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Nebengelenk- und Schuppentiere

Feldprojekt: Großer Ameisenbär

Großer Ameisenbär (Myrmecophaga tridactyla) in seinem Habitat Großer Ameisenbär (Myrmecophaga tridactyla) in seinem Habitat
© Lydia Möcklinghoff

Erforschung der Ökologie und des Verhaltens Großer Ameisenbären im brasilianischen Pantanal als Grundlage für zukünftige Artenschutzprojekte

Zoo Dortmund      

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Große Ameisenbären tragen ihre Jungtiere bis zu 7 Monaten auf dem Rücken © Lydia Möcklinghoff
Der Große Ameisenbär (Myrmecophaga tridactyla) ist eine Charakterart Südamerikas mit (außergewöhnlichem) Format. Er ist ein wichtiger Botschafter für den Schutz der brasilianischen Natur. Umso überraschender ist es, dass nur wenig über das Leben des Großen Ameisenbären in freier Wildbahn bekannt ist. Es gibt bis heute fast keine Studien. Die Populationen brechen jedoch vielerorts zusammen. Ohne Forschung ist ein effizienter Schutz kaum möglich.

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Das Pantanal ist zeichnet sich durch zahlreiche Süßwasser- und Salzwasserseen aus. Dazwischen liegen Waldgebiete und Savannen © Lydia Möcklinghoff
Deshalb steht der Große Ameisenbär seit 2009 im Zentrum dieser Studie zur Säugetier-Biodiversität im brasilianischen Pantanal. Das Pantanal ist eines der größten Binnenfeuchtgebiete der Welt. Das Mosaik aus Seen, offenen Savannen, Schwemmland und Galeriewäldern nimmt im Herzen Südamerikas eine Fläche der Größe Großbritanniens ein. Mit der Vielzahl an Lebensräumen stellt es, trotz der fortschreitenden Zerstörung durch den Menschen, immer noch ein kaum vergleichbares Naturparadies dar. Das Studiengebiet liegt im Süden des brasilianischen Pantanals, auf der nachhaltig bewirtschafteten Rinderfarm “Fazenda Barranco Alto“ an den Ufern des Rio Negro im Bundesstaat Mato Grosso do Sul (19° 34' 40"S  56° 09' 08"W).

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Ein Großer Ameisenbäre bei dem kaum erforschten Verhalten des Markierens von Bäumen © Lydia Möcklinghoff
Der Große Ameisenbär

Große Ameisenbären (Myrmecophaga tridactyla) sind Einzelgänger, nur die Mütter tragen ihren Nachwuchs bis zu neun Monate auf ihrem Rücken. Die spezialisierten Tiere ernähren sich ausschließlich von Ameisen und Termiten, die sie mit ihrer langen, klebrigen Zunge auflecken. Auf der Roten Liste der IUCN wird der Große Ameisenbär als gefährdet aufgeführt. In Uruguay und Teilen Mittelamerikas gilt er bereits als ausgestorben. Besonders die Zerstörung des Lebensraums, aber auch der Straßenverkehr machen dem eher langsamen Tier zu schaffen.

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Die Fazenda Barranco Alto ist am Fluss Rio Negro gelegen © Lydia Möcklinghoff
Das Projekt

In einer deutsch/brasilianischen Kooperation mit Veterinärmedizinern und Biologen setzen wir das erste und aktuell einzige mehrjährige Forschungsprojekt zu Ökologie und Verhalten des Großen Ameisenbären um. Diese langjährige Arbeit in Südamerika wird finanzielle und fachliche Unterstützung des Dortmunder Zoos und des Kölner Zoos möglich.

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Im Projektgebiet gelangen verschiedene Erstsichtungen, hier die Pampaskatze oder Colocolo © Lydia Möcklinghoff
Mittlerweile liegt eine umfangreiche Datenbasis und große Expertise vor. Basis der Datenerhebung ist eine Kamerafallenstudie zu Aktivitäts- und Bewegungsmustern terrestrischer Säugetiere. Kamerafallen lösen automatisch aus wenn sie Körperwärme und Bewegung registrieren. Es gelangen bereits einige regionale Erstsichtungen (z.B. von der Pampaskatze (Leopardus colocolo). Es soll dabei vor allem den Einfluss von Landnutzung auf die Tiere untersucht werden.

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Manchmal trifft man auch zwei Große Ameisenbären zusammen an © Lydia Möcklinghoff
Durch Kamerafallen und Verhaltensbeobachtungen kann aber auch mehr vom unbekannten Leben Großer Ameisenbären in freier Wildbahn in Erfahrung gebracht werden. Ein Fotoregister der “ansässigen“ Individuen wurde angelegt. Erstmalig konnte beobachtet werden, dass weibliche Ameisenbären jährlich Nachwuchs bekommen. Es konnte gezeigt werden, dass die meisten Individuen in stabilen, sich gegenseitig überlappenden Streifgebieten leben. Ein nie zuvor beobachtetes indirektes Kommunikationssystem wurde entdeckt, bei dem Große Ameisenbären Informationen mithilfe von Duftmarken austauschen.

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Kamerafallen, für Ameisenbären aufgestellt, erfassen auch andere Bewohner des Pantanals, hier der Jaguar © Lydia Möcklinghoff
Nächste Schritte

In Zusammenarbeit mit Veterinärmedizinern des Projeto Tamandua wird aktuell an der nächsten Projektphase gearbeitet. Große Ameisenbären im Studiengebiet sollen mit Sendehalsbändern ausgestattet werden. . Mithilfe dieser Halsbänder können die Bewegungsmuster der Ameisenbären über ein Jahr verfolgt werden (die aktuellen Positionen werden sogar live im Internet angezeigt).

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Auch das seltene Riesengürteltier ist im Untersuchungsgebiet heimisch © Lydia Möcklinghoff
Diese Daten sind entscheidend um dringend nötige Schutzkonzepte für die Art und ihren Lebensraum zu entwickeln. Da es bisher noch keine zufriedenstellend funktionierenden Sendehalsbänder für Ameisenbären mit einer doch eher ungewöhnlichen Morphologie existieren, werden diese momentan in einer Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Technikern entwickelt.

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Telemetrie von Ameisenbären © Lydia Möcklinghoff
Die Akteure

Verantwortlich für das Projekt ist  Dipl. Biol. Lydia Möcklinghoff. Sie erforscht den Großen Ameisenbären seit über zehn Jahren in unterschiedlichen Gebieten seiner Verbreitung. Aktuell promoviert sie am Zoologischen Forschungsmuseum Koenig in Bonn und kooperiert in Brasilien mit der Staatlichen Universität Mato Grosso. Ihr Studiengebiet ist die Farm vom Diplom Biologen Lucas Leuzinger „Fazenda Barranco Alto“ im südlichen Pantanal, auf der verschiedene Forschungsprojekte angesiedelt sind. Gediendson de Araujo, Veterinärmediziner im dortigen Jaguar-Forschungsprojekt, leitet die für die Besenderung nötigen Einfangaktionen. Physiologische Proben werden durch die Wissenschaftler des Projeto Tamanduá (www.tamandua.org) analysiert.

IS - 22.11.2016

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