Marder und Stinktiere

Dachs

Dachs (Meles meles), Tierpark Goldau Dachs (Meles meles), Tierpark Goldau
© NTP Goldau

berordnung: LAURASIATHERIA
Ordnung: Raubtiere (CARNIVORA)
Taxon ohne Rang: Landraubtiere (FISSIPEDIA)
Unterordnung: Hundeartige (Caniformia)
Familie: Marderverwandte (Mustelidae)
Unterfamilie: Marder (Mustelinae)

D LC 650

Dachs

Meles meles • The European Badger • Le blaireau d'Europe

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Dachs (Meles meles) im Wildpark Cīruļi, Kalvene, Lettland © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Approximative Verbreitung des Dachses (Meles meles).

 

 

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Dachs (Meles meles) im Wildpark Cīruļi, Kalvene, Lettland © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Dachse (Meles meles) gelangen bisweilen als verwaiste Jungtiere in einen Zoo, so hier im Natur- und Tierpark Goldau © NTP Goldau (Pressefoto)

 

 

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Dachs (Meles meles) im Zoo Dortmund © Wolfgang Dreier, Berlin

 

 

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Jungdachse (Meles meles) in Skånes Djurpark, Höör © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Nach jahrelanger Gemeinschaftshaltung von Fuchs und Dachs (Meles meles) im Natur- und Tierpark Goldau werden die beiden Arten jetzt getrennt präsentiert. Die Dachse haben 2020 eine neue, 300 m² große Anlage bekommen. © NTP Goldau (Pressefoto)

 

 

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Wie recht HEDIGER hatte: Als vor einigen Jahren militante Tierschützer die Dachse des Tierparks Bern "befreiten" liess sich eines der Tiere in unmittelbarer Nähe des Geheges nieder und wurde zur Attraktion für spätabendliche Tierparkbesucher © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Dachs (Meles meles), Jagdstrecke in der Schweiz 1958-2016. Quelle: Eidg. Jagdstatistik

 

 

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Durch Autounfälle in der Schweiz getötete Dachse, 1992-2016. Quelle: Eidg. Jagdstatistik

 

 

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Schädel eines Dachses (Meles meles) in der Sammlung des Museums Wiesbaden © Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden. Veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz

 

 

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"Dachs (Meles Taxus)". Bild aus Brehms Thierleben (1882-1887)

 

 

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„Dominik Dachs und die Katzenpiraten“ von Doris LECHER nach Danys Watkins-Pitchford

 

 

Briefmarke Dachs
Sonderbriefmarke "Pro Juventute" mit Dachsmotiv. Schweiz, 1965

 

 

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Als einheimische Art und wegen seiner kulturellen Bedeutung ist der Dachs zoopädagogisch interessant, kann aber als nachtaktive Art nur mit erheblichem Aufwand befriedigend präsentiert werden. Trotzdem ist er in Zoos und namentlich Wild- und kleineren Tierparks häufig anzutreffen.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einer Kopf-Rumpflänge von (44-)70-90 cm, einer Schulterhöhe von etwa 30 cm, einer Schwanzlänge von 11-20 (7-24) cm und einem Gewicht von 7-13 kg während des Sommers bzw. 15-25 kg anfangs Winter ist der Dachs die größte in Mitteleuropa vorkommende Marderart. Sein Körper ist massig, seine Beine sind relativ kurz, seine Füße haben vorne und hinten je 5 mit kräftigen Krallen bewehrte Zehen. Es sind Anal- und Unterschwanzdrüsen vorhanden. Der Kopf ist weiß mit zwei auffälligen schwarzen Streifen, die von der Schnauze über Augen und Ohren bis in den Nacken verlaufen. Die kleinen Ohren sind schwarz und haben einen weißen Saum. Rücken und Flanken sind silbrig grau, was dadurch zustande kommt, dass die 9-10 cm langen Deckhaare an der Basis weiß sind und gegen die Spitze einen schwarzen Streifen von 2 cm haben. Kehle, Bauch und Beine sind dunkelbraun bis schwarz, der Schwanz bei der Fähe grau und beim Rüden weiß. Die Fähen sind im Mittel etwas leichter als die Rüden, sie haben 3 Paar Zitzen [2; 4].

Verbreitung

Westliche Paläarktis: Afghanistan, Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, China, Kroatien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (mit Korsika), Georgien, Griechenland, Großbritannien, Irak, Iran, Irland, Israel, Italien, Kosovo, Lettland, Libanon, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Moldawien, Montenegro, Niederlande, Nord-Mazedonien, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russland (westlich der Wolga), Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Turkmenien, Syrien, Ukraine, Ungarn, Weißrussland [6].

Lebensraum und Lebensweise

Der Dachs ist bodenlebend und hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv. Er besiedelt Laub- und Mischwälder, dichtes Gebüsch, Feldgehölze, Wiesen und Parklandschaften, im Süden des Areals auch Steppen und Halbwüsten, vom Tiefland bis auf 2'000-2'500 m. Er lebt solitär, in Paaren oder in Familiengruppen von 3-30 erwachsenen Individuen. Die Tiere bewohnen weitläufige Baue. Sie sind Allesfresser und ernähren sich bei uns vorwiegend von Mais und anderen Getreidesorten, Wildkaninchen, Kleinnagern, Fröschen, Schnecken, Insekten, Regenwürmern, Obst, Wildbeeren und Siedlungsabfällen. Zur Deckung ihres Bedarfs benötigen sie Streifgebiete von 0.5-3 (0.1-20) km². Sie verhalten sich einzeln oder als Gruppe territorial. Dachse machen keinen Winterschlaf, sondern halten eine Winterruhe [2; 4; 6].

HEDIGER [5] charakterisiert den Dachs als gleichzeitig konservativ und anpassungsfähig. Konservativ, weil er seine Lebensgewohnheiten und seinen Wohnbezirk kaum ändert - man kennt Dachsbaue, die seit Jahrhunderten bewohnt werden, anpassungsfähig weil er dem Menschen geschickt ausweichen kann und sich durch die fortschreitende Technisierung nicht stören lässt.

Paarungen können während des ganzen Jahres stattfinden, mit Schwerpunkt zwischen Februar und März. Da der Embryo eine Keimruhe durchmacht, dauert die Trächtigkeit 9-12 Monate. Die 2-3 (1-5) nackten, blinden und tauben Jungen werden meist im Februar geboren. Sie wiegen bei der Geburt etwa 75-130 g, öffnen ihre Augen mit etwa einem Monat, werden 3-4 Monate gesäugt, sind mit 5-6 Monaten ausgewachsen und mit 12-15 Monaten geschlechtsreif, bleiben dann aber oft in der Gruppe oder wandern erst mit 2-3 Jahren ab. Dachse erreichen im Freiland ein Alter von maximal 10-12 Jahren. Verkehrsunfälle fordern etwa gleichviele Abgänge wie die Jagd, in der Schweiz im Mittel der letzten Jahre 2'200 Auto- und 173 Bahnunfälle [2; 3; 4; 6; 9].

Gefährdung und Schutz

Der Dachs ist weit verbreitet und im Allgemeinen häufig. In Mitteleuropa nehmen die Bestände nach Erlöschen der Tollwut wieder zu. Die Art gilt daher nach einer Beurteilung aus dem Jahr 2015 als nicht-gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [6].

Der internationale Handel ist unter CITES nicht geregelt. Der Dachs ist eine nach Anhang III des Berner Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume geschützte Tierart.

Situation in Mitteleuropa

Obwohl der Fuchs der Hauptüberträger der Tollwut in Europa war, litt der Dachs viel mehr unter dem Seuchenzug, der 1939 in Polen seinen Ursprung genommen hatte, 1947 die Oder und über die damalige Tschechoslowakei im selben Jahr das Waldviertel Österreichs erreichte, 1950 die damalige innerdeutsche Grenze überschritt und 1967 bei Schaffhausen die Schweiz gelangte. Faktisch war allerdings weniger die Tollwut als die anfänglich zur Tollwutbekämpfung eingesetzte Fuchs- und Dachsbau-Begasung das Problem. Währendem die wendigen Füchse sich rasch neue Heimstätten suchten, gingen die Dachse in ihren Bauen jämmerlich zugrunde und die Bestände kollabierten allenthalben [11].

In der Schweiz war das Tief in den Jahren 1979-84 erreicht. Danach ging es kontinuierlich aufwärts und ab Mitte der 90er-Jahre waren die Jagdstrecken mit rund 2500 Tieren gleich hoch wie vor der Tollwut. Seitdem sind sie weiter angestiegen, das Maximum der letzten Jahre wurde 2017/18 mit 4'621 erreicht. Auch in Österreich stiegen die jährlichen Abschüsse kontinuierlich an und erreichten 2003 mit 9'322 erlegten Dachsen das Maximum. Danach nahmen sie etwas ab, lagen aber 2019/20 bei 10'244 und 2020/21 bei 9'887. In Deutschland haben sich die Jahresstrecken innert 30 Jahren verzehnfacht und scheinen sich jetzt auf hohem Niveau zu stabilisieren (2007/08: 49'794; 2019/20: 88'896 Abschüsse) [1; 2; 3; 8].

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Der Dachs wird gebietsweise zur Gewinnung von Fleisch als Nahrungsmittel und Fett für die Zwecke der traditionellen Medizin bejagt. Aus seinen Haaren werden Rasierpinsel hergestellt. Er kann Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen, etwa an Mais, anderen Getreidesorten, Gemüse und Reben verursachen oder durch seine Grabtätigkeit die Landnutzung beeinträchtigen [2; 6].

Gesundheitliche Bedeutung: In Großbritannien ist der Dachs ein Reservoir für die Rindertuberkulose (Mycobacterium bovis), weshalb versucht wurde, ihn lokal auszurotten [6].

Kulturelle Bedeutung: Der Dachs spielt eine Rolle in Fabeln, Märchen und Sagen, wo er als Meister Grimbart bezeichnet wird. In der Fabel werden ihm menschliche Charaktereigenschaften zugeschrieben: er gilt als nachdenklich und ruhig. Es gibt auch etliche Kindebücher mit (vermenschlichten) Dachsen als Hauptfiguren. Bekannt ist im deutschsprachigen Raum namentlich die Geschichte "Dominik Dachs und die Katzenpiraten" und weitere Folgen des britischen Autors Danys WATKINS-PPITCHFORD, die vor allem in der Schweiz in den 1970er-Jahren  durch das Puppentheater des Schweizer Fernsehens bei Kindern sehr populär wurden.

Haltung

Bisweilen verirren sich Dachse in Städten in Situationen, aus denen sie nicht mehr herauskommen, worauf jeweils besorgte Anwohner den Zoo informieren, es sei ein Stachelschwein oder ein Ameisenbär im Hinterhof oder im Vorgarten. So geschehen 1945 in Basel, wo ein alter Dachs, vom Kleinbasel oder dem deutschen Grenzach-Wyhlen her kommend, über die Wettsteinbrücke gelaufen war und sich im Innenhof des Kunstmuseums verkriechen wollte. Das für das Leben im Freiland nicht mehr taugliche Tier wurde eingefangen und verbrachte seine beiden letzten Lebensjahre im Zoo, bis es wegen fortschreitender Altersbeschwerden eingeschläfert werden musste. "Ganz sicher wurde der Dachs nicht von einer Sehnsucht nach der "goldenen Freiheit" geplagt, die in Wirklichkeit eine Erfindung naturfremder Menschen ist." [5]

Dachse können im Zoo ein Alter von 18-19 Jahren erreichen [8].

Weil Dachs und Fuchs in der Natur bisweilen denselben Bau bewohnen, werden sie manchmal auch im Zoo in einem gemeinsamen Gehege gehalten. Die Tiere harmonieren aber nicht immer gut, sodass man sie besser in separaten Anlagen unterbringt oder für ausreichende Abtrennmöglichkeiten sorgt. Weitere Vergesellschaftungen gibt oder gab es mit Baummarder und Kolkrabe [10].

Haltung in europäischen Zoos:
 Die Art wird in gut 100 Zoos gehalten, von denen sich etwa ein Fünftel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Wie Dachse gehalten werden (Beispiel):

Mindestanforderungen an Gehege: Nach Säugetiergutachten 2014 des BMEL sollen Dachse in Gemeinschafts- oder verbindbaren Einzelgehegen von mindestens 25 m² / Tier gehalten werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für ein Paar ein Außengehege mit einer Grundfläche von 100 m² und für jedes weitere Tier zusätzlich 4 m² vor. In der früheren Fassung der Verordnung waren es 60 m². Für die Erhöhung gab es weder einen Anlass noch eine Begründung. In der der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für ein Paar ein Außengehege von 50 m² vorgeschrieben.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Dachs wurde 1758 von Carl von LINNÉ als "Ursus meles", also als Bär, beschrieben. Die Gattung Meles wurde 1762 von dem französischen Zoologen Mathurin Jacques BRISSON aufgestellt. Es wurden 23 Unterarten beschrieben, aber eine Überprüfung, inwiefern diese gültig sind, ist angebracht. Die Dachse werden bisweilen als eigene Unterfamilie (Melinae) angesehen, oder aber den Eigentlichen Mardern zugeordnet [9]. 

Literatur und Internetquellen

  1. DJV - JAGDSTATISTIK
  2. DO LINH SAN, E. (2010)
  3. EIDG. JAGDSTATISTIK
  4. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  5. HEDIGER, H. (1951)
  6. KRANZ, A. et al. 2016. Meles meles. The IUCN Red List of Threatened Species 2016: e.T29673A45203002. http://www.iucnredlist.org/details/29673/0. Downloaded on 22 June 2018.
  7. STATISTIK AUSTRIA - Jagdstatistik
  8. WEIGL, R. (2005)
  9. WILSON, D. E. & MITTERMEIER, R.A. eds. (2009-2019)
  10. SVÁBIK, K. (rev. 2020c)
  11. BREITENMOSER, U., KAPPELER, A., MÜLLER, U. & ZANONI, R. (1996)

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx