Afrotheria

Klippschliefer

Klippschliefer, Zoo Basel Klippschliefer, Zoo Basel
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: AFROTHERIA
Taxon ohne Rang: PAENUNGULATA
Ordnung: Schliefer (HYRACOIDEA)
Familie: Schliefer (Procaviidae)

D LC 650

EEPKlippschliefer

Procavia capensis • The Rock Hyrax • Le daman des rochers

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Klippschliefer (Procavia capensis ev. syriacus) im Zoo Osnabrück © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Approximative Verbreitung des Klippschliefers (Procavia capensis). Südliches Teilareal: Unterarten capensis, johnstoni und welwitschii; nördliches Teilareal: übrige 14 Unterarten

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Klippschliefer (Procavia capensis, ohne Unterart-Angabe) im Etoschahaus des Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Kap-Klippschliefer (Procavia c. capensis) im Zoo Zürich © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Klippschlieferweibchen (Procavia capensis ev. syriacus) mit Kindergarten von Jungtieren unterschiedlichen Alters im Zoo Osnabrück © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Klippschliefer (Procavia capensis, ohne Unterart-Angabe) im Etoschahaus des Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Südafrikanische Klippschliefer (Procavia capensis capensis) im ZooPark Erfurt © Klaus Rudloff, Berlin

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Klippschliefer-Familie (Procavia capensis) unter der Wärmelampe im Etosha-Haus des Zoo Basel © Jörg Hess †, Zoo Basel

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Südafrikanischer Klippschliefer (Procavia capensis capensis) beim Sonnenbad im ZooPark Erfurt © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Klippschliefer (Procavia capensis)in Gemeinschaftshaltung mit Mähnenschafen und Dscheladas in der Wilhelma Stuttgart © Wilhelma (Pressefoto)

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Südafrikanischer Klippschliefer (Procavia c. capensis) auf dem Tafelberg, Südafrika © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Südafrikanischer Klippschliefer (Procavia c. capensis) im Marakele-Nationalpark Südafrika © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Südafrikanischer Klippschliefer (Procavia c. capensis) im Tsitsikamma-Nationalpark, Südafrika © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

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Ostafrikanische Klippschliefer (Procavia capensis jacksoni) im Laikipia-Distrikt, Kenia © Rainer Revers, ehem. Zoo Salzburg

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Syrischer Klippschliefer (Procavia capensis syriacus) im Naturschutzgebiet En Gedi, Israel © Klaus Rudloff, Berlin

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Syrischer Klippschliefer (Procavia capensis syriacus) bei Rosch haNikra, Israel © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Klippschliefer sind wegen ihrer anatomischen Besonderheiten und ihrer Eigenschaft als kleine Verwandte der Elefanten von Interesse für die Zoopädagogik. Als tagaktive und soziale Art ziehen sie die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich und sind daher gute Botschafter für den Schutz der Biodiversität der afrikanischen Savannen und Trockengebiete. In europäischen Zoos sind sie die am häufigsten gehaltene Schliefer-Art.

Körperbau und Körperfunktionen

Klippschliefer haben eine Kopf-Rumpflänge von 32-56(-58) cm und wiegen 3-4.5 (1.8-5.4) kg. Es gibt regionale Unterschiede, jedoch kaum einen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Die Ohren sind abgerundet, der rudimentäre Schwanz misst etwa 3 cm. Das Fell ist kurz und seine Farbe variiert. In Südafrika ist sie im trockenen Westen sandfarben, im feuchteren Osten dunkelbraun. Die Rückendrüse ist von längeren Haaren umgeben, die im südlichen Afrika meist dunkel, im Nahen Osten hellbraun bis gelblich sind. Unterbauch, Kehle, Kinn und Augenbrauen sind hell [2; 3; 7].

Verbreitung

Naher Osten und Afrika, von der Türkei bis Südafrika: Ägypten, Algerien, Angola, Äthiopien, Benin, Botswana, Burkina Faso, Djibouti, Elfenbeinküste, Eritrea, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Israel, Jemen, Jordanien, Kamerun, Kenia, Kongo Dem., Libanon, Lesotho, Libya, Malawi, Mauretanien, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Oman, Palästina, Ruanda, Sambia, Saudi-Arabien, Senegal, Sierra Leone, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Südsudan, Sudan, Swasiland, Tansania, Togo, Tschad, Uganda, Zentralafrikanische Republik, eventuell marginal in Syrien und der Türkei [1].

Lebensraum und Lebensweise

Klippschliefer sind an Fels gebunden. Sie fehlen in dichten Wäldern und sind ansonsten in allen Vegetationstypen von Wüsten und Halbwüsten über Fynbos, Grasland und Trockensavanne bis zu  Feuchtsavannen und Trockenwäldern verbreitet. Sie kommen auch im Gebirge und an Felsküsten vor. Sie sind tagaktiv, nachts schlafen sie in Felshöhlen und Felsspalten, wobei sie jedoch einen großen Teil des Tages an der warmen Sonne sitzen und dösen. Ein paar erfahrene Männchen halten abwechselnd Wache und warnen mit einem lauten Ruf vor Fressfeinden wie Leoparden, Schakalen und Greifvögeln. Bei Gefahr verschwinden die Schliefer in ihren Felsverstecken. Sie leben in stabilen Familienverbänden mit festen Territorien und bilden Kolonien, die bis zu 50 Tiere umfassen können. Sie ernähren sich ausschließlich von pflanzlicher Nahrung, die sie entweder am Boden oder im Geäst von Bäumen oder Büschen finden. Nach einer Tragzeit von ungefähr 220 (210-240) Tagen kommen 1-3(-6) Junge mit einem Geburtsgewicht von 170-250 g zur Welt. Diese bewegen sich vom Tag ihrer Geburt an selbständig durch die Welt: Die Augen sind geöffnet und sie können nach wenigen Sekunden umher laufen [2; 3; 7].

Gefährdung und Schutz

Der Klippschliefer hat eine weite Verbreitung, mutmaßlich eine große Gesamtpopulation und kommt in unterschiedlichen Lebensräumen und zahlreichen Schutzgebieten vor. Er gilt daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2014 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Die Art wird zur Gewinnung von Fleisch und Fellen bejagt, in Saudi-Arabien auch als Sport. Aus den Fellen werden in Südafrika Bettüberwürfe gefertigt [1].

Haltung

Im Zoo vergesellschaftet man Klippschliefer oft mit anderen Tierarten, so mit Mähnenschafen, Nubischen Steinböcken, Dscheladas oder Blauflügelgänsen. Bei der Gehegebegrenzung ist zu beachten, dass Klippschliefer aus dem Stand 2 m hoch springen können und Meister im Dreisprung sind.

Den Altersrekord hält ein im Brookfield Zoo, Chicago, geborenes Weibchen mit 14 Jahren und 10 Monaten [8].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in Europa in rund 45 Zoos gehalten, von denen sich ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Das Europäische Zuchtbuch (ESB, seit 2008) wurde bis 2011 am Zoo Osnabrück (UM) geführt, danach am Zoo Amsterdam und gegenwärtig (2021) am Zoo Zagreb.

Wie Klippschliefer gehalten werden (Beispiele):

Forschung im Zoo (Beispiel): Am Zoo Osnabrück wurden an einer Klippschliefergruppe chronoethologische Untersuchungen durchgeführt. Diese zeigten, dass die Tiere einen 24-Stunden-Rhythmus aufwiesen, der dem wildlebende Klippschliefer entsprach. Wie jene war die Zoogruppe tagaktiv und auch ihr Tagesprofil entsprach demjenigen wildlebender Artgenossen. Nach dem Anschalten und vor dem Abschalten der Wärmelampe zeigten die Klippschliefer im Zoo thermoregulatorisches Verhalten unter dieser, wie wild lebende Artgenossen unter der Sonne. Fressperioden existierten am Morgen sowie nachmittags und abends, wobei die Zoogruppe, im Gegensatz zu ihren wild lebenden Artgenossen mit zwei Fressphasen, drei Gruppenfressaktivitäten zeigte. Den Rest des Tages und die Nacht verbrachten die Tiere grösstenteils mit von den Wärmelampen unabhängigem thermoregulatorischem Verhalten [5].

Mindestanforderungen an Gehege:Das Säugetiergutachten’96 sah eine Grundfläche von 8 m² für eine Gruppe von fünf Klippschliefern vor. Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird als Mindestfläche für 5 Buschschliefer 10 m² vorgegeben, je weiteres Tier  zusätzlich 2 m², und als Gehegehöhe 2,5 m. Dafür gibt es keine wissenschaftliche Begründung.  Tierhaltererfahrung zeigt, dass Buschschliefer sich sogar in Gehegen, die kleiner sind als die Vorgaben des alten Gutachtens, nachhaltig halten und züchten lassen und keine Verhaltensabweichungen zeigen. Daher sind nach Ansicht der Tierschutzsachverständigen der Zoos folgende Gehegedimensionen nach wie vor als Mindestanforderung zu akzeptieren: Einer Gruppe von bis zu 5 Klippschliefern muss ganzjährig eine Fläche von 8 m² zur Verfügung stehen, für jedes zusätzliche erwachsene Tier ist die Fläche um 1,5 m² zu erhöhen. Die Gehegehöhe darf 2 m nicht unterschreiten. Ferner müssen Klettermöglichkeiten nicht, wie das Gutachten vorgibt, aus Fels, Verstecke nicht aus Felsnischen bestehen. Klettermöglichkeiten aus anderen Materialien und einfache Rückzugskisten erfüllen gleichermaßen den Zweck.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-5 Tier ein Außen- und Innengehege von je 16 m² / 40 m vor. Für jedes weitere Tier kommen jeweils 3 m² zur Basisflächen dazu. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) fordert für 5 Tiere ein Außengehege von 20 m² und ein Innengehege von 5 m². Für jedes weitere Adulttier sind die Flächen um 2 bzw. 0.5 m² zu erhöhen. Ein ganzjähriger Zugang zum Außengehege mit zwei Durchgängen ist zu gewährleisten.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Art wurde 1766 vom Berliner Naturforscher Peter Simon PALLAS, den Katharina die Große als Professor nach Petersburg berufen hatte, als "Cavia capensis" beschrieben. 1780 stellte sie der Tübinger Professor Gottlieb Conrad Christian STORR in die neue Gattung Procavia. Procavia gilt gegenwärtig als monospezifische Gattung, wobei von der einen Art 17 Unterarten anerkannt werden. Manche Autoren gehen aber von vier Arten mit etwa 37 Unterarten aus, und molekulargenetische Untersuchungen deuten auf die Existenz von zwei verschiedenen Arten hin [3; 4; 9; 10]. Ausgiebig diskutiert wird die vielfach spekulative Klippschliefer-Taxonomie in einem 2020 in der Zeitschrift ELIOMYS erschienenen Artikel. Darin wird von einer Art mit 17, eventuell weniger Unterarten ausgegangen, die in vier Unterartgruppen (capensis , welwitschii, habessinica und syriaca, letztere unterteilt in die Untergruppen syriaca, pallida, mackinderi und kerstingi) [11].

Als Martin LUTHER die Bibel vom Hebräischen ins Deutsche übersetzte, unterlief ihm ein zoologischer Lapsus. «Shaphan» übersetzte er mit «Kaninchen». Im Hebräischen heisst dies jedoch «der Sichversteckende», und gemeint ist der Klippschliefer. Die Phönizier hatten nämlich - 1100 Jahre vor Christus - bei ihrer Landung auf der Pyrenäenhalbinsel Tiere entdeckt, die, von weitem betrachtet, den ihnen von zu Hause bekannten Klippschliefern ähnlich sahen. Daher nannten sie das Land «i-shaphan-im», was später latinisiert zu «Hispaña» wurde. Also bedeutet «Spanien» eigentlich «Land der Klippschliefer». Und natürlich hatten sich auch die Phönizier getäuscht: Was sie für Klippschliefer hielten, waren Wildkaninchen [6].

Literatur und Internetquellen

  1. BUTYNSKI, T. et al. (2015). Procavia capensis. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T41766A21285876. http://www.iucnredlist.org/details/41766/0. Downloaded on 23 May 2018.
  2. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  3. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  4. HAHN, H. (1959)
  5. HÖFT, S. (2010)
  6. HOFMANN, H. (1992)
  7. MILLS, G & HES, L. (1999)
  8. WEIGL, R. (2005)
  9. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  10. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  11. MESCHKE, T. (2020)

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Gelesen 48561 mal Letzte Änderung am Dienstag, 16 Januar 2024 14:43
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