Diese Seite drucken

Insektenfresser und Fledertiere

Westeuropäischer (Braunbrust-) Igel

Braunbrustigel (Erinaceus europaeus), im Juki in Privatgarten, Liebefeld-Bern Braunbrustigel (Erinaceus europaeus), im Juki in Privatgarten, Liebefeld-Bern
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: Insektenfresser (INSECTIVORA / EULIPOTYPHLA)
Ordnung: Igelverwandte (ERINACEOMORPHA)
Familie: Igel (Erinaceidae)
Unterfamilie: Stacheligel (Erinaceinae)

D LC 650<

Braunbrustigel, Westeuropäischer Igel

Erinaceus europaeus • The European Hedgehog • Le hérisson commun

103 005 008 003 erinaceus europaeus GOL GOL(1)
Braunbrustigel (Erinaceus europaeus), Tierpark Goldau © NTP Goldau

 

 

 

 

103 005 008 002 erinaceus europaeus map
Approximative Verbreitung des Braunbrustigels (Erinaceus europaeus)

 

 

 

 

103 005 008 003 erinaceus europaeus GOL GOL(2)
Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) im Natur- und Tierpark Goldau © NTP Goldau

 

 

 

 

103 005 008 003 erinaceus europaeus moskau KR1
Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

 

103 005 008 003 erinaceus europaeus moskau KR3
Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) im Zoo Moskau © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

 

 

Gesner Igel
Aus Conrad Gesners Thierbuch

 

 

 

 

103 005 008 003 erinaceus europaeus wiesbaden
Schädel eines Braunbrustigels (Erinaceus europaeus) in der Sammlung des Museums Wiesbaden © Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden. Veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz

 

 

 

 

Igel Briefmarke
Igelmotiv auf Briefmarke

 

 

 

 

Gzimek Igel Unterschrift
Der Igel war das persönliche Logo von Bernhard Grzimek

 

 

 

 

Mecki Steiff
Mecki-Puppen der Margarethe Steiff GmbH

 

 

Weitere Bilder auf BioLib

Der Braunbrustigel ist ein einheimischer Kulturfolger, der wildlebend in vielen zoologischen Einrichtungen vorkommt. Manche Zoos päppeln pflegebedürftige Igel auf. Permanent gehalten wird er aber in Mitteleuropa nur selten.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Braunbrustigel erreicht eine Kopf-Rumpflänge von (16-)25-30 cm, eine Schwanzlänge von 25 (12-44) mm und ein Gewicht von etwa 1.5 kg. Die Stacheln sind dunkelbraun mit hellen Spitzen. Der Bauch ist etwas heller, graubraun, ein weißer Brustfleck ist nicht vorhanden. Die Weibchen haben 5 Paar Zitzen [2; 3].

Verbreitung

Europa: Belgien, Dänemark, Deutschland Estland, Finnland; Frankeich; Großbritannien, Irland; Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Luxemburg; Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Russland, Schweden, Schweiz, Slowenien, Spanien, Tschechien [1].

Lebensraum und Lebensweise

Braunbrustigel sind überwiegend nachtaktive, einzeln lebende Bewohner von Parks und Gärten, Laub- und Mischwäldern und gehen im Gebirge bis auf eine Höhe von etwa 2'000 m. Sie ernähren sich von Käfern, Raupen, Würmern und anderen Wirbellosen, Fröschen, Echsen, Schlangen, Kleinsäugern, Vogeleiern, Pilzen und Obst. Sie bauen Nester aus Laub und Gras in Nischen und Höhlen. Pro Jahr wird in der Regel ein Wurf von 4-5 (3-10) blinden Jungen geboren. Diese werden mit 4-6 Wochen entwöhnt und werden mit etwa einem Jahr geschlechtsreif [3; 4].

Der Braunbrustigel ist ein echter Winterschläfer, der sich in Mitteleuropa in sein Winterquartier einwühlt und sich dort einrollt, wenn die Umgebungstempertur unter 15-17ºC absinkt. Während des Winterschlafs atmet er nur noch 5-8 mal, und sein Herz schlägt nur noch 18-22 mal pro Minute. Die Köroertemperatur kann bis auf ungefähr 5ºC (1.5-6ºC) absinken [4].

Obwohl als Kulturfolger in unmittelbarer Nähe zum Menschen lebend, blieb Vieles über die Lebensweise des Igels lange unbekannt. So enthält Conrad GESNERS Beschreibung des Igels aus dem Jahr 1563 [9] mehr Dichtung als Wahheit: "Zweierlei geschlechs deß Igels werden zu unseren zeiten gefunden / der ein hat ein rüssel gleich einer Sauw / wird genannt auf Teutsch Sauwigel: der ander aber ein schneugen wie ein Hund / wird auß der ursach genennt Hundsigel. Sie haben ein unterscheid von den orten her: dann etliche sein wild / werden in den wildnüßen und höltzeren gefunden: etliche aber bey den heüseren. Feißt als ein sauw ist der Igel so er entbestet ist oder geschunden: haben ihre hoden in dem leib / mehren sich nicht auf weiß und form als andere Thier so sie nicht aufsitzen mögen von wegen ihren dörnen / sondern mit auffrechten leib / oder stehend mit ihren beüchen.
Der Igel wohnet in dicken Hegen oder zeünen / und weingärten / vorauß zu Herbst zeit: Winters zeit aber verbergen und verschlieffen sie sich in höle baum / fressen speiß / äpffel unnd ander ding / so sie Sommers zeit zusamen getragen haben / dann sie walcken sich mit ihren dörnen auff die frücht äpffel oder traubenbeer / nemmen nicht mehr dan davon in ihr maul / tragen also die frücht in die holen baum."

Gefährdung und Schutz

Der Braunbrustigel ist eine endemische Art Europas. Er ist hier weit verbreitet und häufig. Er gilt daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [1].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt. Der Braunbrustgel ist eine geschützte Tierart nach Anhang 3 des Berner Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume.

Zoogestützte Artenschutzprojekte (Beispiele):

  • Verschiedene Zoos halten temporär pflegebedürftige Igel, rehabilitieren sie und wildern sie wieder aus. Der Natur- und Tierpark Goldau z. B. unterhält eine offizielle Igel-Pflegestation und stellt in diesem Zusammenhang zeitweilig auch Igel aus. Der Walter Zoo Gossau betreibt ebenfalls eine Pflegestation, die pro Jahr etwa 400 Igel aufnimmt, mit angeschlossenem Naturlehrpfad. Der ZooPark Erfurt kam 2018 in die Lage, zwei Igel die sich während eines Volksfestes am Inhalt einer zebrochenen Eierlikörflasche gütlich getan hatten und sturzbetrunken waren, zur Ausnüchterung zu übenehmen [Zooparkfreund 2018(1)]. mehr ...

  • Die Umweltstiftung des Parks Le Pal hat den Bau einer Igel-Pflegestation durch die Organisation ATOUPIC finanziell unterstützt.

Bedeutung für den Menschen

Da Igel bei Gefahr nicht flüchten, sondern sich "einigeln", werden sie häufig Opfer des Straßenverkehrs. Als Kulturfolger machen sie sich oft in Gärten bemerkbar und werden von gut meinenden Leuten behändigt und "gerettet", d.h. ins Haus genommen oder zu einem Zoo oder einer Igelstation gebracht. Dies ist grundsätzlich unzuläßig, es sei denn, das Tier benötige wirklich Hilfe.

Pflegebedürftig sind verletzte oder offensichtlich kranke Igel, eindeutig mutterlose Igelsäuglinge sowie Jungigel, die Ende Oktober das notwendige Winterschlafgewicht von 700 Gramm noch nicht erreicht haben [2]. Wer Igel zur Pflege aufnimmt, muss sich darüber im Klaren sein, dass dies mit sehr viel Aufwand verbunden ist, wie Walter und Christl PODUSCHKA [4] schön beschreiben. Wildlebende Igel sind auch so gut wie immer voll von Flöhen und Zecken und leiden an Lungenwürmern (Capillaria aerophila, Crenosoma striatum) und Darmparasiten (Capillaria erinacei, Capillaria ovoreticulata, Brachylaemus erinacei, Hymenolepis erinacei, Kokzidien), die mit den entsprechenden Medikamenten anzugehen sind. Sie sind auch empfänglich für das durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus (FSME) und können, ohne notwendigerweise selbst zu erkranken, ein Reservoir für diese auch für den Menschen gefährliche Krankheit darstellen [6].

Igel, die in menschlicher Obhut überwintert wurden, sollen mindestens auf das Gewicht aufgefüttert werden, das sie vor dem Einwintern hatten und sollen dann ab Mitte April bis spätestens Mitte Mai an einem Abend wieder freigelassen werden, wenn immer möglich und vertretbar am Fundort. Wenn möglich, sollte man nach der Freilassung noch einige Tage abends zufüttern.

Kulturelle Bedeutung: Igel sind Hauptdarsteller des bekannten Grimm-Märchens "Der Hase und der Igel". Christian Morgenstern hat ihnen ein Galgenlied gewidmet. Wilhelm Busch erwähnt den Igel in seinem Naturgeschichtlichen Alphabet: "Trau ja dem Igel nicht, er sticht, - Der Iltis ist auf Mord erpicht." und hat eine alte Fabel in ein Gedicht umgewandelt. Und dann gibt's "noch'n Gedicht" von Heinz Erhardt.

Eine im deutschen Sprachraum sehr populäre Figur ist der Igel "Mecki". Diese Igelpuppe geht auf einen während des Dritten Reiches produzierten Tiertrickfilm zurück und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Maskottchen der Programmzeitschrift Hörzu aufgebaut. Den Namen "Mecki" erhielt sie nach einem Hörzu-Redakteur namens Mecklenburg. Von 1952 bis 1964 erschien jeweils zu Weinachten ein "Mecki"-Bilderbuch im Verlag Hammerich & Lesser. Etwa während desselben Zeitraums wurden zahlreiche "Mecki"-Filme produziert. Auch die Margarethe Steiff GmbH in Giengen (Baden-Württemberg) nahm sich der Figur an und kreierte verschiedene Mecki-Puppen.

Haltung

Das Höchstalter im Zoo wird mit 11 Jahren und 8 Monaten angegeben [7]. Es wurde von einem Männchen erreicht, das in amerikanischen Zoos geboren und gehalten worden war.

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird als Teil des Tierbestands in rund 45 Zoos gehalten, von denen sich nur wenige im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt für 1-2 Tiere eine Mindestfläche von 2 m², für für jedes weitere Tier 1.5 m² zusätzlich an. In der Tierschutzverordnung der Schweiz (Stand 1.2.2022)ist der einheimische Igel von Anhang 2 ausgenommen. Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (2022)verlangt für ein Tier 6 m². Für jedes weitere Tier ist die Fläche  um 0.6 m² zu erhöhen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Braunbrustigel wurde 1758 von Carl von LINNÉ unter seinem heute noch gültigen Namen beschrieben [1; 3]. Die Art ist monotypisch. Gebietsweise überlappt sich ihr Areal mit dem des Nördlichen Weißbrustigels (E. roumanicus) [8].

Literatur und Internetquellen:

  1. AMORI, G. (2016). Erinaceus europaeus. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T29650A2791303. http://www.iucnredlist.org/details/29650/0. Downloaded on 15 May 2018.
  2. FRITZSCHE, H. (1985)
  3. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  4. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  5. PODUSCHKA, W. & CH. (1972)
  6. SCHÖNBÄCHLER, K., HATT, J.-M., SILAGHI, C., MERZ, N., FRAEFEL, C. & BACHOFEN, C. (2019)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019) 
  9. GESSNER, C., FORRER, K. & HEROLD, J. (1563)

Zurück zu Übersicht Insektenfresser und Fledertiere

Weiter zu Nord-Weißbrustigel (Erinaceus roumanicus)

Gelesen 33769 mal Letzte Änderung am Montag, 20 Februar 2023 15:12