Afrotheria

Kurzohr-Rüsselspringer

Kurzohrrüsselspringer in der Wilhelma Stuttgart Kurzohrrüsselspringer in der Wilhelma Stuttgart
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern

Überordnung: AFROTHERIA
Taxon ohne Rang: AFROINSECTIPHILIA
Ordnung: Rüsselspringer (MACROSCELIDEA)
Familie: Rüsselspringer (Macroscelididae)

D LC 650

Kurzohr-Rüsselspringer

Macroscelides proboscideus • The Short-eared Elephant Shrew • Le macroscélide à oreilles courtes

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) Im Zoo Dresden © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Approximative Verbreitung der Kurzohr-Rüsselspringer. Dunkelblau: Macroscelides proboscideus; dunkelgrün: M. flavicaudatus; gelb: M. micus))

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) Im Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Junger Kurzohrrüsselspringer Macroscelides proboscideus) Im Zoo Leipzig © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) im Zoo Augsburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) mit herausgestreckter Zunge im Tierpark Cottbus © Klaus Rudloff, Berlin

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus), Weibchen mit Jungtier im Zoo Leipzig © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus), Weibchen mit Jungtieren im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc / TG Schönbrunn

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) Jungtier im Tierpark Herborn © Tierpark Herborn (Pressefoto)

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) im Tiergarten Bernburg © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) im Zoo Landau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus) im Zoo Landau © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Kurzohrrüsselspringer (Macroscelides proboscideus). Bild aus Brehms Thierleben (1882-1887)

 

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Kurzohr-Rüsselspringer erinnern an kleine Mäuse, dürfen jedoch keinesfalls mit diesen verwechselt werden. Während Mäuse zu den Nagetieren gehören, bilden die Rüsselspringer eine eigene Ordnung innerhalb der Klasse der Säugetiere. Aus diesem Grund, wegen seiner morphologischen Eigenheiten und seines Verhaltens sind sie von zoopädagogischem Interesse. Als tagaktive und niedlich wirkende Tiere sprechen sie das allgemeine Zoopublikum an und sind daher gute Botschafter für Naturschutzprojekte in den Trockengebieten im südlichen Afrika. Der Kurzohr-Rüsselspringer wird von allen Arten der Ordnung MACROSCELIDEA am häufigsten in europäischen Zoos gehalten.

Körperbau und Körperfunktionen

Kurzohr-Rüsselspringer erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 10-11 cm, eine Schwanzlänge von etwa 10-13 cm und ein Gewicht von 40-50 g. Das Fell ist lang und weich, die Haare können bis 17 mm messen. Seine Farbe ziemlich variabel, sandfarben, graubraun oder braunorange, auf der Unterseite weiß oder hellgrau. Um die Augen hat es keine weißen Ringe und auch der Wangenfleck fehlt Die Schnauze läuft in einen schlanken Rüssel aus. Die Ohren sind kurz und breit. Die Hinterbeine sind etwas länger als die vorderen, an allen Füßen befinden sich 5 Zehen, die erste Zehe ist der Hinterfüße ist verkleinert. Der Schwanz ist behaart, an seiner Basis befindet sich eine Duftdrüse, die zur Territoriumsmarkierung eingesetzt wird. An den Füßen befinden sich Schweißdrüsen, die nicht nur der Steuerung der Körpertemperatur, sondern auch der Kommunikation dienen. Die Weibchen haben drei Paar Zitzen [1; 2].

Verbreitung

Südliches Afrika: Botswana, Namibia und Südafrika [5].

Lebensraum und Lebensweise

Der Lebensraum dieser flinken Tiere sind die Trockengebiete Südwestafrikas mit einem Jahresniederschlag von unter 250 mm, einschließlich der Namib-Wüste, der Sukkulenten-Karoo, der Nama-Karoo (mit Vornamib) und der Südwest-Kalahari, wobei das Streifgebiet der kleinen Einzelgänger einen Hektar bis zu einem Quadratkilometer umfasst. Die Kurzohr-Rüsselspringer sind dämmerungs- und nachtaktiv, sind aber, gerade im Zoo, auch tagsüber beim Sonnenbaden, auf einem aufgeheizten Stein oder dem warmen Sand anzutreffen. Zum Schlafen und als Schutz dienen selbst gegrabene Höhlen oder Hohlräume im Fels oder Geröll. Die Nahrung der Rüsselspringer besteht hauptsächlich aus Wirbellosen, wie Termiten und anderen Insekten, aber auch aus Samen, Früchten und Beeren. Als Wüstenbewohner brauchen sie nur wenig Wasser. Bei Nahrungsknappheit können sie in einen Torpor verfallen [2; 5 ; 6].

Im Gegensatz zu ihrem Namen und trotz der verlängerten Hinterbeine bewegen sich die Kurzohr-Rüsselspringer nicht hüpfend fort, sondern laufen auf allen Vieren, wobei sie Geschwindigkeiten von bis zu 20km/h erreichen können. Innerhalb ihres Wohngebietes haben sie Pfade angelegt, die alle wichtigen Orte, wie Ruheplätze, Sandbadestellen und Jagdgebiete miteinander verbinden. Auf diese Weise können sie sich bei Gefahr blitzschnell in Sicherheit bringen. Beim Laufen halten die Rüsselspringer ihren Schwanz immer waagrecht, um so besser das Gleichgewicht zu halten [5; 6].

Zur innerartlichen Kommunikation setzen die Tiere ihre Stimme selten ein, Trommeln mit den Füßen ist das häufigste Signal. In der südlichen Karoo wurde festgestellt, dass die Männchen ganzjährig reife Spermien haben und dass Trächtigkeiten im Prinzip während des ganzen Jahres möglich sind, allerdings mit einer reduzierten Trächtigkeitsrate während des Frühwinters von März bis Juli. Während der im Oktober beginnenden Regenzeit nahmen die Tiere vermehrt Grünfutter zu sich, ihr Knochenkalziumspiegel stieg an und die Trächtigkeiten häuften sich [10]. Die Zykluslänge der Weibchen variiert beträcjtlich, im Mittel beträgts sie 15.5 Tage [12]. Zur Fortpflanzung bilden sich für einige Tage Paare, ansonsten leben die Tiere solitär. Nach einer Tragzeit von 2 Monaten werden 1-2 weit entwickelte, etwa 10 g schwere Junge geboren. Diese werden eine Woche lang gesäugt, sind mit 3-4 Wochen unabhängig, mit 4 Wochen so groß wie ihre Eltern und mit 5-6 Wochen geschlechtsreif [2; 9].

Gefährdung und Schutz

Die Dichte in der die Art vorkommt, ist ziemlich tief, dafür ist das Areal sehr groß. Ein kleiner Teil des Areals ging und geht durch Besiedlung und Bergbauaktivitäten verloren, weite Teile liegen aber in Schutzgebieten. Die Art gilt daher aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2013 nicht als gefährdet (Rote Liste: LEAST CONCERN) [5].

Der internationale Handel ist durch CITES nicht geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Der Kurzohr-Rüsselspringer spielte für die lokale Bevölkerung kaum je eine Rolle [5].

Haltung

Als natürlicherweise solitär lebende Tiere sind Kurzohr-Rüsselspringer oft unverträglich und müssen dann zur Vermeidung von Bissverletzungen einzeln in Wüstenterrarien gehalten werden. Da die Tiere stressempfindlich sind, sollte eine Abtrennung ohne großen technischen Aufwand möglich sein. Sie können aber z.B. mit Zwergstachelmäusen, Spalten- und anderen kleineren Schildkröten, Agamen, Chamäleons und Gürtelschweifen vergesellschaftet werden [11].

Haltung in europäischen Zoos: 1988 importierte der Zoo Wuppertal 3.1 Kurzohr-Rüsselspringer. Diese vier Tiere, die allein im Zoo Wuppertal über 500 Nachkommen hatten, bildeten die Grundlage für den heutigen Zoobestand in Europa und zum Teil auch außerhalb. Die ältesten Tiere wurden 8 Jahre und 8 Monate alt [4; 6].

Heute wird die Art in gegen 50 Zoos gehalten, von denen sich fast Dreiviertel im deutschsprachigen Raum befinden. Für Details siehe Zootierliste.

Zoogestützte Forschung: Am Tiergarten Kleve wurden in Zusammenarbeit mit der Universiträt Wien und mit Unterstützung sowie mit Unterstützung des Zoos Wuppertal, des Tierparks Cottbus un des Tierparks Berlin mittels nicht-invasiver Methoden, d. h. durch Untersuchung der täglichen Ausscheidung von Östrogen- und Progesteronmetaboliten Erkenntnisse über die Fortpflanzungsbiologie des Kurzohrrüsselspringers gewonnen [12].

Mindestanforderungen an Gehege: Das Säugetiergutachten 2014 des BMEL macht die Vorgabe, dass für Kurzohr-Rüsselspringer pro Paar oder bis zu 2 Tiere teilbares Gehege mit mindestens 1 m², Abtrenngehege für Einzeltiere mindestens 0,5 m². Wie die Tierschutzsachverständigen der Zoos aber feststellten, lehrt tierhalterische Erfahrung, dass eine erfolgreiche Haltung von Rüsselspringern auf geringerer Fläche als 1 m² durchaus möglich ist. Es wird berichtet, dass die Zucht in einer Terrarium-Einheit von 3x 0,24 m² für ein Paar besser gelingt als in einem 2 bis 3 m² großen Schaugehege.

In der Tierschutzverordnung der Schweiz (Stand 01.06.2022) und der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) wird die Art nicht erwähnt.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Kurzohr-Rüsselspringer wurde 1800 vom englischen Zoologen und Botaniker George Kearsley SHAW als "Sorex proboscideus" beschrieben. Der schottische Arzt und Zoologe Sir Andrew SMITH stellte 1829 die Gattung Macroscelides auf (Macroscelides typus, identisch mit M. proboscideus). Bis vor Kurzem galt M. proboscideus als einzige Art der Gattung, von der zwei Unterarten (M. p. proboscideus und M. p. flavicaudatus) unterschieden wurden, von manchen Autoren auch mehr (M. p. hahni, M. p. namaquensis). 2012 wurde die Unterart flavicaudatus aus dem mittleren Namib und Vornamib in den Rang einer Art erhoben und 2014 wurde aus Namibia mit M. micus eine neue Art beschrieben, deren Vorkommen auf den Kunene-Bezirk im Norden des Landes beschränkt ist. Alle drei Arten gelten als monotypisch [5; 7; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. ANIMAL DIVERSITY WEB
  2. MILLS, G & HES, L. (1999)
  3. OLBRICHT, G. (2009)
  4. OLBRICHT, G. & SLIWA, A. (2010)
  5. RATHBUN, G.B. & SMIT-ROBINSON, H. (2015). Macroscelides proboscideus. The IUCN Red List of Threatened Species 2015: e.T45369602A45435551. http://www.iucnredlist.org/details/45369602/0. Downloaded on 23 May 2018.
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. & REEDER, D. M. (2005)
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. TIERGARTEN SCHÖNBRUNN - PM vom 21.03.2023
  10. BERNARD, R. T. F., KERLEY, G. I. H., DOUBELL, T. & DAVISON, A. (1996)
  11. PUSCHMANN, W., ZSCHEILE, D., & ZSCHEILE, K. (2009)
  12. POLOTZEK, M. & SCHWARZENBERGER, F. (2023)

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