Falken und Sekretäre

Wanderfalke

Wanderfalke (Falco peregrinus) im Tierpark Nordhorn Wanderfalke (Falco peregrinus) im Tierpark Nordhorn
Franz Frieling, Nordhorn

Ordnung: Greifvögel (ACCIPITRIFORMES/FALCONIFORMES)
Unterordnung: Falken (FALCONES)
Familie: Falken und Geierfalken (Falconidaee)
Unterfamilie: Falken (Falconinae)

D LC 650

Wanderfalke

Falco peregrinus • The Peregrine Falcon • Le faucon pèlerin

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Wanderfalke (Falco peregrinus) im Tierpark Nordhorn © Franz Frieling, Nordhorn

 

 

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Approximatives Brutareal des Wanderfalken (Falco peregrinus)

 

 

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Wanderfalke (Falco peregrinus) im Parc ornithologique de Pont de Gau, Les Stes. Maries de la Mer © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Wanderfalke (Falco peregrinus brookei) im Tierpark Berlin © Klaus Rudloff, Berlin

 

 

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Wanderfalke (Falco peregrinus brookei) im Safari Madrid, Aldea del Fresno © Johannes Pfleiderer, Zoo Leipzig

 

 

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Wüsten- oder Berberfalke (Falco peregrinus pelegrinoides) im Zoo Neunkirchen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Wüsten- oder Berberfalke (Falco peregrinus pelegrinoides) im Zoo Neunkirchen © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

 

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Die Wanderfalken-Zuchtstation in Nordens Ark © Nordens Ark

 

 

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Wanderfalken-Zuchtpaar (Falco peregrinus) in der Zuchtstation von Nordens Ark ©Nordens Ark

 

 

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Handaufzucht von jungen Wanderfalken (Falco peregrinus) in Nordens Ark © Nordens Ark

 

 

 

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Ei des Wanderfalken (Falco peregrinus) © Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden. Veröffentlicht unter der Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported-Lizenz.

 

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Wanderfalke (Falco peregrinus). Illustration aus BREHMS THIERLEBEN (1882-1887). Gemeinfrei

 

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Als Tierart, die hauptsächlich durch Nebenwirkungen des Einsatzes von Pestiziden an den Rand der Ausrottung gebracht wurde, als schnellster aller Vögel und wegen seiner großen kulturellen Bedeutung als Beizvogel ist der Wanderfalke von großem zoopädagogischem Interesse. Er wird deshalb in vielen zoologischen Einrichtungen gezeigt, sehr oft in Haltungen, welche Schauflüge durchführen.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Wanderfalke erreicht eine Gesamtlänge von 36-48 (34-50) cm, eine Flügelspannweite von 95-110 (80-125) cm und ein Gewicht von 600 (580-750) bei den "Terzel" genannten Männchen und 1'300 (925-1'500) g bei den "Falken", d. h. den Weibchen. Er unterscheidet sich vom Sakerfalken - auch im Flugbild - durch einen weniger schlanken Körper und einen kürzeren Schwanz. Seine Oberseite ist blau- bis schiefergrau. Die Unterseite ist grauweiß bis cremefarben und, hauptsächlich am Bauch, mit dunkeln schwarzen Querbinden oder Flecken besetzt. Kennzeichnend ist der sehr breite, von der hellen Kehle scharf abgegrenzte schwarze Bartstreif. Fänge, Wachshaut und Augenringe sind bei Erwachsenen gelb, der Schnabel ist an der Basis hellblau, sonst schwarz [6; 7; 8; 11; 12].

Verbreitung

Die Verbreitung des Wanderfalken ist beinahe weltweit. Als Brutvogel, Durchzügler oder nicht-brütender Gastvogel kommt er in etwa 220 Ländern oder Territorien vor. Das Areal reicht von Alaska, Grönland und Sibirien bis Feuerland, zur Südspitze Afrikas und nach Tasmanien. Verbreitungslücken gibt es namentlich in Wüsten- und in Regenwaldgebieten [1].

Lebensraum und Lebensweise

Der Wanderfalke besiedelt felsiges Gelände von der Meeresküste bis ins Gebirge auf eine Höhe von 3'300 m. Er jagt meist Vögel bis Taubengröße auf eine Distanz bis über 1 km und erreicht dabei im Stoßflug eine Geschwindigkeit von über 300 km/h. BREHM äußert sich dazu wie folgt: "Es scheint, daß der Wanderfalk nur Vögel frißt. Er ist der Schrecken aller gefiederten Geschöpfe, von der Wildgans an bis zur Lerche herab. Unter Rebhühnern und Tauben richtet er die ärgsten Verheerungen an; die Enten verfolgt er mit unermüdlicher Ausdauer, und selbst den wehrhaften Krähen ist er ein furchtbarer Feind: er nährt sich oft wochenlang ausschließlich von ihnen. Nach Art seiner nächsten Verwandtschaft raubt er für gewöhnlich nur fliegendes Wild, so lange dieses sich in der Luft bewegt." Er brütet in steilen Felswänden, auf Bäumen, Gittermasten von Hochspannungsleitungen oder an Bauwerken, in der Tundra am Boden. Das Gelege besteht aus 3-4(-5) gelblichen, rotbraun gefleckten, 51x40 mm messenden Eiern, die vom ersten oder zweiten an während 29-32 Tagen bebrütet werden. Die Nestlingszeit dauert 35-42 Tage [6; 8; 9; 11; 12].

Gefährdung und Schutz

Der Wanderfalke hat eine extrem weite Verbreitung und auch eine große und stabile Gesamtpopulation, die auf 100'000 bis 500'000 erwachsene Individuen geschätzt wird. Er wird deshalb seit 2014, letztmals überprüft 2021, als nicht gefährdet eingestuft (Rote Liste: LEAST CONCERN). Auch in Deutschland ist er nicht mehr in der Roten Liste aufgeführt, in der Schweiz gilt er noch als potenziell gefährdet [2].

Der internationale Handel ist nach CITES Anhang I eingeschränkt. Der Wanderfalke eine streng zu schützende Tierart nach Anhang I der Vogelschutz-Richtline (2009/147/EG) der EU, er fällt unter Anhang 2 der Berner Konvention über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume und Anhang 2 des Bonner Übereinkommens über wandernde Tierarten (CMS).

Situation in Mitteleuropa: Ab etwa 1950 führten Biozide (DDT) und Schwermetalle sowie das illegale Aushorsten für die Zwecke der Falknerei zu einem Niedergang der Wanderfalkenpopulationen in weiten Teilen Europas. 1960 verschwand die Art als Brutvogel in Nordrhein-Westfalen, 1964 in Schleswig-Holstein, 1965 im Saarland und in Luxemburg, um 1970 in Ungarn und Dänemark. Andernorts gab es nur noch kleine Restbestände, so in Österreich 1975 noch weniger als 10 Paare. In der Schweiz wurde der Tiefpunkt zu Beginn der 1970er Jahre erreicht, 1971 wurde außerhalb des Alpenraumes nur noch ein Brutpaar festgestellt. Mit Ihrem 1962 veröffentlichten Buch "The Silent Spring" hatte die amerikanische Biologin Rachel CARSON [4] auf die negativen Auswirkungen von DDT und ähnlicher Stoffe aufmerksam gemacht, was in den 1970er-Jahren in vielen Ländern ein Verbot dieser Substanzen zur Folge hatte. Mit dem Verbot des Einsatzes von DDT in Deutschland und der Schweiz im Jahr 1972 besserte sich die Situation des Wanderfalken bei uns rasch. In Nordrhein-Westfalen wurde 1987 ein Wiederansiedlungsprogramm begonnen. Inzwischen brüten allein vier Paare in Köln, eines davon am Dom, der von den Vögeln als Fels wahrgenommen wird [Köln. Rundschau vom 25.11.2008]. In Süddeutschland begünstigte die "Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz" des NABU die Erholung der Bestände. Nicht wenige der in Baden-Württemberg beringten Vögel ließen sich in der Schweiz nieder, wo es zu einer raschen Bestandszunahme bis auf heute etwa 260-330 Brutpaaren kam [1; 10; 13].

Zoogestütztes Artenschutzprojekt (Beispiel):

  • In Schweden, wo der Wanderfalke nahezu ausgestorben war, wurde 1974 ein Wiederansiedlungsprogramm in Angriff genommen. Dazu wurden erstmals Eier einem Nest in Norrbotten entnommen, ausgebrütet und die Jungen aufgezogen. 1987 wurde in Zusamenarbeit mit der Schwedischen Naturschutzvereinigung und dem Vogelschutzverein Göteborg eine erste Aufzuchtstation errichtet. Diese wurde am 13.06.2000 durch eine neue Anlage bei Nordens Ark, einem Zoo im Südwesten des Landes, ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt übernahm Nordens Ark auch den ganzen Zucht- und Aufzuchtteil des Programms. Seither wurden bis 2021 etwa 230 Jungfalken ausgewildert, die meisten in Mittelschweden. mehr ...

Bedeutung für den Menschen

Wanderfalken werden national lebend gefangen oder auf der Sportjagd erlegt, sie sind im internationalen Tierhandel und werden gebietsweise zur Fleischgewinnung getötet [2]. Der Wanderfalke ist ein beliebter Beizvogel, der zur Jagd auf Flugwild, in der Schweiz fast ausschließlich Rabenkrähen und gelegentlich mal Elstern, und zum Vergrämen von Möwen und anderen Vögeln auf Flughäfen eingesetzt wird.

Von 2001-2018 gelangten weltweit 1'092 Wildfänge in den legalen internationalen Handel, hauptsächlich aus den Arabischen Emiraten und Katar. Im selben Zeitraum wurden weltweit 9'486 Nachzuchtvögel bei der Ausfuhr registriert. Wichtigste Herkunftsländer waren Deutschland mit 2'143 und Großbritannien mit 1'712 Vögeln [5].

Haltung im Zoo

Werden die Falken nicht für Schauflüge eingesetzt, wird die Haltung in Rundvolieren mit einem Durchmesser von 15-20 m empfohlen, welche ausdauernde Rundflüge ermöglichen. Als Höchstalter im Zoo werden bis 30 Jahre angegeben [8]. Der älteste in der Schweiz nachgewiesene Wildvogel wurde 27 Jahre und 11 Monate alt [11].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art im engeren Sinn wird in rund 150 zoologischen Einrichtungen gehalten, von denen sich etwa ein 40%  im deutschsprachigen Raum befinden. Hinzu kommen noch gegen 10 Falco p. pelegrinoides. Für Details siehe Zootierliste.

Mindestanforderungen an Gehege: 1995 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen. Diese werden gegenwärtig (März 2022) überarbeitet und sollen als Leitlinien zur Haltung von Greifvögeln (Accipitriformes, Falconiformes) und Eulen (Strigiformes) neu herausgegeben werden.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 1-2 Großfalken eine Voliere mit einer Grundfläche von 20 m² und einem Volumen von 60 m³ vor. Für jeden weiteren adulten Vogel ist die Grundfläche um 4 m² zu vergrößern. Die Vorgängerverordnung sah halb so große Dimensionen vor. Die Erhöhung erfolgte ohne Angabe von Gründen. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen. Nach Artikel 6bis der Jagdverordnung erlässt das Bundesamt für Umwelt nach Anhörung des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen eine Richtlinie über die falknerische Haltung von Greifvögeln. Diese Richtlinie steht aus, weil sich die Ämter nicht einigen können.

Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) ist für die Haltung von 1-2 Wanderfalken eine Voliere mit einer Grundfläche von 10 m² bei 2.5 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche um 5 m² zu erweitern. Für die falknerische Haltung gelten besondere Anforderungen.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Wanderfalke wurde 1771 vom britischen Ornithologen Marmaduke TUNSTALL unter seinem heute noch gültigen Namen erstmals wissenschaftlich beschrieben. Es werden gegenwärtig 19 Unterarten anerkannt, darunter der früher oft als eigene Art gewertete Wüsten- oder Berberfalke (F. p. pelegrinoides) [6].

Literatur und Internetquellen

  1. BEZZEL, E. (1985)
  2. BIRDLIFE INTERNATIONAL (2021). Falco peregrinus. The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T45354964A206217909. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T45354964A206217909.en und (2021) Falco peregrinus (Europe assessment). The IUCN Red List of Threatened Species 2021: e.T45354964A166455186. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2021-3.RLTS.T45354964A166455186.en. Accessed on 15 June 2023.
  3. BREHM, A. E. (1882-1887)
  4. CARSON, R. (1963)
  5. CITES TRADE DATA BASE
  6. DEL HOYO, J., ELLIOTT, A.. & SARGATAL, J., eds. (1999)
  7. GINN, P.J., McILLERON, W.G. & MILSTEIN, P. le S. (1999)
  8. GRUMMT, W. & STREHLOW, H. (2009)
  9. GRZIMEK, B. (Hrsg. 1970)
  10. KNAUS, P., MÜLLER, C., SATTLER, T., SCHMID, H. & STREBEL, N (2019)
  11. MAUMARY, L. et al. (2007)
  12. PFORR, M. & LIMBRUNNER, A. (1991)
  13. SCHMID, H., M. BURKHARDT, V. KELLER, P. KNAUS, B. VOLET & N. ZBINDEN (2001)

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© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx