Wale und Robben

Kegelrobbe

Kegelrobbe im Dolfinarium Harderwijk Kegelrobbe im Dolfinarium Harderwijk
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia) bzw. Robben (Pinnipedia)
Familie: Hundsrobben (Phocidae)

Red list status Least concern

EEPKegelrobbe

Halichoerus grypus • The Grey Seal • Le phoque gris

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Kegelrobbe (Halichoerus grypus) im Zoo Rostock © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Approximative Verbreitung der Kegelrobbe (Halichoerus grypus)

 

 

 

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Kegelrobbe (Halichoerus grypus) im Dolfinarium Harderwijk © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Kegelrobbe (Halichoerus grypus) im Dolfinarium Harderwijk © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Kegelrobbe (Halichoerus grypus) im Zoo de Vincennes, Paris © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

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Hinterfüße einer Kegelrobbe (Halichoerus grypus) im Dolfinarium Harderwijk © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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Unterwassersicht auf Kegelrobbe (Halichoerus grypus) im ErlebnisZoo Hannover © Zoo Hannover (Pressefoto)

 

 

 

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Kegelrobben (Halichoerus grypus) im ErlebnisZoo Hannover © Zoo Hannover (Pressefoto)

 

 

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Kegelrobben (Halichoerus grypus) im ErlebnisZoo Hannover © Zoo Hannover (Pressefoto)

 

 

 

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An Land ohne Individualabstand ruhende Kegelrobben (Halichoerus grypus) im National Zoo, Washington DC ©Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

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An Land ruhende Kegelrobben (Halichoerus grypus) in Skansens Djurpark, Stockholm © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

 

Briefmarke Kegelrobbe
Briefmarkê der DDR mit Kegelrobbe (Halichoerus grypus) als Motiv

 

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Die nicht-gefährdete Kegelrobbe ist die größte in Mitteleuropa vorkommende Robbenart und ist als solche von zoopädagogischem Interesse. Sie wird daher relativ oft in Zoos gehalten, allerdings nicht so häufig wie der Seehund.

Körperbau und Körperfunktionen

Bei den Kegelrobben besteht ein deutlicher Sexualdimorphismus und die Tiere aus dem Westatlantik sind größer als jene der europäischen Populationen. In der Nordsee erreichen Bullen eine mittlere Kopf-Rumpf-Länge von 207 cm und ein Gewicht von 230(150-315) kg), Weibchen werden im Mittel 180 cm lang und 155(120-250) kg schwer. Jungtiere messen bei der Geburt 90-105 cm lang und sind im Mittel 14.8 (Weibchen) bis 15.8 kg (Männchen) schwer. Der Kopf ist kegelförmig. Es ist ein kurzer Schwanz von 12-18 cm vorhanden. Färbung und Fleckenzeichung sind ziemlich variabel [2; 3; 8].

Verbreitung

Nordatlantik und Nebenmeere: Ostsee und europäische Atlantik-/Nordmeerküste von Belgien bis Karelien und Island, gelegentlich weiter südlich bis Portugal. In Nordamerika von Maine bis Labrador und St. Lorenz-Golf [2].

Lebensraum und Lebensweise

Kegelrobben besiedeln die Schelfgebiete der gemäßigten und subarktischen Zonen des Nordatlantiks. Sie suchen ihre Nahrung auf meist kurzen Tauchgängen hauptsächlich in Bodennähe. Hauptbeute sind Sandaale (Ammodytes sp.), die bis zu 70% der Nahrung ausmachen können, ferner werden u.a. Heringe (Clupea harengus), Lodden (Mallotus villosus), Dorsche (Gadus morhua),Wittlinge (Merlangius merlangus), Köhler (Pollachius virens), Seewölfe (Anarhichas lupus) und Plattfische wie Flundern (Platichthy flesus), Schollen (Pleuronectes platessa) oder Klieschen (Limanda limanda) sowie Kalmare und Kraken gefangen. Einzelne Kegelrobben spezialisiern sich darauf andere Robben, namentlich Seehunde und Jungtiere der eigenen Art, zu töten und zu fressen [2; 8; 10].

Jagen Kegelrobben bodenlebende Fische wie Flundern, drehen sie sich auf den Rücken - so überschauen sie einen größeren Bereich. Jagen sie Fische im Freiwasser, spüren sie diese mit ihren Barthaaren auf. Tauchen Robben im eiskalten Wasser, nimmt die Temperatur der Hautoberfläche ab. Nur im Bereich der Barthaare bleibt sie deutlich höher, denn bei verminderter Temperatur könnten die mechanischen Rezeptoren nicht mehr reagieren. Das stark durchblutete Kammergewebe garantiert eine ausreichende Wärmeversorgung der Rezeptoren. Kegelroben erreichen Geschwindigkeiten bis zu 30 km/h. Ihre Tauchgänge können 20 Minuten andauern [Ozeaneum Stralsund].

Kegelrobben gebären ihre Jungen im Winter, in Schleswig-Holstein hauptsächlich im November-Dezember. Sie besitzen ein cremeweißes, langes Embryonalfell (Lanugo), das sie vor Kälte schützt. Im Prinzip können sie zwar gleich nach der Geburt schwimmen, meiden aber in den ersten Lebenswochen, das Wasser, damit sich ihr Fell nicht vollsaugt und der Kälteschutz verloren geht. Zu Ende der Säugezeit wird das Erstlingsfell gewechselt. Bereits nach der Geburt der Jungen beginnen die Bullen Territorien mit mehreren Weibchen abzugrenzen. Nachdem die Jungen abgestillt sind, kommt es zur Paarung, die entweder an Land oder im flachen Wasser stattfindet. Die Embryonalentwicklung setzt nach einer Keimruhe von drei Monaten ein und dauert acht Monate, sodass die Jungen jedes Jahr etwa zur gleichen Zeit geboren werden. Die Tiere werden mit etwa 4-7 Jahren geschlechtsreif, sind aber erst mit 10-15 Jahren voll ausgewachsen [Faltblatt Seehundstation Friedrichskoog].

Gefährdung und Schutz

Die Kegelrobbe ist weit verbreitet und hat einen großen Bestand, der an vielen Orten zunimmt und mittlerweile weltweit 600'000 Individuen umfasst. Sie gilt daher nach einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [2].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt. Die Kegelrobbe fällt unter die Anhänge II und V der FFH-Richtlinie (92/43/EWG), die Ostsee-Population auch unter Anhang II des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten.

Situation in der Nordsee: Von den Fischern als Konkurrenz angesehen, wurde die Kegelrobbe in 16. Jahrhundert in der Nordsee nahezu ausgerottet. Erst 1967 wurden die ersten wieder in deutschen Gewässern gesichtet, zuerst auf Amrum, 1975 dann auch auf Helgoland. Auf der Helgoländer Düne kam das erste Jungtier 1996 zur Welt. Die Zahl der Kegelrobbengeburten auf der Helgoländer Düne nahm in der Folge kontinuierlich zu. Im Winter 2014/15 wurden 247 Jungtiere gezählt, 2015/16 deren 317 [FOCUS online].

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Kegelrobben waren früher ein wichtiges Jagdwild für die lokale Bevölkerung. In den 1960-70er Jahren wurden Kegelrobben auf Orkney, den Hebriden und in der Nordsee zur Dezimierung der Bestände intensiv bejagt. Auf Orkney wurden Jungrobben bis in die 1980er Jahre geschlagen. Gegenwärtig ist die Kegelrobbe in den USA geschützt. In Kanada gibt es eine geregelte kommerzielle Jagd geringen Umfangs. Auch in Norwegen, Island und den Färöern ist die Bejagung in geregeltem Rahmen zulässig und wird zum Teil zum Schutz von Fischfarmen betrieben [2].

Haltung

Den publizierten Altersrekord hält ein weibliches Tier, das im Alter von knapp drei Jahren in Skansens Djurpark in Stockholm gelangte und dort im Alter von 42 Jahren und 11 Monaten starb [7].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in rund 50 Zoos gehalten, von denen sich ein paar wenige im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste. Es gibt ein Europäisches Zuchtbuch (ESB), das am Zoo Warschau geführt wird, und die EAZA hat Haltungsempfehlungen herausgegeben [5].

Eine Kegelrobbe die sich im Januar 2008 nach Marokko verirrt hatte, schleppte sich an der Küste von Casablanca an Land. Das Tier, ein junges Männchen, wurde von Mitgliedern des nationalen Fischereiforschungsinstituts Marokkos in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand gefunden. Der Loro Parque auf Teneriffa erklärte sich bereit, das Tier vorübergehend in Pflege zu nehmen. Nachdem sich das "Humphrey" genannte Tier bis zum Sommer erholt hatte, wurde es in Begleitung des Zootierarztes nach Bilbao geflogen, um im Golf von Biskaya freigelassen zu werden [PM Loro Parque].

Forschung im Zoo: Kegelrobben sind gelegentlich Gegenstand von Forschungsarbeiten. So bot die Gemeinschaftshaltung von Ostsee-Kegelrobben mit Nördliche Seebären und Kalifornischen Seelöwen im ErlebnisZoo Hannover Anlass für eine Untersuchung, ob und welche Auswirkungen diese in der Natur nicht vorkommende Vergesellschaftung hat [1]. Im Rahmen einer Dissertation wurden Maßnahmen zur Optimierung des Gesundheitsmanagements vorgeschlagen [4] und eine weitere Arbeit befasste sich mit Infektionen durch Lungenwürmer und serologischen Nachweismöglichkeiten [6].

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014  des BMEL besagt, dass die Fläche des Hauptbeckens für 5 Kegelrobben 200 m² groß sein muss. Dies entspricht den Best Practice Empfehlungen der EAZA, ist also keine Mindestanforderung. Das Becken muss ferner mindestens 3 m tief sein, so dass die Tiere im Großteil des Beckens vertikal frei im Wasser treiben können. Dies wird mit dem Schlafverhalten begründet. Diese Begründung ist aber nicht stichhaltig, denn eine Umfrage bei Zoos und der Seehundstation Friedrichskoog ergab, dass Kegelrobben nur selten vertikal unter Wasser schlafen. Hauptsächlich wird an der Wasseroberfläche oder im Flachwasserbereich sowohl auf dem Rücken als auch auf dem Bauch geschlafen, gerne auch auf dem Beckenboden, wobei sie von Zeit zu Zeit auch mit geschlossenen Augen zum Atmen nur mit der Nase an die Oberfläche kommen, um dann wieder nach unten zu sinken, ferner an Land oder treibend als Boje, wobei ein größerer Teil von Kopf und Hals aus dem Wasser ragt.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Becken mit einer Mindestfläche von 80 m² und einer Tiefe von 2 m vor. Für jedes weitere Tier ist die Fläche um 10 m² zu erhöhen. Ferner ist ein Landteil von 10 m² pro Robbe erforderlich. Dies ist für Seehunde und Ringelrobben akzeptabel, für die deutlich größeren Kegelrobben (die in der Schweiz noch nie gehalten wurden), aber zu knapp. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) verlangt für bis zu 5 Tieren ein Becken mit einer Mindestfläche von 200 m² und einer Tiefe von 1.5 m, für jedes weitere Tier ist die Fläche um 20 m zu erhöhen. Es ist ein Landteil erforderlich, der es allen Robben erlaubt, sich gleichzeitig am Land aufzuhalten, ferner müssen Absperrboxen vorhanden sein, deren Maße sich nach der Körpergröße der Art richtet.

Taxonomie und Nomenklatur

Die Kegelrobbe wurde 1791 Johann Christian FABRICIUS, einem Zoologen aus dem damals dänischen Herzogtum Schleswig, als "Phoca grypus" beschrieben. 1820 stellte sie der schwedische Naturforscher Sven NILSSON in die neue Gattung Halichoerus. Es gibt drei getrennte Subpopulationen, die von manchen Autoren als Unterarten aufgefasst werden [2; 8; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. BAHRMANN, J. (2015)
  2. BOWEN, D. (2016). Halichoerus grypus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T9660A45226042. http://www.iucnredlist.org/details/9660/0. Downloaded on 23 May 2018.
  3. GRIMMBERGER & RUDLOFF (2009)
  4. MARKOWSKI, S. (2013)
  5. MEIJER, G. & JOUSTRA, T. (2009)
  6. ULRICH, S.A., (2015)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  10. MERLOT, J. (2015). Das Rätsel der Killerrobbe. SPIEGEL ONLINE Wissenschaft vom 16.02.2015

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