Haltungsbedingungen

Vergesellschaftung

Gemeinschaftshaltung von Zebras, Elenantilopen und Straußen (früher) im Zoo Hannover Gemeinschaftshaltung von Zebras, Elenantilopen und Straußen (früher) im Zoo Hannover
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Breitmaulnashörner, Steppenzebras und Pinselohrschweine auf einer Afrika-Anlage im Zoo Osnabrück © Lukas Wittsleker, Pro Zoo

 

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Steppenzebras, Elenantilopen und Große Kudus auf Afrika-Savanne im ZOOM Gelsenkirchen ©i Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Problemlos und öfters praktiziert ist die Vergesellschaftung von Okapis (Okapia johnstoni) und Duckern (hier Cephalophus natalensis im Zoo Berlin) © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Vergesellschaftung von Haus- und Wildtieren, hier Breitmaulnshorn (Ceratotherium simum) und Watussirind (Bos primigenius f. africana) im CERZA-Zoo Lisieurx © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Parkteil Asien im Tierpark Hagenbeck - Kombination von Vergesellschaftung (Trampeltier und Kropfgazelle) und hintereinander in eine Sichtachse gelegte Gehege © Stephan Hering-Hagenbeck

 

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Trampeltiere (Camelus bactrianus) und Weißschwanzstachelschweine (Hytrix indica) im Arche Noah Zoo, Braunschweig © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Begegnung von Wolf und Syrischem Braunbäre im Natur- und Tierpark Goldau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Eine der vielen Rückzugsmöglichkeiten für die mit Syrischen Braunbären zusammenlebenden Korsakfüchse im Zoo Heidelberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Gemeinschaftshaltung von Kalifornischem Seelöwe und Atlantischem Tümmler im Tiergarten Nürnberg - Pressefoto TG Nürnberg

 

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Vergesellschaftung von Orang und Zwergotter im Tierpark Hagenbeck. Beide Arten haben Gehegebereiche, die nur für sie zugänglich sind © Uwe Wilkens, Hamburg

 

Die Vergesellschaftung unterschiedlicher Arten ist von zoopädagogischem Interesse, erlaubt sie doch zwischenartliche Beziehungen aufzuzeigen, wie z.B. Symbiose oder Biologische Rangordnung (siehe Bild: Elenantilopenbock / Zebras > Elenantilopenkühe > Strauße). Sie ist auch ein probates Mittel zur Verhaltensanreicherung. In der Aquaristik, Terraristik und der Vogelhaltung waren Gemeinschaftshaltungen bereits im 19. Jahrhundert gang und gäbe, wenn auch aus anderen Motiven. Dabei wurden oft zuviele oder nicht zusammenpassende Arten vergesellschaftet mit dem Ergebnis, dass Haltungs- und Zuchterfolge unbefriedigend waren. In den letzten Jahrzehnten haben die Zoos daher im Allgemeinen die Anzahl und Zusammensetzung der Arten auf Wassergeflügelteichen und Stelzvogelwiesen, in Volieren und Freilandterrarien drastisch reduziert.

Gemeinschaftshaltungen unter Beteiligung von Säugetieren sind eher jüngeren Datums. Anfänglich wurden hauptsächlich verschiedene Affenarten miteinander vergesellschaftet, wobei es sich in der Regel um zusammengewürfelte Gruppen von Einzeltieren handelte. Bei den Raubtieren gab es die Haltung von gemeinsam aufgezogenen Löwen und Tigern oder von verschiedenen Bärenarten, letztere mit dem Ergebnis, dass der dominante Eisbärenmann auch mit den Bärinnen sämtlicher anderer Arten kopulierte.

Eher aus praktischen, d.h. fütterungstechnischen, denn aus edukativen Gründen wurden bisweilen Huftiere der unterschiedlichsten Arten und Provenienzen zusammen auf sogenannten "Heufresserwiesen" gehalten. Solche Anlagen gibt es vereinzelt heute noch [1]. Pionier der zoogeografisch konzipierten Gemeinschaftshaltungen war Carl HAGENBECK mit seinem Afrika-Panorama, zu dem auch eine Savanne mit Zebras, Antilopen und Straußen gehörte [5]. Sinnvollerweise sollten solche Anlagen entweder für domestizierte Formen (z.B. Watussirinder, Hängeohrziegen, Somalischafe) oder aber für Wildformen, die im selben Biom, etwa der Savanne, vorkommen. Die Kombination von Haus- und Wildtieren kann zwar in der Praxis durchaus funktionieren, ist aber aus didaktischen Gründen eher abzulehnen [1].

Oft werden Huftiere auch mit Nagetieren vergesellschaftet, so z.B. Maras oder Wasserschweine mit Neuwelt-Kameliden oder Tapiren, Präriehunde mit Bisons, Alpenmurmeltiere mit Gemsen oder Steinböcken oder Stachelschweine mit Trampeltieren.

Auch bei manchen Raubtieren ist eine Kombination unterschiedlicher Arten möglich. So gibt es zahreiche Vergesellschaftungen von Braubären mit Rotfüchsen, Korsaks, Goldschakalen oder Wölfen. Werden sich konkurrenzierende Arten vergesellschaftet wie z.B. Brillenbär und Nasenbär, müssen für die unterlegene Art zweckmäßige Fluchtwege vorhanden sein, für Nasenbären z.B. Bäume mit einer Stammdicke bis zu 20 cm oder gespannte Seile mit einem Durchmesser von mindestens 20 mm, ferner geeignete und gut verteilte exklusive Rückzugsmöglichkeiten [3]. Eindrücklich ist die Vergesellschaftung von Baribals und Bisons, wie sie im Safari de Peaugres praktiziert wird. Mangusten werden in vielen Zoos zusammen mit anderen Arten gehalten, so z.B. Fuchs-, Zwerg-, Zebramangusten, Erdmännchen oder Kusimansen mit Stachelschweinen [7].

Kriterium für die Vergesellschaftung von Beutegreifern und Beute muss (nach Schweizerischer Tierschutzverordnung) sein, dass Fang und Tötung der Beutetiere unter Bedingungen wie im Freiland erfolgt. Voraussetzung dafür ist, dass das Gehege für beide, Beutegreifer und Beutetier, tiergerecht eingerichtet ist. Dies bedingt, dass ein Teil des Geheges ausschließlich für die Beutetiere zugänglich ist. Für die Vergesellschaft von Viperiden und Zwergmäusen z.B. ist ein ausreichend großes Röhricht aus Getreide-, Schilf- oder Bambusstengeln bis zu 7 mm Dicke und nicht unter 50 cm Höhe vorzusehen, das den Hauptaufenthaltsbereich der Mäuse bilden wird. Fische, die in Teiche in Bärenanlagen eingesetzt werden, müssen sich in Höhlen oder Baumstämmen in Bodennähe des Beckens verstecken können.

Auch Meeressäuger unterschiedlicher Arten lassen sich vergesellschaften. So schwimmen z.B. in der "Yukon Bay" des Erlebnis-Zoos Hannover Kalifornische Seelöwen (Zalophus californianus), Nördliche Seebären (Callorhinus ursinus) und Kegelrobben (Halichoerus grypus) fredlich miteinander, im Zoo Dortmund Kalifornische Seelöwen und Südamerikanische Seebären (Arctocephalus australis) und in der Delphin-Lagune des Tiergartens Nürnberg gar Kalifornische Seelöwen und Atlantische Tümmler (Tursiops truncatus).

Zahlreiche Beispiele für unterschiedliche, geglückte und missglückte Vergesellschaftungen werden von ZIEGLER [15; 16] und SVÁBIK [7-14] gegeben.

Gemeinschaftshaltung macht das Leben für die Tiere interessanter. Aber auch gefährlicher, denn auch Tiere bekommen nichts geschenkt. Es können unerwartet Krankheiten von Art zu Art übertragen werden. So können Schafe Träger des Erregers des Bösartigen Katarrhalfiebers (BKF, Ovines Herpesvirus Typ 2) sein. Sie erkranken selbst nicht, aber übertragen das Virus auf andere Wiederkäuer (z.B. Wisent, Elch, Rentier, Giraffe), bei denen es meistens zum Tode führt [6].

Huftiere unterschiedlicher Arten können sich durchaus miteinander verwandt fühlen was, namentlich zwischen männlichen Exemplaren zu Kämpfen um Reviere oder Weibchen führen kann. Unterschiedliche Körpermassen oder Kampftechniken bei können auch bei nicht sehr ernst gemeinten Kämpfen zu schweren, bisweilen tödlichen Verletzungen führen [4]. So fügte z.B. 2021 im Zoo Zürich ein Breitmaulnashornbulle einem Grévyzebrahengst eine tödliche Bauchverletzung zu [18].

Raubtiere können sich schon mal an einem Tier vergreifen, das im Freiland nicht zu ihrem Beutespektrum gehört. So war z.B. die Vergesellschaftung von Löwen mit Mangusten oder von Eisbären mit Polarfüchsen selten erfolgreich, auch wenn zahlreiche Verstecke und Fluchtmöglichkeiten eingebaut wurden. Die als Vegetarier angesehenen Kleinen Pandas töten und fressen junge Muntjakhirsche. Trompetervögel delektieren sich an jungen Agutis. Flusspferde, die jahrelang friedlich mit Antilopen, Zebras und Straußen zusammenlebten und gar zusammen mit ihnen spielten, töten ihre Gehegekumpane, wenn sie ins Wasserbecken steigen oder fallen. So geschehen 2004 im Zoo Basel, als der Flusspferdbulle den Grantzebrahengst, mit dem er seit 12 Jahren zusammengelebt hatten nach einem Sturz ins Wasserbecken tötete [17].

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Zwischenartliche Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Kampftechniken im Zoo Frankfurt. Zoo Archiv

Werden solche Ereignisse bekannt gegeben, rufen sie fast stets den Unmut von Tierfreunden hervor, derselben Leute, die lautstark verlangen, dass Tiere "artgerecht" und "wie in der Natur" gehalten werden sollen. Aber eben: In der Natur werden die meisten Tiere von anderen getötet und dann von diesen oder von anderen gefressen, und das eher früher als später. Warum soll es bei einer naturnahen Haltung im Zoo anders sein?

Literatur und Internetquellen:

  1. BLASZKIEWITZ, B. (2012)
  2. DORMAN, N.  & BOURNE, D.C. (2010)
  3. FAIVRE, C. (1995)
  4. GRZIMEK, B. (1956)
  5. HAGENBECK, C. (1908) 
  6. MATZAT, T. (2012)
  7. SVÁBIK, K. (rev. 2020)
  8. SVÁBIK, K. (rev. 2020a)
  9. SVÁBIK, K. (rev. 2020b
  10. SVÁBIK, K. (rev. 2020c)
  11. SVÁBIK, K. (rev. 2020d)
  12. SVÁBIK, K. (2021)
  13. SVÁBIK, K. (2022)
  14. SVÁBIK, K. (2022a)
  15. ZIEGLER, T. (2002)
  16. ZIEGLER, T. (2002a)
  17. ZOO BASEL - PM vom 11.07.2012
  18. ZOO ZÜRICH - PM VOM 24.12.2021

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx