Krallenaffen

Springtamarin

Springtamarin (Callimico goeldii) im Zoo Frankfurt Springtamarin (Callimico goeldii) im Zoo Frankfurt
© Klaus Rudloff, Berlin

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Neuwelt- oder Breitnasenaffen (Platyrrhini)
Familie: Krallenaffen (Callitrichidae)

D VU 650

EEPSpringtamarin

Callimico goeldii • The Goeldi's Tamarin • Le tamarin de Goeldi ou tamarin sauteur

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Springtamarin (Callimico goeldii) im Papiliorama Kerzers © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung des Springtamarins (Callimico goeldii)

 

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Springtamarin (Callimico goeldii) im Zoo Halle © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Springtamarine (Callimico goeldii) im Zoo de Servion © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Springtamarin (Callimico goeldii) mit Jungtier in der Wilhelma Stuttgart © Wilhelma (Pressefoto)

 

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Springtamarin (Callimico goeldii) im Zoo de Servion © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junger Springtamarin (Callimico goeldii), Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potensky / Tiergarten Schönbrunn

 

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Springtamarin (Callimico goeldii) im Zoo Halle © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Springtamarin (Callimico goeldii) mit Jungem im Zoo Halle © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Springtamarin (Callimico goeldii) mit Jungtier im Walter Zoo Gossau © Evelyne Eichenberger / Walter Zoo

 

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Springtamarin (Callimico goeldii) im Zoo Eberswalde © Wolfgang Dreier, Berlin

 

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Springtamarin (Callimico goeldii) im Tierpark Chemnitz © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Für den in seinem Ursprungsgebiet stark gefährdeten Springtamarin führen die Zoos ein internationales Zuchtbuch und betreiben ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm. Dementsprechend ist die Art, die sich mit verschiedenen anderen Krallenaffen vergesellschaften lässt, recht häufig in europäischen Zoos zu sehen.

Körperbau und Körperfunktionen

Springtamarine haben eine Kopf-Rumpflänge von 22 (19-25) cm und eine Schwanzlänge von 30 (26-35) cm. Das Gewicht beträgt bei gehaltenen Tieren 480 (400-555) g, bei wildlebenden unter 400 g. Im Gegensatz zu allen anderen Krallenaffen haben sie 3 Backenzähne, insgesamt also 36 Zähne anstatt 32. Die Vorderbeine sind kürzer als die hinteren. Mit Ausnahme der Großzehe, die einen Plattnagel aufweist, sind alle Finger und Zehen bekrallt. Die Haut von Gesicht, Ohren, Handflächen und Fußsohlen ist dunkel pigmentiert, meist schwarz. Der Kopf ist von einer schwarzen Mähne umgeben, welche die nackten Ohren bedeckt. Auch das übrige, seidenweiche Fell ist tiefschwarz, wobei es gelegentlich Individuen mit hellen Flecken gibt [5; 6; 8].

Verbreitung

Tropisches Südamerika: Oberlauf des Amazonas und dessen Nebenflüsse in Bolivien, Brasilien (Bundesstaaten Acre, Amazonas, Rondônia), Kolumbien und Peru. Das Artareal deckt sich weitgehend mit jenen von Cebuella pygmaea und Saguinus fuscicollis [4].

Lebensraum und Lebensweise

Springtamarine besiedeln bis auf eine Höhenlage von ca. 500 m Wälder mit Bambusdickichten, dünnstammige Wälder auf weißem Sand ("varillales") und Sekundärwälder mit dichtem Unterwuchs, in dem sie hauptsächlich auf Nahrungssuche gehen. Sie ernähren sich von Früchten, Insekten (vor allem Schmetterlinge und Gespenstschrecken, Pilzen und Baumexsudaten. Sie leben in Gruppen von 2-12 Tieren und nutzen Streifgebiete von meist über 100 ha. Sie ziehen zwischen 06:15 und 07:30 h los und kehren um 17-18 h zu ihren Schlafplätzen zurück, die sich im dichten Geäst oder Lianengewirr befinden. Oft bilden sie gemischte Gruppen mit Braunrückentamarinen (Saguinus fuscicollis), Rotbauchtamarinen (Saguinus labiatus), Kaiserschnurrbart- (Saguinus imperator) und Schnurrbarttamarinen (Saguinus mystax) mit denen sie gemeinsam auf Futtersuche gehen [3: 5; 7].

Nach einer Tragzeit von 151-152 Tagen bringt das α-Weibchen der Gruppe meist ein einzelnes Jungtier mit einem Geburtsgewicht von 45-66 g zur Welt. Die ersten 3-4 Wochen wird dieses nur von der Mutter getragen, danach wird es auch von anderen Gruppenmitglieder übernommen, die es auch füttern. Mit 2.5 Monaten beginnt es, kleine Exkursionen zu unternehmen. Ab 3.5 Monaten wird es entwöhnt. Mit etwas über einem Jahr ist es geschlechtsreif [7].

Gefährdung und Schutz

Der Springtamarin hat recht spezifische Ansprüche an seinen Lebensraum. Die Art hat daher an sich schon eine lückenhafte Verbreitung und ist relativ selten.  Da der Lebensraum abnimmt, schwinden auch die Bestände. Die Art gilt daher seit 1996, letztmals überprüft 2008, als gefährdet (Rote Liste: VULNERABLE) [2].

Der internationale Handel ist durch CITES-Anhang I eingeschränkt.

Bedeutung für den Menschen

Die Rote Liste der IUCN enthält keine Angaben über eine lokale Nutzung der Art [4]. Von 1977-2017 bewilligten Bolivien und Brasilien wenig Wissenschaftsmaterial von wildlebenden Individuen zur Ausfuhr. Dazu kamen aus Bolivien 27 und aus Peru 5 lebende Wildfänge. Im selben Zeitraum wurden weltweit 477 Nachzuchttiere international abgegeben, wichtigstes Ausfuhrland war die Schweiz, woher fast die Hälfte der Tiere kamen, mit Abstand gefolgt von Großbritannien [2].

Haltung

Der nach WEIGL älteste bekannte Springtamarin wurde im Brookfield Zoo, Chicago, geboren und starb im Biodôme Montréal ein Alter von 22 Jahren und 2 Monaten [7].

Nach den "Best practice"-Leitlinien der EAZA soll Springtamarinen tagsüber ein Gesamtvolumen (innen / außen) von 32.5 m³ (3+10 m² / 2.5 m hoch) zur Verfügung stehen, wobei das Gehege unterteilbar sein soll [1].

In vielen Zoos (z. B. in Dortmund, Halle, Karlsruhe, Köln, Münster) werden Springtamarine mit anderen Primaten (Callithrix pygmaea, Saguinus fuscicollis, S. labiatus, Pithecia pithecia) oder sonstigen Tieren ( z.B. Acouchis, Tangaren, Rallen, Basilisken oder Agakröten) vergesellschaftet [10].

Es gibt seit 1969 ein Internationales Zuchtbuch, das am Brookfield Zoo, Chicago geführt wird [9]. Dieses umfasste 2015 insgesamt 582 lebende Individuen in 140 Einrichtungen [IZY 52].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in über 100 Zoos gehalten, von denen sich gegen ein Drittel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

1915 wurde erstmals ein Springtamarin nach Europa eingeführt und im Londoner Zoo gezeigt [5]. Seit 1992 gibt es ein Europäisches Erhaltungszuchtprogramm, das vom Zoo Dublin als "New Style-EEP" koordiniert wird.

Wie Springtamarine gehalten werden (Beispiel):

  • Goeldi's Monkey Exhibit im Tropikariet i Helsingborg - siehe ZOOLEX Gallery
  • Exotenhaus (Freiflughalle) im Zoo Karlsruhe - siehe ZOOLEX Gallery

Mindestanforderungen an Gehege: Die auf dem Tierart-Datenblatt für den Rotbauchtamarin gemachten Angaben zum Säugetiergutachten 2014 , zur Stellungnahme der Tierschutzsachverständigen der Zoos und zu den EAZA-Haltungsrichtlinien [1] gelten auch für diese Art.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für bis zu 5 Tieren ein Innengehege mit einer Fläche von 3 m² und 2 m Höhe vor. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 0.5 m² zu ergänzen.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in kleinen Familiengruppen erfolgen. Dazu ist ein Innengehege mit einer Fläche von 10 m² und einer Höhe von 2.5 m erforderlich.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Springtamarin wurde nach dem Schweizer Naturforscher Emil August GÖLDI (1859-1917) benannt, der von 1880 bis 1905 in Brasilien tätig war, wo er das heute nach ihm benannte Museum für Naturkunde und Volkskunde des Bundesstaates Pará in Belém (Museu Paraense Emílio Goeldi) leitete. 1904 erhielt Göldi einen bislang unbekannten, kleinen, schwarzen Affen, den er in dem dem Museum angegliederten Zoo unterbrachte. Nach dem Tod des Tieres sandte er das Fell an das Britische Museum in London, wo es dem Säugetierkundler Michael Rogers OLDFIELD THOMAS als Grundlage für die Beschreibung einer neuen Art diente, die er nach GÖLDI benannte.

Callimico ist eine monotypische Gattung. Der Gattungsname stammt von der brasilianischen Zoologin Miranda RIBEIRO, die 1912 den Kadaver eines weiteren Springtamarins aus GÖLDIs Museum untersuchen konnte und zum Schluss kam, es handle sich um eine Zwischenform zwischen Krallenaffen und Kapuzinerartigen. Zeitweilig wurde die Art denn auch einer eigenen Familie, den Callimiconidae, zugeordnet [1; 5; 8; 9].

Literatur und Internetquellen

  1. BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
  2. CARROLL, B. (ed., 2002) / BARRÃO RUIVO, E. (ed. 2010)
  3. CITES TRADE DATA BASE
  4. CORNEJO, F. (2008). Callimico goeldii. The IUCN Red List of Threatened Species 2008: e.T3564A9947398. http://www.iucnredlist.org/details/3564/0. Downloaded on 18 May 2018.
  5. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  6. SCHRÖPEL, M. (2010)
  7. WEIGL, R. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  10. ZIEGLER, T. (2002a)

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx