Schlank- und Stummelaffen

Bärenstummelaffe

Bären- oder Weißbart-Stummelaffe im Zoo Duisburg Bären- oder Weißbart-Stummelaffe im Zoo Duisburg
© Zoo Duisburg

Überordnung: EUARCHONTOGLIRES
Ordnung: Affen und Halbaffen (PRIMATES)
Unterordnung: Affen (Simiae / Haplorrhini)
Teilordnung: Eigentliche Affen (Simiiformes)
Überfamilie: Altwelt- oder  Schmalnasenaffen (Catarrhini)
Familie: Meerkatzenverwandte (Cercopithecidae)
Unterfamilie: Schlank- und Stummelaffen (Colobinae)
Tribus: Stummelaffen (Colobini)

D VU 650

EEPBären- oder Weißbartstummelaffe

Colobus polykomos • The Western Black-and-White Colobus • Le colobe blanc et noir de l'Afrique occidentale

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Bärenstummelaffe (Colobus polykomos) im Tiergarten Schönbrunn © S. Pollack / TG Schönbrunn

 

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Approximative Verbreitung des Bärenstummelaffen (Colobus polykomos)

 

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Bärenstummelaffe (Colobus polykomos) im Tiergarten Schönbrunn © Daniel Zupanc / TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Bärenstummelaffe (Colobus polykomos) im Tiergarten Schönbrunn © Norbert Potensky / TG Schönbrunn (Pressefoto)

 

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Bärenstummelaffe (Colobus polykomos) in Marwell Wildlife © Marie Hale. Veröffentlicht auf Wikimedia Commons unter einer Creative Commons Attribution 2.0 Generic license.

 

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Bärenstummelaffe (Colobus polykomos) im ZooPark Erfurt © Elias Neideck

 

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Bärenstummelaffe (Colobus polykomos) im Zoo Basel © Peter Dollinger, Zoo Office Bern

 

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Fell eines Bärenstummelaffen (Colobus polykomos). Aufnahme Mickey Bohnacker † / Verband der deutschen Rauchwaren- und Pelzindustrie für das CITES Identification Manual. Public Domain.

 

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Bärenstummelaffe und andere Südliche Colobus-Formen und ihre Verbreitung. Zeichnung P. Dollinger (1985) für CITES Identification Manual

 

Weitere Bilder auf BioLib

Obwohl der Bärenstummelaffe durch ein Erhaltungszuchtprogramm gefördert wird, ist er in Zoos nur selten anzutreffen. Offensichtlich bevorzugen die Zoos die für das Publikum attraktiveren Guerezas oder Angola-Stummelaffen.

Körperbau und Körperfunktionen

Der Name "Stummelaffe" bezieht sich auf den verkürzten, stummelartigen Daumen, eine Anpassung an die Fortbewegungsweise in den Bäumen. Beim Springen von Baum zu Baum setzen die Tiere ihre Hände wie Haken ein. Ein Daumen wäre dabei nur hinderlich. Die Weibchen sind etwas leichter, ansonsten ist der Dimorphismus zwischen männlichen und weiblichen Tieren nicht sehr stark ausgeprägt. Die Männchen erreichen eine Kopf-Rumpflänge von 58-68 cm, eine Schwanzlänge von 72-100 cm und ein Gewicht bis 10 kg. Die Weibchen weisen eine Kopf-Rumpflänge von 55-65 cm, einer Schwanzlänge von 81-96 cm und ein Gewicht bis 8.3 kg auf. Das fein behaarte Gesicht ist dunkelgrau bis schwarz. Stirn, Backen- und Kinnbart, Brust, Epauletten und der sehr lange, quastenlose schwanz sind grauweiß, das übrige Fell ist tiefschwarz [1; 2; 8].

Verbreitung

Westafrika: Elfenbeinküste, Guinea; Guinea-Bissau, Liberia, Senegal (?), Sierra Leone [5].

Lebensraum und Lebensweise

Der Bärenstummelaffe, bzw. was von ihm nach der Abtrennung der früheren Unterarten durch die Taxonomen noch übrig geblieben ist, ist ein Bewohner des Westafrikanischen Regenwaldes. Die Tiere durchstreifen in Gruppen von 5 bis 20 Individuen die dichten Regenwälder auf der Suche nach geeigneter Nahrung. Bärenstummelaffen sind auf Blattnahrung spezialisiert, wobei sie sich vornehmlich von den Blättern der Lianen ernähren. Wie alle Colobusaffen haben sie einen mehrkammerigen Magen, um die pflanzliche Kost ausreichend zu verdauen. Neben Blättern werden aber auch vorzugsweise unreife Früchte und Samen sowie Blüten gefressen. Ferner nehmen sie Erde von Termitenbauten auf. Bärenstummelaffen verbringen nahezu ihr ganzes Leben in den höchsten Wipfeln der Bäume. Auf den Waldboden klettern die Tiere nur äußerst selten.

Bärenstummelaffen sind tagaktiv, wobei "aktiv" etwas übertrieben ist, denn beinehe zwei Drittel der Zeit sitzen sie nur herum und ruhen. Sie leben meist in Gruppen von 9-19 Tieren, bestehend aus 1-3 Männchen und 4-6  Weibchen mit Nachwuchs. Sie nutzen Streifgebiete von mehreren 24-83 ha [8].

Nach einer mittleren Tragzeit von 175 Tagen wird in der Regel ein einzelnes Jungtier geboren. Die Jungen kommen schneeweiß zur Welt. Die Geburtsintervalle liegen bei etwa 2 Jahren. Weibchen sollen mit 2 Jahren Geschlechtsreife erreichen [1].

Gefährdung und Schutz

Wegen Lebensraumverlusts und damit verbundenem Bestandesrückgang sowie intensiver Bejagung gilt die Art seit 2008 als gefährdet und seit 2020 als stark gefährdet (Rote Liste: ENDANGERED) [5].

Der internationale Handel ist nach CITES-Anhang II geregelt.

Bedeutung für den Menschen

Wirtschaftliche Bedeutung: Bärenstummelaffen werden intensiv zur Fleischgewinnung für den Eigenbedarf und für den in Westafrika weit verbreiteten "bushmeat trade" gejagt. Früher waren ihre Felle auch im internationalen Pelzhandel [1; 5].

Von 1977-2017 bewilligten die Ursprungsländer lediglich etwas Wissenschaftsmaterial aber keine lebenden Wildfänge zur Ausfuhr. Im selben Zeitraum wurden weltweit Exporte von 60 Nachzuchttieren erfasst. Davon kamen 36 aus den USA. Aus europäischen Ländern wurden nach 1990 keine Exporte mehr registriert [4].

Haltung

Bärenstummelaffen wurden erfolgreich mit Dianameerkatzen vergesellschaftet [9]. WEIGL gibt als Höchstalter 33 Jahre und 11 Monate an, erreicht von einem im Zoo Leipzig geborenen und später im Zoo Duisburg gehaltenen Weibchen [6].

Haltung in europäischen Zoos: Die Art wird in weniger als 10 Zoos gehalten. Für Details siehe Zootierliste.

Das seit 1994 bestehende Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) wird vom Zoo Duisburg koordiniert. Am 24.06.2021 umfasste es 47 lebende Tiere in 8 Institutionen.

Mindestanforderungen an Gehege: Im Säugetiergutachten 2014 des BMEL wird für die Haltung einer "sozial intakten Gruppe" von bis zu 5 erwachsenen Stummelaffen ein Außengehege von 40 m² und ein Innengehege von 30 m² bei jeweils 3.50 m Höhe gefordert und für jedes zusätzliche Adulttier außen und innen je 2m² Fläche mehr.

Dies ist eine Erhöhung des Raumangebots auf beinahe das Doppelte gegenüber dem Gutachten’96, für die es keine Begründung gibt. Die Tierschutzsachverständigen der Zoos schlugen im Differenzprotokoll vor, dass für 5 Tiere ein Außengehege von 30 m² und ein Innengehege von 20 m² bei jeweils 3 m Höhe und für jedes weitere Tier außen 2 m², innen 1.5 m² mehr Fläche angeboten werden sollte.

Die Schweizerische Tierschutzverordnung (Stand 01.06.2022) schreibt für 5 Stummelaffen ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von je 25 m² bei 3 m Höhe und für jedes weitere Tier 4 m² Fläche zusätzlich vor. Nach der 2. Tierhaltungsverordnung Österreichs (Stand 2023) muss die Haltung paarweise oder in Familiengruppen erfolgen und es ist für 5 Adulttiere ein Außen- und ein Innengehege mit einer Grundfläche von 100 m² bei 5 m Höhe erforderlich. Für jedes weitere Adulttier ist die Fläche der Geheges um jeweils 10 m² zu erweitern.

Taxonomie und Nomenklatur

Der Bärenstummelaffe wurde 1780 von dem Braunschweiger Naturkundeprofessor Eberhardt August Wilhelm von ZIMMERMANN unter dem Namen "Cebus polykomos" erstmals wissenschaftlich beschrieben und wurde 1800 als Typusart vom Erlanger Naturkundeprofessor Johann Christian Daniel von SCHREBER in die neue Gattung Colobus überführt. Es gibt vermutlich keine Unterarten. Bei der als C. p. dollmanni beschriebenen Form könnte es sich um Hybriden mit Colobus vellerosus handeln Die Schwarz-weißen Stummelaffen (Colobus) werden heute in fünf verschiedene Arten aufgeteilt. Die Formen angolensis, satanas und vellerosus, früher als Unterarten von polykomos betrachtet, gelten jetzt als eigenständige Arten [3; 5; 7; 8].

Literatur und Internetquellen

  1. ANIMAL DIVERSITY WEB
  2. BERGER, G. & TYLINEK, E. (1984)
  3. CITES IDENTIFICATION MANUAL
  4. CITES TRADE DATA BASE
  5. GONEDELÉ BI, S. et al. (2020). Colobus polykomos. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T5144A17944855. https://dx.doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T5144A17944855.en . Downloaded on 15 July 2020.
  6. WEIGL, R. (2005)
  7. WILSON, D. E. & REEDER, 2005
  8. WILSON, D. E. et al. eds. (2009-2019)
  9. KRAAIJ, E. & TER MAAT, P. (2011)

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Gelesen 20198 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 05 April 2023 09:50
© Peter Dollinger, Zoo Office Bern hyperworx