]. 2015 hat die EAZA Haltungsempfehlungen herausgegeben.

Als Altersrekord werden 17 Jahre und 9 Monate angegeben, erreicht von einem noch lebenden Weibchen, das im Rotterdamer Zoo geboren und gehalten wurde [11].

Haltung in europäischen Zoos: Der Höchstbestand wurde 1995 mit 111 Tieren erreicht, seitdem hat er auf etwa 60 Stück abgenommen, die alle in Europa geboren sind [9]. Die Art wird in rund zwei Dutzend Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Viertel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Seit 1985 gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP), das vom Zoo Wuppertal koordiniert wird. Dieses wurde 2020 in ein "New Style" EEP umgewandelt. Der Berliner Zoo hat eine besonders lange Tradition in der Haltung von Südpudus, Bereits im Jahr 1896 wurden dort die ersten Pudus gezeigt und bis zum 2. Weltkrieg verschiedentlich gezüchtet [3]. Die vermutliche Welterstzucht gelang im Jahr 1924.

Heute pflegt der Wuppertaler Zoo die größte Zuchtgruppe dieses seltenen Hirsches außerhalb seines natürlichen Verbreitungsgebietes. Seit 1973 wurden hier weit über 200 Kitze geboren. Ohne Berücksichtigung der frühen Jungtiersterblichkeit beträgt das mittlere Lebensalter bei Weibchen 4.80, bei Böcken 5.51 Jahre, die ältesten Tiere wurden 17.4 bzw. 15.8 Jahre alt [10].

Forschung im Zoo: Pudus sind selten Gegenstand von Forschungsarbeiten. Es gibt eine tiermedizinische Dissertation, die sich mit Untersuchungen zur Verfolgung der Sexualfunktion bei Pudus und einigen anderen Arten durch Progesteron- und Östrogenbestimmung aus dem Kot befasst [4].

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt vor, dass für ein Paar ein Außengehege von 80 m² und für jedes weitere Adulttier 10 m² zusätzlich vorhanden sein muss.

Ferner besagt das Gutachten pauschal, dass Hirsche in Sozialverbänden leben. Dies trifft aber für den Südpudu nicht zu: CZERNAY [2] verweist darauf, dass zwar in der älteren Literatur behauptet wurde, dass Pudus kleine Rudel bilden, dass aber bei neueren Freiland-Untersuchungen nie mehr als zwei Tiere zusammen angetroffen wurden. Im Zoo kann ein Bock mit bis zu drei Weibchen zusammengehalten werden, auch Junggesellengruppen von bis zu vier Tieren sind möglich. Größere Gruppen sind nicht sehr stabil [5; 10].

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 4 Tiere ein Gehege von 150 m² und einen Unterstand vor. Wird ein Stall angeboten, sollte er eine Fläche von 3 m² pro Tier haben. Größere Gruppen dürften gemäß Vorbemerkung H zur Säugetier-Tabelle nicht zulässig sein.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in Gruppen erfolgen. Für 5 Adulttiere ist ein Außengehege von 120 m² mit Unterständen als Witterungsschutz erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 12 m² zu erweitern, was man besser nicht versuchen sollte.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Südpudu wurde 1782 von dem italienischen Jesuiten und Naturforscher Giovanni Ignazio MOLINA unter dem Namen "Capra puda" erstmals wissenschaftlich beschrieben. John Edward GRAY vom British Museum in London stellte ihn 1852 als damals einzige Art in die neue, heute noch gültige Gattung Pudu. Die Art ist monotypisch [12].

Die zweite Art der Gattung, der Nordpudu (Pudu mephistophelis) wurde erst 1896 beschrieben. Die Tiere sind etwas kontrastreicher gefärbt und kurzbeiniger als Südpudus, weshalb sie auch "Kaninchenhirsche" genannt werden [6]. Im Jahr 1970 wurden durch den Tierpark Berlin vermutlich zum ersten Mal 1.1 lebende Nordpudus nach Europa eingeführt. 1972 erhielt auch der Zoo Berlin ein Paar. Alle Tiere lebten nicht lange.

Literatur und Internetquellen

  1. CITES TRADE DATA BASE
  2. CZERNAY, S. (1987)
  3. GRZIMEK, B. (ed., 1970)
  4. HEROLD, G. (1997)
  5. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  6. RAETHEL, H. S. (1999)
  7. SCHÜRER, U. & SLIWA, A. (2002)
  8. SILVA-RODRIGUEZ, E. et al. (2016). Pudu puda. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T18848A22164089. http://www.iucnredlist.org/details/18848/0. Downloaded on 26 May 2018.
  9. STADLER, A. (2018). EAZA Quick Population Assessment for Chilean Pudu, Pudu puda. EAZA Amsterdam.
  10. STADLER, A. & AURICH, J. (2015)
  11. WEIGL, R. (2005)
  12. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)

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Gelesen 29081 mal Letzte Änderung am Donnerstag, 11 Mai 2023 12:35
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx