Hirsche, Hirschferkel und Moschustiere

Mesopotamischer Damhirsch

Mesopotamischer Damhirsch(Mada mesopotamica) in der Wilhelma Stuttgart Mesopotamischer Damhirsch(Mada mesopotamica) in der Wilhelma Stuttgart
©Wilhelma Stuttgart (Pressefoto)

Überordnung: LAURASIATHERiA
Taxon ohne Rang: CETARTIODACTYLA
Ordnung: Paarzeher (ARTIODACTYLA)
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
Familie: Hirsche (Cervidae)
Unterfamilie: Echte Hirsche (Cervinae)
Tribus: Echthirsche im engeren Sinn (Cervini)

D EN 650

EEPMesopotamischer Damhirsch

Dama mesopotamica • The Persian Fallow Deer • Le daim de Mésopotamie

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Mesopotamischer Damhirsch (Dama mesopotamica) im Sommerfell im Opel-Zoo, Kronberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Verbreitung des Mesopotamischen Damhirschs. Blau autochthone Vorkommen, rot: Wiederansiedlungen

 

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Mesopotamische Damhirschkuh (Dama mesopotamica) im Winterfell im Tierpark Lange Erlen, Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Mesopotamische Damhirsche (Dama mesopotamica) Paar in der Wilhelma Stuttgart © Wilhelma Stuttgart (Pressefoto)

 

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Mesopotamische Damhirschkuh (Dama mesopotamica) im Tierpark Oberwald, Karlsruhe © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Ruhender Mesopotamischer Damhirsch (Dama mesopotamica) im Sommerfell im Opel-Zoo, Kronberg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Mesopotamischer Damhirsch (Dama mesopotamica) im Winterfell im Tierpark Lange Erlen, Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Mesopotamische Damhirsche im Tierpark Berlin © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Mesopotamischer Damhirsch im Sommerfell im Opel-Zoo, Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Brünftiger Mesopotamischer Damhirsch (Dama mesopotamica) im Opel-Zoo, Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Mesopotamische Damhirschkuh (Dama mesopotamica) mit Kälbern im Opel-Zoo, Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Mesopotamischer Damhirsch (Dama mesopotamica), Kalb im Opel-Zoo Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Mesopotamischer Damhirsch (Dama mesopotamica), Kuh mit Kalb im Opel-Zoo, Kronberg © Archiv Opel-Zoo

 

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Freilassung einer Mesopotamischen Damhirschkuh (Dama mesopotamica) aus dem Opel-Zoo mit Senderhalsband in den Bergen von Jerusalem © Archiv Opel-Zoo

 

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Ohne Zoologische Gärten wäre der Mesopotamische Damhirsch heute wohl ausgestorben. Sein Überleben verdankt er hauptsächlich der Initiative des Opel-Zoos in Kronberg, die zum Schutz der geringen wildlebenden Restbestände und einem ex situ-Zuchtprogramm führte. Ausgehend von nur drei Wildfängen wurde in Kronberg eine blühende Zucht aufgebaut, aus der Tiere nicht nur an andere Zoos abgegeben, sondern auch für Wiederansiedlungsprojekte zur Verfügung gestellt wurden.

Körperbau und Körperfunktionen

Mit einer Kopf-Rumpflänge von 180-190(-235) cm, einer Schulterhöhe von 100-110 cm und einem Gewicht von 120-140 (-200) kg bei den Hirschstieren, sowie einer Kopf-Rumpf-Länge von 160-170 cm, einer Schulterhöhe von 85-90 cm und einem Gewicht von 70-80 kg bei den Kühen ist der Mesopotamische Damhirsch etwas größer und kräftiger gebaut als sein europäischer Vetter. Der Schwanz ist zwischen (12-)16 und 20 cm lang. Das Geweih mit sehr kurzer Augsprosse und einer weniger breiten Schaufel, die direkt am Rosenstock beginnt, ist mit etwa 50-55 cm kürzer als bei der europäischen Form. Die Oberseite des Wedels ist weiß, nicht schwarz. Das Sommerfell ist rötlichbraun, etwas heller als bei wildfarbenen Dama dama, mit kräftiger heller Fleckung, das Winterfell graubraun mit undeutlichen Flecken. Ein Aalstrich ist nicht vorhanden [2; 3; 8].

Verbreitung

Naher Osten: Iran, wobei aktuelle Informationen fehlen. 2013 gab es 371 Tiere in 14 eingezäunten Populationen. Ob noch wirklich wildlebenden Individuen existieren, ist nicht bekannt. Vor 1875 ausgestorben in Irak, Israel, Jordanien, Libanon, Palästina, Syrien, Türkei. Wiederangesiedelt in Israel, wo es 2014 rund 300 wildlebende und 250 im eingezäunten Hai Bar Carmel Reservat lebende Tiere gab. In der Antike wurde die Art auch in Zypen angesiedelt, ist dort aber wieder ausgestorben [7].

Lebensraum und Lebensweise

Die letzten wildlebenden Tiere hatten sich in dichten, hauptsächlich aus Weiden, Buschpappeln, Tamarisken und Mimosen bestehden Auenwald zurückgezogen und wichen bei Hochwasser auf nahegelegene Waldinseln aus. Die Nahrung besteht im Freiland überwiegend aus Blättern und Zweigen. Die Geweihe werden Ende Februar / anfangs März abgeworfen. Das neue Geweih wird im Juli gefegt. Die Brunft setzt im August oder September ein. Die meisten Kälber werden im Ursprungsgebiet nach einer mittleren Tragzeit von 229 Tagen im März gesetzt, im Zoo ab April. Sie sind Ablieger und folgen der Mutter erst im Alter von zwei Wochen [2; 4; 7; 8].

Gefährdung und Schutz

Der Mesopotamische Damhirsch gilt seit 1986, letztmals bestätigt 2015, als stark gefährdete Tierart (Rote Liste: ENDANGERED) bei sehr kleinem Bestand und nur noch sehr begrenzter Verbreitung [7].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Während der letzten Eiszeit war der Mesopotamische Damhirsch in Nordafrika und Vorderasien weit verbreitet und wird auch in der Bibel erwähnt. Heute gehört er zu den am wenigsten bekannten und seltensten Tieren dieser Größe. Mitte des 20. Jahrhunderts galt er als ausgestorben. Nach Hinweisen auf einige überlebende Tiere unterstützte Georg von OPEL, der Gründer des Opel-Zoos, mehrere Forschungsreisen in den Iran. Diese hatten zur Folge, dass die Regierung die Art unter Schutz stellte [3].

1955 wurden zwei kleine Herden im Dez-Wildschutzgebiet und Karkeh-Wildschutzgebiet in Südwest-Iran entdeckt. Durch die Expeditionen gelangten 1958 und 1962 insgesamt drei Tiere in den Opel-Zoo Kronberg. Sie und vier 1978 aus dem Iran nach Israel ausgeführte Tiere stellen weltweit die Grundlage der Zucht dieser außerordentlich seltenen Tierart dar. 1973 gab der Opel-Zoo eines der Ausgangstiere und sechs Nachzuchttiere an den Iran zurück. Weitere im Opel-Zoo geborenen Jungtiere wurden an andere Tierparks abgegeben, in den letzten Jahren sogar bis in den Zoo Jerusalem, der wiederum in Israel in einem großen Wildreservat eine Zuchtgruppe hält. Mittlerweile gibt es in Israel auch zwei frei lebende Populationen. 2017 stellte der Opel-Zoo zwei Tiere für die Wiederansiedlung in den Jerusalem-Bergen zur Verfügung

Im Iran wurden Tiere in eingezäunten Reservaten oder auf Inseln ausgewildert (Dasht-e-Naz und Semeskandeh Wildreservate in Nord-Iran, Ashk und Kaboudan Inseln im Uromiyeh-See (Uromiyeh Nationalpark) und ein Gehege im Arjan und Parishan-Schutzgebiet). Ferner soll es noch zwei ursprüngliche wilde Populationen mit zusammen weniger als 250 erwachsenen Individuen geben. Ohne das Eingreifen Georg von OPELS wäre der Mesopotamische Damhirsch mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgestorben. Derzeit existieren in rund 30 Zoologischen Einrichtungen und in Wildreservaten insgesamt über 1'000 Tiere [4; 7; PM Opel Zoo].

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • 2017 stelte der Opel-Zoo zwei Tiere für das Wiederansiedlungsprojekt zur Verfügung. Diese ollen allerdings im Jerusalem-Zoo bleiben und dur Verbreiterung der genetischen Basis der dortigen Zucht beitragen. Der Biblische Zoo in  Jerdualem wilderte von 2005-2022 insgesamt 192 (92.100) Mesopotamische Damhirsche in den Bergen westlich von Jerudalem aus. Mittlerweile gibt es bereits jungtiere der drittenGeneration, die im Freiland geboren sind [PM Opel-Zoo, 10].

Bedeutung für den Menschen

Mesopotamische Damhirsche wurden zur Fleischgewinnung und als Sport gejagt. Dies soll, obwohl illegal, immer noch der Fall sein [7].

In den antiken Hochkulturen des Nahen Ostens war der Mesopotamische Damhirsch das wichtigste Opfertier für Mond- und Jagdkulte [3].

Im Zeitraum 1977-2019 meldete Iran die Ausfuhr von 5 Naturentnahmen, 1980 ein lebendes Tier nach den Arabischen Emiraten und 1998 vier "specimens" nach Frankreich. Im selben Zeitraum wurde global die Ausfuhr von 72 Nachzuchttieren registriert, davon kamen 38 aus Deutschland [1].

Haltung

WEIGL gibt als Höchstalter für eine im Opel-Zoo gehaltene Mesopotamische Damhirschkuh 20 Jahre und 2 Monate an [6].

Haltung in europäischen Zoos: 1877, zwei Jahre nach der Wiederentdeckung der Art sandte der britische Vizekonsul ROBERTSON einige Tiere an den Londoner Zoo, wo 1880 die Welterstzucht gelang. Einige Exemplare gelangten nach Woburn Abbey in den Park des Duke of Bedford. In den 1920er-Jahren starb aber die englische Zoopopulation aus [3]. Der heutige europäische Bestand geht auf die Importe Georg von OPELs zurück. Die Art wird gegenwärtig in rund zwei Dutzend europäischen Zoos gehalten, von denen sich über ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden, ferner in einigen dem EEP angeschlossenen Zoos in Israel. Für Details siehe Zootierliste.

Das Internationale Zuchtbuch (ISB) wurde am Tierpark Berlin geführt und ging 2013 auf den Opel-Zoo Kronberg über. Dieser koordiniert nun auch das seit 1989 bestehende Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP).

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL gibt für eine Gruppe bis zu 5 Tieren ein Gehege von 200 m² vor und für jedes weitere Adulttier 10 m² mehr. Bei extensiver Haltung zur Grünlandnutzung durch Damwild sind bei einer minimalen Gehegefläche von 1 ha pro erwachsenes Tier 1'000 m² vorzuhalten, was in etwa der gängigen Praxis entspricht.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 8 Tiere ein Gehege von 600 m² mit Abtrennmöglichkeit und natürlichen oder künstlichen, allen Tieren gleichzeitig Platz bietenden Unterständen vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 60 m² zu erweitern. Bei Haltung auf Naturboden wie gewachsen sind die Flächen zu verdreifachen.

Die 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs regelt die Haltung von Damwild nicht.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Mesopotamische Damhirsch wurde 1875 von dem nordirischen Naturforscher Sir Victor Alexander BROOKE unter der Bezeichung "Cervus mesopotamicus" erstmals wissenschaftlich beschrieben. Bis vor wenigen Jahren wurde er als Unterart eingestuft, dann aufgrund molekulargenetischer Untersuchungen aus dem Jahr 2008 zu einer vollen Art erhoben. Die heute gültige Gattungsbezeichnung Dama wurde 1775 von Johann Leonhard FRISCH in seinem Werk "Das Natur-System der vierfüssigen Thiere" erstmals verwendet [8; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. CITES TRADE DATA BASE
  2. GRIMMBERGER, E. & RUDLOFF, K. (2009)
  3. GRZIMEK, B. (ed., 1970)
  4. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  5. SALTZ, D. (2013)
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WERNER, N.Y. et al. (2015). Dama mesopotamica (errata version published in 2016). The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T6232A97672550. http://www.iucnredlist.org/details/6232/0. Downloaded on 26 May 2018.
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  10. AVNI-MAGEN, N. et al. (2022). Reintroduction of the Persian Fallow Deer (Dama mesopotamica) in the Judean Mountains. EAZA Conservation Forum, Zagreb, May 2022 (Powerpoint-Präsentation)

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